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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Arbeit des Gespanns.
von 10 Scheffel Rocken anzuschlagen sind. Daß die Lokalität und der sehr verschie-
dene Preis der Holz-, Schmiede-, Leder- und Seilerarbeit, dann auch die Art des
Bodens und der Wege einigen Unterschied mache, versteht sich von selbst. Bei den
Ochsen hat man das Geschirr, wenn sie bloß pflügen, nur um 1/5 so hoch angeschla-
gen. Wenn sie aber auch zu Fuhren gebraucht werden, die sie jedoch nie so viel lei-
sten, als Pferde, bei welchen sie auch minder zerreißen und minder kostbares Geschirr
erhalten, so wird man sie für zwei Wechselochsen höchstens halb so hoch, wie für ein
Pferd anzuschlagen haben. Das Ledergeschirr wird bei ihnen fast ganz erspart.

§. 180.

Menschen, die
mit dem Ge-
spann arbei-
ten. Knechte.
Um die Data zu einem allgemeinen Ueberschlage der Gespannarbeiten zu erhal-
ten, erwähnen wir hier gleich der Menschen, die mit ihnen arbeiten.

Es kömmt hier darauf an, wie stark die Gespanne sind, auf die ein Mensch ge-
rechnet werden muß.

Ohne Hinsicht auf diese würde es nach den Gesetzen der Mechanik und nach ent-
scheidender Erfahrung vortheilhafter seyn, das Zugvieh möglichst zu vereinzeln.
Denn es ist eine ausgemachte Wahrheit, daß bei einer nach Verhältniß leichtern
Konstruktion des Fuhrwerks die Thiere um so mehr ziehen und um so länger aus-
halten können, je weniger zusammengespannt werden. Vier Pferde vor zwei Wagen
gespannt ziehen beträchtlich mehr, als zusammen vor einen gespannt; am meisten
aber ziehen sie, wenn jedes einzeln vor einen zweirädrigen Karren von gehöriger Kon-
struktion gespannt ist. Nach den in England angestellten Versuchen hat sich ergeben,
daß vier einzelne Pferde in Karren acht Pferden vor einem Lastwagen gleich kamen.
Es läßt sich dieses aus der Abweichung der verschiedenen Zuglinien, der ungleichen
Kraftanstrengung, dem nie genau zusammentreffenden Takt im Schritt und Zuge
und der oft einander widerstrebenden Aeußerung der Kraft erklären. Das einzelne
Pferd kann die richtige Zuglinie haben, es erhält sich im immer gleichen Zuge, strengt
sich durch die Hitze seines Nachbars, zum Wetteifer verleitet oder durch dessen Unthä-
tigkeit gezwungen, nicht übermäßig an, und erschöpft sich nicht durch gereizte Unruhe.

Hierzu aber gehört eine besondere Einrichtung des Spann- und Fuhrwerks und
eine Abrichtung der Pferde, so daß sie sich durch Worte und Zeichen leiten lassen,
damit ein Treiber drei, vier oder mehrere Pferde in ihren Karren leiten und in Ord-
nung halten könne. Und da nicht immer eine gewisse Anzahl von einspännigen Fuhr-

werken

Arbeit des Geſpanns.
von 10 Scheffel Rocken anzuſchlagen ſind. Daß die Lokalitaͤt und der ſehr verſchie-
dene Preis der Holz-, Schmiede-, Leder- und Seilerarbeit, dann auch die Art des
Bodens und der Wege einigen Unterſchied mache, verſteht ſich von ſelbſt. Bei den
Ochſen hat man das Geſchirr, wenn ſie bloß pfluͤgen, nur um ⅕ ſo hoch angeſchla-
gen. Wenn ſie aber auch zu Fuhren gebraucht werden, die ſie jedoch nie ſo viel lei-
ſten, als Pferde, bei welchen ſie auch minder zerreißen und minder koſtbares Geſchirr
erhalten, ſo wird man ſie fuͤr zwei Wechſelochſen hoͤchſtens halb ſo hoch, wie fuͤr ein
Pferd anzuſchlagen haben. Das Ledergeſchirr wird bei ihnen faſt ganz erſpart.

§. 180.

Menſchen, die
mit dem Ge-
ſpann arbei-
ten. Knechte.
Um die Data zu einem allgemeinen Ueberſchlage der Geſpannarbeiten zu erhal-
ten, erwaͤhnen wir hier gleich der Menſchen, die mit ihnen arbeiten.

Es koͤmmt hier darauf an, wie ſtark die Geſpanne ſind, auf die ein Menſch ge-
rechnet werden muß.

