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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Direktion der Wirthschaft.
jahre, und halten sich oft aus Anhänglichkeit für die Herrschaft verpflichtet, diesen
durch Vernachläßigung entfernterer Rücksichten zu vergrößern. Sie müssen deshalb
pünktlich die ihnen gegebenen Vorschriften zu befolgen angehalten werden, und es
ist gut, sie daran zu gewöhnen, daß sie auf militärische Weise die erhaltene Ordre
auf der Stelle in ihr Taschenbuch eintragen, und auch aus dem Taschenbuche, worin
sie alle Vorfälle anzeichnen müssen, ihren Rapport dem Wirthschaftsdirektor ma-
chen, damit die Entschuldigung der Vergessenheit oder des unrichtigen Verstehens
wegfalle. Nach ihrer zunehmenden Fähigkeit und Uebersicht des Ganzen kann man
ihnen dann die Grenzen ihrer Willkühr immer etwas weiter stecken. Nur muß man
es durchaus nie gut heißen, wenn sie selbige überschritten oder in irgend einem
Stücke anders verfahren haben, als es ihnen vorgeschrieben war, gesetzt auch, daß
sie dadurch wirklich Nutzen geschafft und der Erfolg die Richtigkeit ihrer Maaßregel
bestätigt hätte. Denn der Vortheil, der zufällig einmal dadurch gestiftet worden,
würde wahrscheinlich durch höhern Nachtheil überwogen werden, wenn sie sich nun
zu viel anmaaßten, und an den Vorschriften, die sie erhalten, abänderten, wozu
sie ein einmal eingeerntetes Lob sehr leicht anreizen kann.

Das Lesen landwirthschaftlicher Schriften, welches manche zur Aufklärung der
gewöhnlichen Wirthschafter und selbst des Landvolks so allgemein empfehlen, muß
man bei allen, die keine wissenschaftliche Bildung genossen haben, entweder gänzlich
verhüten, oder es mit großer Vorsicht leiten, und ihnen nur solche Bücher oder viel-
mehr Stellen aus Büchern zu lesen geben, die ihnen in ihrer Lage keine unrichtige
oder halbwahre und schiefe Vorstellungen geben.

Insbesondere taugen solche Schriften nicht, welche Gutes und Schlechtes,
Wahres und Falsches untereinandergemengt in Bruchstücken enthalten, obwohl
man sie häufig in der Form von Kalendern, Wochenschriften und Zeitungen unter
den unaufgeklärten Landleuten zu verbreiten sucht, und etwas für diese Menschen
Nützliches dadurch zu stiften vermeint. Keine Gattung von Schriften erfordert eine
größere Auswahl und Vorsicht, und freilich auch mehreren Fleiß und Kunst, wie
solche, die man populär nennt. Ein jeder Beobachter wird sich der Fälle erinnern,
wo unausgewähltes Lesen Vorwitz und Aberwitz bei sonst vernünftigen Menschen aus
dieser Klasse erzeugt hat.

§. 209.

Lehrlinge.
Bildung der-
selben.
Man hat gewöhnlich die Meinung, daß die Bildung zum tüchtigen Wirth-
schafter vermittelst eines Durchganges durch die verschiedenen Klassen eines soge-
nannten Zöglings, Schreibers, Unterverwalters, Verwalters, Inspektors,

Direktion der Wirthſchaft.
jahre, und halten ſich oft aus Anhaͤnglichkeit fuͤr die Herrſchaft verpflichtet, dieſen
durch Vernachlaͤßigung entfernterer Ruͤckſichten zu vergroͤßern. Sie muͤſſen deshalb
puͤnktlich die ihnen gegebenen Vorſchriften zu befolgen angehalten werden, und es
iſt gut, ſie daran zu gewoͤhnen, daß ſie auf militaͤriſche Weiſe die erhaltene Ordre
auf der Stelle in ihr Taſchenbuch eintragen, und auch aus dem Taſchenbuche, worin
ſie alle Vorfaͤlle anzeichnen muͤſſen, ihren Rapport dem Wirthſchaftsdirektor ma-
chen, damit die Entſchuldigung der Vergeſſenheit oder des unrichtigen Verſtehens
wegfalle. Nach ihrer zunehmenden Faͤhigkeit und Ueberſicht des Ganzen kann man
ihnen dann die Grenzen ihrer Willkuͤhr immer etwas weiter ſtecken. Nur muß man
es durchaus nie gut heißen, wenn ſie ſelbige uͤberſchritten oder in irgend einem
Stuͤcke anders verfahren haben, als es ihnen vorgeſchrieben war, geſetzt auch, daß
ſie dadurch wirklich Nutzen geſchafft und der Erfolg die Richtigkeit ihrer Maaßregel
beſtaͤtigt haͤtte. Denn der Vortheil, der zufaͤllig einmal dadurch geſtiftet worden,
wuͤrde wahrſcheinlich durch hoͤhern Nachtheil uͤberwogen werden, wenn ſie ſich nun
zu viel anmaaßten, und an den Vorſchriften, die ſie erhalten, abaͤnderten, wozu
ſie ein einmal eingeerntetes Lob ſehr leicht anreizen kann.

