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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Pachtung.
Pachtanschlage dafür beträchtlich ablassen, so nimm es immerhin an. Zwar wirst
du um desto früher mit ihm in Hader und Streit gerathen; aber das geschieht doch
auf jeden Fall, zumal wenn er auf dem Gute wohnt und wenn du durch deinen
Kontrakt völlig gesichert bist, so mußt du dir daraus nichts machen. Sollte es dir
aber zumal im Anfange nachtheilig werden können, so mußt du nur die rechten
Mittel und Wege einschlagen, um die Domestiken, welche das Deputat anneh-
men, auf deine Seite zu ziehen.

§. 123.

Es giebt nun freilich Pächter, deren bekannter persönlicher Charakter denAusnahmen
von der Re-
gel.

Gutsbesitzer genugsam sichern kann, daß sie Maximen dieser Art nie befolgen wer-
den. Ja man trifft solche, die von der Idee der möglich vollkommensten Wirth-
schaft so lebendig ergriffen sind, daß sie derselben sogar ihren Gewinn aufopfern,
wenn sie nur mit Wahrscheinlichkeit in der Ausführung derselben gesichert sind.
Indessen gehört letzteres unter die Ausnahmen, und man kann es selbst von dem
rechtlichen Manne als Pächter nicht erwarten, daß er an Verbesserungen eines
Guts etwas wenden werde, was sich ihm während seiner Pachtzeit nicht mit höch-
ster Sicherheit wieder bezahlt. Was sich aber nicht verbessert, verschlechtert sich
gewiß, und deshalb ist es ein seltener Fall, wo ein Gut nicht in schlechterem Zu-
stande von einem Pächter abgegeben wurde, als in welchem er es antrat.

Ein ganz anderer Fall ist es mit den Domainenpächtern in einigen Staaten,
die ihre Pachtungen unter sehr billigen Bedingungen, zwar auch nur auf kurze
Termine, erhalten haben, aber nach den Grundsätzen der Regierung gesichert sind,
jedesmal Verlängerung derselben zu erhalten, wenn sie sich als rechtliche Pächter
betragen, und dem nach sehr billigen Sätzen anzufertigenden neuen Anschlage un-
terwerfen, wobei dann überher auf die von ihnen bewirkten Meliorationen Rück-
sicht genommen wird; ja wo sie bei einer vorzüglichen Administration ihrer Pach-
tung eine noch vortheilhaftere zu erhalten, und diese dann auf ihre Familie gewisser-
maßen zu vererben hoffen können. Ein Generaldomainenpächter dieser Art konnte
sich oft als Eigenthümer ansehen, und in allen Stücken als solcher verfahren. Un-
ter diesen Bedingungen ist es möglich gewesen, daß die Staatsdomainen, obwohl
mit beträchtlicher Aufopferung der baaren Einnahme, sich in gutem Stande erhiel-
ten. In Staaten dagegen, wo man, ohne legale Rücksicht auf den persönlichen
Charakter der Pächter, die Domainen den Meistbietenden verpachtet, und somit

Die Pachtung.
Pachtanſchlage dafuͤr betraͤchtlich ablaſſen, ſo nimm es immerhin an. Zwar wirſt
du um deſto fruͤher mit ihm in Hader und Streit gerathen; aber das geſchieht doch
auf jeden Fall, zumal wenn er auf dem Gute wohnt und wenn du durch deinen
Kontrakt voͤllig geſichert biſt, ſo mußt du dir daraus nichts machen. Sollte es dir
aber zumal im Anfange nachtheilig werden koͤnnen, ſo mußt du nur die rechten
Mittel und Wege einſchlagen, um die Domeſtiken, welche das Deputat anneh-
men, auf deine Seite zu ziehen.

§. 123.

Es giebt nun freilich Paͤchter, deren bekannter perſoͤnlicher Charakter denAusnahmen
von der Re-
gel.

Gutsbeſitzer genugſam ſichern kann, daß ſie Maximen dieſer Art nie befolgen wer-
den. Ja man trifft ſolche, die von der Idee der moͤglich vollkommenſten Wirth-
ſchaft ſo lebendig ergriffen ſind, daß ſie derſelben ſogar ihren Gewinn aufopfern,
wenn ſie nur mit Wahrſcheinlichkeit in der Ausfuͤhrung derſelben geſichert ſind.
Indeſſen gehoͤrt letzteres unter die Ausnahmen, und man kann es ſelbſt von dem
rechtlichen Manne als Paͤchter nicht erwarten, daß er an Verbeſſerungen eines
Guts etwas wenden werde, was ſich ihm waͤhrend ſeiner Pachtzeit nicht mit hoͤch-
ſter Sicherheit wieder bezahlt. Was ſich aber nicht verbeſſert, verſchlechtert ſich
gewiß, und deshalb iſt es ein ſeltener Fall, wo ein Gut nicht in ſchlechterem Zu-
ſtande von einem Paͤchter abgegeben wurde, als in welchem er es antrat.