Ohne Hinſicht auf dieſe wuͤrde es nach den Geſetzen der Mechanik und nach ent-
ſcheidender Erfahrung vortheilhafter ſeyn, das Zugvieh moͤglichſt zu vereinzeln.
Denn es iſt eine ausgemachte Wahrheit, daß bei einer nach Verhaͤltniß leichtern
Konſtruktion des Fuhrwerks die Thiere um ſo mehr ziehen und um ſo laͤnger aus-
halten koͤnnen, je weniger zuſammengeſpannt werden. Vier Pferde vor zwei Wagen
geſpannt ziehen betraͤchtlich mehr, als zuſammen vor einen geſpannt; am meiſten
aber ziehen ſie, wenn jedes einzeln vor einen zweiraͤdrigen Karren von gehoͤriger Kon-
ſtruktion geſpannt iſt. Nach den in England angeſtellten Verſuchen hat ſich ergeben,
daß vier einzelne Pferde in Karren acht Pferden vor einem Laſtwagen gleich kamen.
Es laͤßt ſich dieſes aus der Abweichung der verſchiedenen Zuglinien, der ungleichen
Kraftanſtrengung, dem nie genau zuſammentreffenden Takt im Schritt und Zuge
und der oft einander widerſtrebenden Aeußerung der Kraft erklaͤren. Das einzelne
Pferd kann die richtige Zuglinie haben, es erhaͤlt ſich im immer gleichen Zuge, ſtrengt
ſich durch die Hitze ſeines Nachbars, zum Wetteifer verleitet oder durch deſſen Unthaͤ-
tigkeit gezwungen, nicht uͤbermaͤßig an, und erſchoͤpft ſich nicht durch gereizte Unruhe.

Hierzu aber gehoͤrt eine beſondere Einrichtung des Spann- und Fuhrwerks und
eine Abrichtung der Pferde, ſo daß ſie ſich durch Worte und Zeichen leiten laſſen,
damit ein Treiber drei, vier oder mehrere Pferde in ihren Karren leiten und in Ord-
nung halten koͤnne. Und da nicht immer eine gewiſſe Anzahl von einſpaͤnnigen Fuhr-

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[128/0158] Arbeit des Geſpanns. von 10 Scheffel Rocken anzuſchlagen ſind. Daß die Lokalitaͤt und der ſehr verſchie- dene Preis der Holz-, Schmiede-, Leder- und Seilerarbeit, dann auch die Art des Bodens und der Wege einigen Unterſchied mache, verſteht ſich von ſelbſt. Bei den Ochſen hat man das Geſchirr, wenn ſie bloß pfluͤgen, nur um ⅕ ſo hoch angeſchla- gen. Wenn ſie aber auch zu Fuhren gebraucht werden, die ſie jedoch nie ſo viel lei- ſten, als Pferde, bei welchen ſie auch minder zerreißen und minder koſtbares Geſchirr erhalten, ſo wird man ſie fuͤr zwei Wechſelochſen hoͤchſtens halb ſo hoch, wie fuͤr ein Pferd anzuſchlagen haben. Das Ledergeſchirr wird bei ihnen faſt ganz erſpart. §. 180. Um die Data zu einem allgemeinen Ueberſchlage der Geſpannarbeiten zu erhal- ten, erwaͤhnen wir hier gleich der Menſchen, die mit ihnen arbeiten. Menſchen, die mit dem Ge- ſpann arbei- ten. Knechte. Es koͤmmt hier darauf an, wie ſtark die Geſpanne ſind, auf die ein Menſch ge- rechnet werden muß. Ohne Hinſicht auf dieſe wuͤrde es nach den Geſetzen der Mechanik und nach ent- ſcheidender Erfahrung vortheilhafter ſeyn, das Zugvieh moͤglichſt zu vereinzeln. Denn es iſt eine ausgemachte Wahrheit, daß bei einer nach Verhaͤltniß leichtern Konſtruktion des Fuhrwerks die Thiere um ſo mehr ziehen und um ſo laͤnger aus- halten koͤnnen, je weniger zuſammengeſpannt werden. Vier Pferde vor zwei Wagen geſpannt ziehen betraͤchtlich mehr, als zuſammen vor einen geſpannt; am meiſten aber ziehen ſie, wenn jedes einzeln vor einen zweiraͤdrigen Karren von gehoͤriger Kon- ſtruktion geſpannt iſt. Nach den in England angeſtellten Verſuchen hat ſich ergeben, daß vier einzelne Pferde in Karren acht Pferden vor einem Laſtwagen gleich kamen. Es laͤßt ſich dieſes aus der Abweichung der verſchiedenen Zuglinien, der ungleichen Kraftanſtrengung, dem nie genau zuſammentreffenden Takt im Schritt und Zuge und der oft einander widerſtrebenden Aeußerung der Kraft erklaͤren. Das einzelne Pferd kann die richtige Zuglinie haben, es erhaͤlt ſich im immer gleichen Zuge, ſtrengt ſich durch die Hitze ſeines Nachbars, zum Wetteifer verleitet oder durch deſſen Unthaͤ- tigkeit gezwungen, nicht uͤbermaͤßig an, und erſchoͤpft ſich nicht durch gereizte Unruhe. Hierzu aber gehoͤrt eine beſondere Einrichtung des Spann- und Fuhrwerks und eine Abrichtung der Pferde, ſo daß ſie ſich durch Worte und Zeichen leiten laſſen, damit ein Treiber drei, vier oder mehrere Pferde in ihren Karren leiten und in Ord- nung halten koͤnne. Und da nicht immer eine gewiſſe Anzahl von einſpaͤnnigen Fuhr- werken

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/158>, abgerufen am 24.04.2024.