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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

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der Vorstellungskraft etc.
und daß Eins in Hinsicht des andern fast wiederum nur
wie ein Element anzusehen ist.

Die Dunkelheit, welche hiebey vorkommt, ist schon
oben in dem ersten Versuch *) auseinander gesetzet, wenn
ich auch nicht sagen darf, aufgehellet worden. Hier
will ich nur, was insbesondere die Beschaffenheit unserer
Vorstellungen von Aktionen betrift, noch etwas anfügen.

Nach der Hartleyischen Jdee von der Wirkung der
Association, müssen die in der Wiedererinnerung zurück-
kehrenden Ansätze zur Thätigkeit, neue Empfindungen
seyn, durch die gegenwärtigen Jdeen von den Objekten,
in einem schwächern Grade hervorgebracht, wie es in ei-
nem stärkern Grade vorher geschah, als anstatt der jetzi-
gen Vorstellungen von abwesenden Dingen Empfindun-
gen die Triebfeder waren. Also ist diesem zufolge die
wieder erweckte Aktion in der Vorstellung eine neue
Aktion, welche eben so entstanden seyn würde, wie sie
entsteht, wenn nur die Vorstellungen von den Objekten
gegenwärtig sind, ob schon niemals eine Kraftanwendung
der Art vorhergegangen wäre. Was würde eine Fer-
tigkeit
in einem thätigen Vermögen seyn? Nichts
weiter, als eine Fertigkeit, die bewegenden Vorstellun-
gen von den Objekten zu erneuern. Denn in der thäti-
gen Kraft selbst kann es zufolge dieser Hypothese keine blei-
bende Folgen von vormaligen Aktionen geben.

Der erste Grundpunkt der ganzen Sache beruhet
darauf, daß die innern Ansätze zur Wiederholung einer
ehemaligen Aktion, die man so deutlich bemerket, wenn
die Vorstellung lebhaft ist, wirklich Ueberbleibsel aus der
ehemaligen Aktion sind, und eine erlangte Disposition in
dem thätigen Vermögen, leichter sich so zu äußern, zum
Grunde haben. Ein solcher Ansatz, oder Anfang der
Aktion, muß keine gegenwärtige Wirkung der gegen-

wärtigen
*) Erster Versuch VIII.
S s 3

der Vorſtellungskraft ⁊c.
und daß Eins in Hinſicht des andern faſt wiederum nur
wie ein Element anzuſehen iſt.

Die Dunkelheit, welche hiebey vorkommt, iſt ſchon
oben in dem erſten Verſuch *) auseinander geſetzet, wenn
ich auch nicht ſagen darf, aufgehellet worden. Hier
will ich nur, was insbeſondere die Beſchaffenheit unſerer
Vorſtellungen von Aktionen betrift, noch etwas anfuͤgen.

Nach der Hartleyiſchen Jdee von der Wirkung der
Aſſociation, muͤſſen die in der Wiedererinnerung zuruͤck-
kehrenden Anſaͤtze zur Thaͤtigkeit, neue Empfindungen
ſeyn, durch die gegenwaͤrtigen Jdeen von den Objekten,
in einem ſchwaͤchern Grade hervorgebracht, wie es in ei-
nem ſtaͤrkern Grade vorher geſchah, als anſtatt der jetzi-
gen Vorſtellungen von abweſenden Dingen Empfindun-
gen die Triebfeder waren. Alſo iſt dieſem zufolge die
wieder erweckte Aktion in der Vorſtellung eine neue
Aktion, welche eben ſo entſtanden ſeyn wuͤrde, wie ſie
entſteht, wenn nur die Vorſtellungen von den Objekten
gegenwaͤrtig ſind, ob ſchon niemals eine Kraftanwendung
der Art vorhergegangen waͤre. Was wuͤrde eine Fer-
tigkeit
in einem thaͤtigen Vermoͤgen ſeyn? Nichts
weiter, als eine Fertigkeit, die bewegenden Vorſtellun-
gen von den Objekten zu erneuern. Denn in der thaͤti-
gen Kraft ſelbſt kann es zufolge dieſer Hypotheſe keine blei-
bende Folgen von vormaligen Aktionen geben.

Der erſte Grundpunkt der ganzen Sache beruhet
darauf, daß die innern Anſaͤtze zur Wiederholung einer
ehemaligen Aktion, die man ſo deutlich bemerket, wenn
die Vorſtellung lebhaft iſt, wirklich Ueberbleibſel aus der
ehemaligen Aktion ſind, und eine erlangte Dispoſition in
dem thaͤtigen Vermoͤgen, leichter ſich ſo zu aͤußern, zum
Grunde haben. Ein ſolcher Anſatz, oder Anfang der
Aktion, muß keine gegenwaͤrtige Wirkung der gegen-

waͤrtigen
*) Erſter Verſuch VIII.
S s 3
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[645/0705] der Vorſtellungskraft ⁊c. und daß Eins in Hinſicht des andern faſt wiederum nur wie ein Element anzuſehen iſt. Die Dunkelheit, welche hiebey vorkommt, iſt ſchon oben in dem erſten Verſuch *) auseinander geſetzet, wenn ich auch nicht ſagen darf, aufgehellet worden. Hier will ich nur, was insbeſondere die Beſchaffenheit unſerer Vorſtellungen von Aktionen betrift, noch etwas anfuͤgen. Nach der Hartleyiſchen Jdee von der Wirkung der Aſſociation, muͤſſen die in der Wiedererinnerung zuruͤck- kehrenden Anſaͤtze zur Thaͤtigkeit, neue Empfindungen ſeyn, durch die gegenwaͤrtigen Jdeen von den Objekten, in einem ſchwaͤchern Grade hervorgebracht, wie es in ei- nem ſtaͤrkern Grade vorher geſchah, als anſtatt der jetzi- gen Vorſtellungen von abweſenden Dingen Empfindun- gen die Triebfeder waren. Alſo iſt dieſem zufolge die wieder erweckte Aktion in der Vorſtellung eine neue Aktion, welche eben ſo entſtanden ſeyn wuͤrde, wie ſie entſteht, wenn nur die Vorſtellungen von den Objekten gegenwaͤrtig ſind, ob ſchon niemals eine Kraftanwendung der Art vorhergegangen waͤre. Was wuͤrde eine Fer- tigkeit in einem thaͤtigen Vermoͤgen ſeyn? Nichts weiter, als eine Fertigkeit, die bewegenden Vorſtellun- gen von den Objekten zu erneuern. Denn in der thaͤti- gen Kraft ſelbſt kann es zufolge dieſer Hypotheſe keine blei- bende Folgen von vormaligen Aktionen geben. Der erſte Grundpunkt der ganzen Sache beruhet darauf, daß die innern Anſaͤtze zur Wiederholung einer ehemaligen Aktion, die man ſo deutlich bemerket, wenn die Vorſtellung lebhaft iſt, wirklich Ueberbleibſel aus der ehemaligen Aktion ſind, und eine erlangte Dispoſition in dem thaͤtigen Vermoͤgen, leichter ſich ſo zu aͤußern, zum Grunde haben. Ein ſolcher Anſatz, oder Anfang der Aktion, muß keine gegenwaͤrtige Wirkung der gegen- waͤrtigen *) Erſter Verſuch VIII. S s 3

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/705>, abgerufen am 10.06.2024.