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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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malen des Gesichts wurden roter und gelber Ocker, weiße Infusorien-
erde oder Kreide, Ruß und Graphit verwendet. Beim Kriegstanz
reichte die Bemalung von den Augen bis zum Kinn; auch Frauen
und Mädchen übten diesen Brauch, letztere besonders dann, wenn
sie verlobt waren. Die Haare wurden bei beiden Geschlechtern
lang getragen, gescheitelt und mit verzierten Bändern zu Zöpfen
geflochten und mit Federn geschmückt. Die gleichen Federn
dienten neben Haarbüscheln als Zierat an Jacke und Hosen, an
den Lanzen, den Zügeln der Pferde, kurz überall, wo sie sich an-
bringen ließen.

Mit dem Auftreten der Europäer änderten sich nicht bloß
Kleidung und Schmuck, sondern vor allem die Waffen der Sioux.
War das Material früher neben dem Holz der Stein, so trat nun
das Eisen an seine Stelle. Pfeil und Bogen wurden, wie unser
Bild zeigt, anfangs wohl noch neben der Flinte gebraucht, aber
schließlich durch diese ganz verdrängt. Die Bogen waren zusammen-
gesetzte Hornbogen; die kurzen Pfeile hatten hochhinaufgehende
Befiederung und waren aus Holz. Daneben hatten die Sioux Lanze,
Streitkolben, Lasso und Skalpiermesser. Die eigenartige Waffe
dieses Stammes wie aller Prärieindianer war jedenfalls der Streit-
kolben, Tomahawk; der Name wurde später auf die eingeführten
europäischen Eisenäxte übertragen. Ursprünglich war es ein spitzen-
förmiger, mit federndem Griff versehener Doppelhammer aus Stein,
der zum Schlagen und Werfen gebraucht wurde und im Hand-
gemenge eine fürchterliche Waffe war. Am Gürtel hing der Lasso,
den die Sioux ebenso geschickt handhabten wie die Patagonier
(siehe dort). Das Skalpieren des getöteten, oft nur verwundeten Feindes
war allgemeine Kriegssitte; die kurzen Skalpiermesser hatten reich
verzierten Griff und staken in ebensolcher Scheide. Skalpe schmück-
ten das Innere des Zeltes, den Wigwam, und jeder neuerbeutete
Skalp, selbst der von Frauen und Kindern, erhöhte des Kriegers
Ruhm. Die Skalpprämien der Europäer haben zur Verbreitung der
barbarischen Sitte viel beigetragen. Als Schutzwaffe diente ein
runder Schild aus Büffelhaut; er war mit allerlei Figuren und mit
dem üblichen Federschmuck versehen.

Die Präriestämme trieben lebhaften Handel untereinander.
Gegenstand desselben war besonders der rote Pfeifenstein, der zwischen
Mississippi und Missouri in einem bestimmten Gebiet der Prärie
gefunden wurde. Aus ihm fertigten die Männer die knieförmigen

malen des Gesichts wurden roter und gelber Ocker, weiße Infusorien-
erde oder Kreide, Ruß und Graphit verwendet. Beim Kriegstanz
reichte die Bemalung von den Augen bis zum Kinn; auch Frauen
und Mädchen übten diesen Brauch, letztere besonders dann, wenn
sie verlobt waren. Die Haare wurden bei beiden Geschlechtern
lang getragen, gescheitelt und mit verzierten Bändern zu Zöpfen
geflochten und mit Federn geschmückt. Die gleichen Federn
dienten neben Haarbüscheln als Zierat an Jacke und Hosen, an
den Lanzen, den Zügeln der Pferde, kurz überall, wo sie sich an-
bringen ließen.

Mit dem Auftreten der Europäer änderten sich nicht bloß
Kleidung und Schmuck, sondern vor allem die Waffen der Sioux.
War das Material früher neben dem Holz der Stein, so trat nun
das Eisen an seine Stelle. Pfeil und Bogen wurden, wie unser
Bild zeigt, anfangs wohl noch neben der Flinte gebraucht, aber
schließlich durch diese ganz verdrängt. Die Bogen waren zusammen-
gesetzte Hornbogen; die kurzen Pfeile hatten hochhinaufgehende
Befiederung und waren aus Holz. Daneben hatten die Sioux Lanze,
Streitkolben, Lasso und Skalpiermesser. Die eigenartige Waffe
dieses Stammes wie aller Prärieindianer war jedenfalls der Streit-
kolben, Tomahawk; der Name wurde später auf die eingeführten
europäischen Eisenäxte übertragen. Ursprünglich war es ein spitzen-
förmiger, mit federndem Griff versehener Doppelhammer aus Stein,
der zum Schlagen und Werfen gebraucht wurde und im Hand-
gemenge eine fürchterliche Waffe war. Am Gürtel hing der Lasso,
den die Sioux ebenso geschickt handhabten wie die Patagonier
(siehe dort). Das Skalpieren des getöteten, oft nur verwundeten Feindes
war allgemeine Kriegssitte; die kurzen Skalpiermesser hatten reich
verzierten Griff und staken in ebensolcher Scheide. Skalpe schmück-
ten das Innere des Zeltes, den Wigwam, und jeder neuerbeutete
Skalp, selbst der von Frauen und Kindern, erhöhte des Kriegers
Ruhm. Die Skalpprämien der Europäer haben zur Verbreitung der
barbarischen Sitte viel beigetragen. Als Schutzwaffe diente ein
runder Schild aus Büffelhaut; er war mit allerlei Figuren und mit
dem üblichen Federschmuck versehen.

Die Präriestämme trieben lebhaften Handel untereinander.
Gegenstand desselben war besonders der rote Pfeifenstein, der zwischen
Mississippi und Missouri in einem bestimmten Gebiet der Prärie
gefunden wurde. Aus ihm fertigten die Männer die knieförmigen

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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 53 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/57>, abgerufen am 01.05.2024.