Ein ganz anderer Fall iſt es mit den Domainenpaͤchtern in einigen Staaten,
die ihre Pachtungen unter ſehr billigen Bedingungen, zwar auch nur auf kurze
Termine, erhalten haben, aber nach den Grundſaͤtzen der Regierung geſichert ſind,
jedesmal Verlaͤngerung derſelben zu erhalten, wenn ſie ſich als rechtliche Paͤchter
betragen, und dem nach ſehr billigen Saͤtzen anzufertigenden neuen Anſchlage un-
terwerfen, wobei dann uͤberher auf die von ihnen bewirkten Meliorationen Ruͤck-
ſicht genommen wird; ja wo ſie bei einer vorzuͤglichen Adminiſtration ihrer Pach-
tung eine noch vortheilhaftere zu erhalten, und dieſe dann auf ihre Familie gewiſſer-
maßen zu vererben hoffen koͤnnen. Ein Generaldomainenpaͤchter dieſer Art konnte
ſich oft als Eigenthuͤmer anſehen, und in allen Stuͤcken als ſolcher verfahren. Un-
ter dieſen Bedingungen iſt es moͤglich geweſen, daß die Staatsdomainen, obwohl
mit betraͤchtlicher Aufopferung der baaren Einnahme, ſich in gutem Stande erhiel-
ten. In Staaten dagegen, wo man, ohne legale Ruͤckſicht auf den perſoͤnlichen
Charakter der Paͤchter, die Domainen den Meiſtbietenden verpachtet, und ſomit

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[85/0115] Die Pachtung. Pachtanſchlage dafuͤr betraͤchtlich ablaſſen, ſo nimm es immerhin an. Zwar wirſt du um deſto fruͤher mit ihm in Hader und Streit gerathen; aber das geſchieht doch auf jeden Fall, zumal wenn er auf dem Gute wohnt und wenn du durch deinen Kontrakt voͤllig geſichert biſt, ſo mußt du dir daraus nichts machen. Sollte es dir aber zumal im Anfange nachtheilig werden koͤnnen, ſo mußt du nur die rechten Mittel und Wege einſchlagen, um die Domeſtiken, welche das Deputat anneh- men, auf deine Seite zu ziehen. §. 123. Es giebt nun freilich Paͤchter, deren bekannter perſoͤnlicher Charakter den Gutsbeſitzer genugſam ſichern kann, daß ſie Maximen dieſer Art nie befolgen wer- den. Ja man trifft ſolche, die von der Idee der moͤglich vollkommenſten Wirth- ſchaft ſo lebendig ergriffen ſind, daß ſie derſelben ſogar ihren Gewinn aufopfern, wenn ſie nur mit Wahrſcheinlichkeit in der Ausfuͤhrung derſelben geſichert ſind. Indeſſen gehoͤrt letzteres unter die Ausnahmen, und man kann es ſelbſt von dem rechtlichen Manne als Paͤchter nicht erwarten, daß er an Verbeſſerungen eines Guts etwas wenden werde, was ſich ihm waͤhrend ſeiner Pachtzeit nicht mit hoͤch- ſter Sicherheit wieder bezahlt. Was ſich aber nicht verbeſſert, verſchlechtert ſich gewiß, und deshalb iſt es ein ſeltener Fall, wo ein Gut nicht in ſchlechterem Zu- ſtande von einem Paͤchter abgegeben wurde, als in welchem er es antrat. Ausnahmen von der Re- gel. Ein ganz anderer Fall iſt es mit den Domainenpaͤchtern in einigen Staaten, die ihre Pachtungen unter ſehr billigen Bedingungen, zwar auch nur auf kurze Termine, erhalten haben, aber nach den Grundſaͤtzen der Regierung geſichert ſind, jedesmal Verlaͤngerung derſelben zu erhalten, wenn ſie ſich als rechtliche Paͤchter betragen, und dem nach ſehr billigen Saͤtzen anzufertigenden neuen Anſchlage un- terwerfen, wobei dann uͤberher auf die von ihnen bewirkten Meliorationen Ruͤck- ſicht genommen wird; ja wo ſie bei einer vorzuͤglichen Adminiſtration ihrer Pach- tung eine noch vortheilhaftere zu erhalten, und dieſe dann auf ihre Familie gewiſſer- maßen zu vererben hoffen koͤnnen. Ein Generaldomainenpaͤchter dieſer Art konnte ſich oft als Eigenthuͤmer anſehen, und in allen Stuͤcken als ſolcher verfahren. Un- ter dieſen Bedingungen iſt es moͤglich geweſen, daß die Staatsdomainen, obwohl mit betraͤchtlicher Aufopferung der baaren Einnahme, ſich in gutem Stande erhiel- ten. In Staaten dagegen, wo man, ohne legale Ruͤckſicht auf den perſoͤnlichen Charakter der Paͤchter, die Domainen den Meiſtbietenden verpachtet, und ſomit

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/115>, abgerufen am 28.03.2024.