Das Leſen landwirthſchaftlicher Schriften, welches manche zur Aufklaͤrung der
gewoͤhnlichen Wirthſchafter und ſelbſt des Landvolks ſo allgemein empfehlen, muß
man bei allen, die keine wiſſenſchaftliche Bildung genoſſen haben, entweder gaͤnzlich
verhuͤten, oder es mit großer Vorſicht leiten, und ihnen nur ſolche Buͤcher oder viel-
mehr Stellen aus Buͤchern zu leſen geben, die ihnen in ihrer Lage keine unrichtige
oder halbwahre und ſchiefe Vorſtellungen geben.

Insbeſondere taugen ſolche Schriften nicht, welche Gutes und Schlechtes,
Wahres und Falſches untereinandergemengt in Bruchſtuͤcken enthalten, obwohl
man ſie haͤufig in der Form von Kalendern, Wochenſchriften und Zeitungen unter
den unaufgeklaͤrten Landleuten zu verbreiten ſucht, und etwas fuͤr dieſe Menſchen
Nuͤtzliches dadurch zu ſtiften vermeint. Keine Gattung von Schriften erfordert eine
groͤßere Auswahl und Vorſicht, und freilich auch mehreren Fleiß und Kunſt, wie
ſolche, die man populaͤr nennt. Ein jeder Beobachter wird ſich der Faͤlle erinnern,
wo unausgewaͤhltes Leſen Vorwitz und Aberwitz bei ſonſt vernuͤnftigen Menſchen aus
dieſer Klaſſe erzeugt hat.

§. 209.

Lehrlinge.
Bildung der-
ſelben.
Man hat gewoͤhnlich die Meinung, daß die Bildung zum tuͤchtigen Wirth-
ſchafter vermittelſt eines Durchganges durch die verſchiedenen Klaſſen eines ſoge-
nannten Zoͤglings, Schreibers, Unterverwalters, Verwalters, Inſpektors,

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[190/0220] Direktion der Wirthſchaft. jahre, und halten ſich oft aus Anhaͤnglichkeit fuͤr die Herrſchaft verpflichtet, dieſen durch Vernachlaͤßigung entfernterer Ruͤckſichten zu vergroͤßern. Sie muͤſſen deshalb puͤnktlich die ihnen gegebenen Vorſchriften zu befolgen angehalten werden, und es iſt gut, ſie daran zu gewoͤhnen, daß ſie auf militaͤriſche Weiſe die erhaltene Ordre auf der Stelle in ihr Taſchenbuch eintragen, und auch aus dem Taſchenbuche, worin ſie alle Vorfaͤlle anzeichnen muͤſſen, ihren Rapport dem Wirthſchaftsdirektor ma- chen, damit die Entſchuldigung der Vergeſſenheit oder des unrichtigen Verſtehens wegfalle. Nach ihrer zunehmenden Faͤhigkeit und Ueberſicht des Ganzen kann man ihnen dann die Grenzen ihrer Willkuͤhr immer etwas weiter ſtecken. Nur muß man es durchaus nie gut heißen, wenn ſie ſelbige uͤberſchritten oder in irgend einem Stuͤcke anders verfahren haben, als es ihnen vorgeſchrieben war, geſetzt auch, daß ſie dadurch wirklich Nutzen geſchafft und der Erfolg die Richtigkeit ihrer Maaßregel beſtaͤtigt haͤtte. Denn der Vortheil, der zufaͤllig einmal dadurch geſtiftet worden, wuͤrde wahrſcheinlich durch hoͤhern Nachtheil uͤberwogen werden, wenn ſie ſich nun zu viel anmaaßten, und an den Vorſchriften, die ſie erhalten, abaͤnderten, wozu ſie ein einmal eingeerntetes Lob ſehr leicht anreizen kann. Das Leſen landwirthſchaftlicher Schriften, welches manche zur Aufklaͤrung der gewoͤhnlichen Wirthſchafter und ſelbſt des Landvolks ſo allgemein empfehlen, muß man bei allen, die keine wiſſenſchaftliche Bildung genoſſen haben, entweder gaͤnzlich verhuͤten, oder es mit großer Vorſicht leiten, und ihnen nur ſolche Buͤcher oder viel- mehr Stellen aus Buͤchern zu leſen geben, die ihnen in ihrer Lage keine unrichtige oder halbwahre und ſchiefe Vorſtellungen geben. Insbeſondere taugen ſolche Schriften nicht, welche Gutes und Schlechtes, Wahres und Falſches untereinandergemengt in Bruchſtuͤcken enthalten, obwohl man ſie haͤufig in der Form von Kalendern, Wochenſchriften und Zeitungen unter den unaufgeklaͤrten Landleuten zu verbreiten ſucht, und etwas fuͤr dieſe Menſchen Nuͤtzliches dadurch zu ſtiften vermeint. Keine Gattung von Schriften erfordert eine groͤßere Auswahl und Vorſicht, und freilich auch mehreren Fleiß und Kunſt, wie ſolche, die man populaͤr nennt. Ein jeder Beobachter wird ſich der Faͤlle erinnern, wo unausgewaͤhltes Leſen Vorwitz und Aberwitz bei ſonſt vernuͤnftigen Menſchen aus dieſer Klaſſe erzeugt hat. §. 209. Man hat gewoͤhnlich die Meinung, daß die Bildung zum tuͤchtigen Wirth- ſchafter vermittelſt eines Durchganges durch die verſchiedenen Klaſſen eines ſoge- nannten Zoͤglings, Schreibers, Unterverwalters, Verwalters, Inſpektors, Lehrlinge. Bildung der- ſelben.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/220>, abgerufen am 23.11.2024.