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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Pachtung.
vor allem dein Auge zu richten. Strenge dann gleich in den ersten Jahren alle
Kräfte dazu an. Handelsgewächse gedeihen sogleich vortrefflich darauf, und nach
denselben wird es mittelmäßiges Getreide bis zu Ende der Pachtzeit ohne Dünger
tragen, dann freilich total erschöpft seyn.

7) Um die Wiesen bekümmere dich nicht viel, außer bei der Heuernte. Sie
bezahlen eine Verbesserungsarbeit nicht so schnell. Sollten sie auch in deinem letz-
ten Pachtjahre wegen verschlammter Gräben und Stocken der Quellen morastig ge-
worden, mit Rusch und Busch bewachsen, und mit Maulwurfshaufen besetzt seyn,
folglich nur noch weniges und schlechtes Heu geben, so kömmt es dir zu Ende der
Pacht wenig darauf an, wenn du anders kein Heu verkaufen kannst.

8) Wenn das Inventarium nach der Taxe angenommen ist, und auch
so wieder abgegeben werden soll, so schaffe vorher die besten Pferde, Ochsen,
Kühe u. s. w. weg, und setze schlechte an deren Stelle, oder bezahle das Fehlende.
Das Gute wird bei solchen Taxationen immer geringer wie das schlechte taxirt, und
die Schlechtheit fällt minder auf, wenn man das Gute nicht daneben stellt. Rath-
sam ist es, die Kühe zu Ende der Pachtzeit gar nicht oder so spät begehen zu lassen,
daß sie bei der Uebergabe noch nicht gekalbt haben; sie sehen dann viel beleibter
aus, wenn sie gleich schlechtes Futter bekommen haben. Das spätere Hinmelken
unbegangener Kühe im Herbste wird dir den Abgang der Frühjahrsmilch vor der
Uebergabe leicht ersetzen. Auch alles alte Geschirr und Geräth bringe zur Taxation,
verwahre zu dem Ende alles unbrauchbare, und flicke es vorher wieder zurecht.
Das neu angefertigte schaffe aber bei Seite. Oft macht es einen vortheilhaften
Eindruck auf die Taxatoren, wenn Alles recht jämmerlich aussieht, sie bedauren
dann den armen Pächter.

9) Daß du an die Erhaltung der Gärten, Teiche und Gebäude nichts wen-
dest, versteht sich von selbst; denn mehrentheils trägt nach den Pachtkontrak-
ten der Gutsherr die größern Reparationen, du mußt also die kleinen Schä-
den groß werden lassen.

10) Die dienenden Unterthanen greifst du auf alle nach den Gesetzen und
Observanzen nur irgend verstattete Weise an; ob sie zu Grunde gehen, küm-
mert dich nicht.

11) Sollte der Verpächter Deputat verlangen, und auf deine Produkte,
weil sie von seinem eigenen Gute sind, einen großen Werth setzen, mithin im

Die Pachtung.
vor allem dein Auge zu richten. Strenge dann gleich in den erſten Jahren alle
Kraͤfte dazu an. Handelsgewaͤchſe gedeihen ſogleich vortrefflich darauf, und nach
denſelben wird es mittelmaͤßiges Getreide bis zu Ende der Pachtzeit ohne Duͤnger
tragen, dann freilich total erſchoͤpft ſeyn.

7) Um die Wieſen bekuͤmmere dich nicht viel, außer bei der Heuernte. Sie
bezahlen eine Verbeſſerungsarbeit nicht ſo ſchnell. Sollten ſie auch in deinem letz-
ten Pachtjahre wegen verſchlammter Graͤben und Stocken der Quellen moraſtig ge-
worden, mit Ruſch und Buſch bewachſen, und mit Maulwurfshaufen beſetzt ſeyn,
folglich nur noch weniges und ſchlechtes Heu geben, ſo koͤmmt es dir zu Ende der
Pacht wenig darauf an, wenn du anders kein Heu verkaufen kannſt.

8) Wenn das Inventarium nach der Taxe angenommen iſt, und auch
ſo wieder abgegeben werden ſoll, ſo ſchaffe vorher die beſten Pferde, Ochſen,
Kuͤhe u. ſ. w. weg, und ſetze ſchlechte an deren Stelle, oder bezahle das Fehlende.
Das Gute wird bei ſolchen Taxationen immer geringer wie das ſchlechte taxirt, und
die Schlechtheit faͤllt minder auf, wenn man das Gute nicht daneben ſtellt. Rath-
ſam iſt es, die Kuͤhe zu Ende der Pachtzeit gar nicht oder ſo ſpaͤt begehen zu laſſen,
daß ſie bei der Uebergabe noch nicht gekalbt haben; ſie ſehen dann viel beleibter
aus, wenn ſie gleich ſchlechtes Futter bekommen haben. Das ſpaͤtere Hinmelken
unbegangener Kuͤhe im Herbſte wird dir den Abgang der Fruͤhjahrsmilch vor der
Uebergabe leicht erſetzen. Auch alles alte Geſchirr und Geraͤth bringe zur Taxation,
verwahre zu dem Ende alles unbrauchbare, und flicke es vorher wieder zurecht.
Das neu angefertigte ſchaffe aber bei Seite. Oft macht es einen vortheilhaften
Eindruck auf die Taxatoren, wenn Alles recht jaͤmmerlich ausſieht, ſie bedauren
dann den armen Paͤchter.

