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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Vorbericht.
Bräutigam, Lehrer, Gatte, Vater, Gesellschaf-
ter, von seinen religiösen Ansichten, mit einem
Worte, von seinem innern Leben, wie es sich
nach außen in Haus und Schule activ und pas-
siv gestaltet, erfährt man wenig oder gar nichts.
Desto mehr lernt man ihn als Künstler und als
leidenschaftlichen Republicaner kennen, dem die
Revolution, wie so manchen Andern, den Kopf
verdreht hatte, welchen sie ihm nicht auf der
Guillotine nahm. Der Uebersetzer, welcher sich
streng an das Original gehalten, und sich zur
Verdeutschung des Werkchens nur im Auftrage
des Herrn Verlegers entschlossen, stimmt ganz
in den Tadel ein, welchen die Frau von Genlis
Davids politischen Ansichten und Handlungen ge-
zollt. Er war in einem unverzeihlichen Jrrthum
befangen, daß er fast allein den Königen das
Elend der Völker zuschrieb, und den Königsmord
als eine verdienstliche Handlung pries und dafür
stimmte. Wie sehr versündigt man sich nicht
an der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn man
den Königen ihren Mangel an Allwissenheit und
den schrecklichen Mißbrauch zur Last legt, welcher
zum Unglück der Nationen davon gemacht wer-
den kann. Gott, der einzige wahre Richter un-

Vorbericht.
Braͤutigam, Lehrer, Gatte, Vater, Geſellſchaf-
ter, von ſeinen religioͤſen Anſichten, mit einem
Worte, von ſeinem innern Leben, wie es ſich
nach außen in Haus und Schule activ und paſ-
ſiv geſtaltet, erfaͤhrt man wenig oder gar nichts.
Deſto mehr lernt man ihn als Kuͤnſtler und als
leidenſchaftlichen Republicaner kennen, dem die
Revolution, wie ſo manchen Andern, den Kopf
verdreht hatte, welchen ſie ihm nicht auf der
Guillotine nahm. Der Ueberſetzer, welcher ſich
ſtreng an das Original gehalten, und ſich zur
Verdeutſchung des Werkchens nur im Auftrage
des Herrn Verlegers entſchloſſen, ſtimmt ganz
in den Tadel ein, welchen die Frau von Genlis
Davids politiſchen Anſichten und Handlungen ge-
zollt. Er war in einem unverzeihlichen Jrrthum
befangen, daß er faſt allein den Koͤnigen das
Elend der Voͤlker zuſchrieb, und den Koͤnigsmord
als eine verdienſtliche Handlung pries und dafuͤr
ſtimmte. Wie ſehr verſuͤndigt man ſich nicht
an der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn man
den Koͤnigen ihren Mangel an Allwiſſenheit und
den ſchrecklichen Mißbrauch zur Laſt legt, welcher
zum Ungluͤck der Nationen davon gemacht wer-
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[V/0011] Vorbericht. Braͤutigam, Lehrer, Gatte, Vater, Geſellſchaf- ter, von ſeinen religioͤſen Anſichten, mit einem Worte, von ſeinem innern Leben, wie es ſich nach außen in Haus und Schule activ und paſ- ſiv geſtaltet, erfaͤhrt man wenig oder gar nichts. Deſto mehr lernt man ihn als Kuͤnſtler und als leidenſchaftlichen Republicaner kennen, dem die Revolution, wie ſo manchen Andern, den Kopf verdreht hatte, welchen ſie ihm nicht auf der Guillotine nahm. Der Ueberſetzer, welcher ſich ſtreng an das Original gehalten, und ſich zur Verdeutſchung des Werkchens nur im Auftrage des Herrn Verlegers entſchloſſen, ſtimmt ganz in den Tadel ein, welchen die Frau von Genlis Davids politiſchen Anſichten und Handlungen ge- zollt. Er war in einem unverzeihlichen Jrrthum befangen, daß er faſt allein den Koͤnigen das Elend der Voͤlker zuſchrieb, und den Koͤnigsmord als eine verdienſtliche Handlung pries und dafuͤr ſtimmte. Wie ſehr verſuͤndigt man ſich nicht an der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn man den Koͤnigen ihren Mangel an Allwiſſenheit und den ſchrecklichen Mißbrauch zur Laſt legt, welcher zum Ungluͤck der Nationen davon gemacht wer- den kann. Gott, der einzige wahre Richter un-

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/11>, abgerufen am 25.04.2024.