9) Daß du an die Erhaltung der Gaͤrten, Teiche und Gebaͤude nichts wen-
deſt, verſteht ſich von ſelbſt; denn mehrentheils traͤgt nach den Pachtkontrak-
ten der Gutsherr die groͤßern Reparationen, du mußt alſo die kleinen Schaͤ-
den groß werden laſſen.

10) Die dienenden Unterthanen greifſt du auf alle nach den Geſetzen und
Obſervanzen nur irgend verſtattete Weiſe an; ob ſie zu Grunde gehen, kuͤm-
mert dich nicht.

11) Sollte der Verpaͤchter Deputat verlangen, und auf deine Produkte,
weil ſie von ſeinem eigenen Gute ſind, einen großen Werth ſetzen, mithin im

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[84/0114] Die Pachtung. vor allem dein Auge zu richten. Strenge dann gleich in den erſten Jahren alle Kraͤfte dazu an. Handelsgewaͤchſe gedeihen ſogleich vortrefflich darauf, und nach denſelben wird es mittelmaͤßiges Getreide bis zu Ende der Pachtzeit ohne Duͤnger tragen, dann freilich total erſchoͤpft ſeyn. 7) Um die Wieſen bekuͤmmere dich nicht viel, außer bei der Heuernte. Sie bezahlen eine Verbeſſerungsarbeit nicht ſo ſchnell. Sollten ſie auch in deinem letz- ten Pachtjahre wegen verſchlammter Graͤben und Stocken der Quellen moraſtig ge- worden, mit Ruſch und Buſch bewachſen, und mit Maulwurfshaufen beſetzt ſeyn, folglich nur noch weniges und ſchlechtes Heu geben, ſo koͤmmt es dir zu Ende der Pacht wenig darauf an, wenn du anders kein Heu verkaufen kannſt. 8) Wenn das Inventarium nach der Taxe angenommen iſt, und auch ſo wieder abgegeben werden ſoll, ſo ſchaffe vorher die beſten Pferde, Ochſen, Kuͤhe u. ſ. w. weg, und ſetze ſchlechte an deren Stelle, oder bezahle das Fehlende. Das Gute wird bei ſolchen Taxationen immer geringer wie das ſchlechte taxirt, und die Schlechtheit faͤllt minder auf, wenn man das Gute nicht daneben ſtellt. Rath- ſam iſt es, die Kuͤhe zu Ende der Pachtzeit gar nicht oder ſo ſpaͤt begehen zu laſſen, daß ſie bei der Uebergabe noch nicht gekalbt haben; ſie ſehen dann viel beleibter aus, wenn ſie gleich ſchlechtes Futter bekommen haben. Das ſpaͤtere Hinmelken unbegangener Kuͤhe im Herbſte wird dir den Abgang der Fruͤhjahrsmilch vor der Uebergabe leicht erſetzen. Auch alles alte Geſchirr und Geraͤth bringe zur Taxation, verwahre zu dem Ende alles unbrauchbare, und flicke es vorher wieder zurecht. Das neu angefertigte ſchaffe aber bei Seite. Oft macht es einen vortheilhaften Eindruck auf die Taxatoren, wenn Alles recht jaͤmmerlich ausſieht, ſie bedauren dann den armen Paͤchter. 9) Daß du an die Erhaltung der Gaͤrten, Teiche und Gebaͤude nichts wen- deſt, verſteht ſich von ſelbſt; denn mehrentheils traͤgt nach den Pachtkontrak- ten der Gutsherr die groͤßern Reparationen, du mußt alſo die kleinen Schaͤ- den groß werden laſſen. 10) Die dienenden Unterthanen greifſt du auf alle nach den Geſetzen und Obſervanzen nur irgend verſtattete Weiſe an; ob ſie zu Grunde gehen, kuͤm- mert dich nicht. 11) Sollte der Verpaͤchter Deputat verlangen, und auf deine Produkte, weil ſie von ſeinem eigenen Gute ſind, einen großen Werth ſetzen, mithin im

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/114>, abgerufen am 29.03.2024.