zusammen zu werfen, so erkennen wir sie doch für zufäl- lig verbunden, und sehen sie für Beschaffenheiten der Dinge an, deren Eine ohne die andere da seyn könne.
So berichtiget sich der gemeine Verstand selbst. Bey der einen Art zu verfahren müssen wir nothwendig so denken, wie wir denken; bey der andern dagegen ist es nur eine angenommene Gewohnheit. Wo nun beide Urtheile einander entgegen sind, da erklären wir ohne Bedenken das letztere für unrichtig, und überzeugen uns von dem ersten, welches uns subjektivisch nothwendig ist.
Es liegt dieselbige Ursache zum Grunde, wenn wir unsere sinnlichen Urtheile dem Urtheil der Vernunft nachsetzen. Zuvörderst muß man von der Richtigkeit des Raisonnements in der Astronomie überzeuget seyn, und wissen, daß man schlechthin nicht anders denken und urtheilen könne, als hier geurtheilet und gefolgert ist.
Dann auch einsehen, daß in dem entgegenstehenden sinnlichen Urtheil keine solche subjektivische Nothwendig- keit vorhanden sey, sondern daß hier der Ausspruch der Reflexion auf eine an sich zufällige Verbindung von Jdeen ankomme, die von einander getrennet werden können. Wenn Eins von diesen beiden fehlet, so kann auch leicht unserer Ueberzeugung davon etwas fehlen, daß wir auf das vernünftige Urtheil uns verlassen können.
Jch sage, es kann der Ueberzeugung etwas fehlen. Denn es kommt darauf an, wie groß die Evidenz ist, die wir in dem Raisonnement antreffen, und dieß hängt zum Theil davon ab, wie der Kopf es gewohnt sey, Vernunftschlüssen nachzugehen. Wenn der gemeine Verstand ohne Kenntniß der Geometrie -- voraus ge- setzet, daß er nicht blos den Zeugnissen anderer trauet -- nicht aus eigener Erfahrung belehret wird, daß die Son- ne sich von Osten gegen Westen zu bewegen scheinen kön- ne, und ihm völlig so scheinen könne, als es scheinet, und daß selbige demohngeachtet stille stehen, und er viel-
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VIII. Verſuch. Von der Beziehung
zuſammen zu werfen, ſo erkennen wir ſie doch fuͤr zufaͤl- lig verbunden, und ſehen ſie fuͤr Beſchaffenheiten der Dinge an, deren Eine ohne die andere da ſeyn koͤnne.
So berichtiget ſich der gemeine Verſtand ſelbſt. Bey der einen Art zu verfahren muͤſſen wir nothwendig ſo denken, wie wir denken; bey der andern dagegen iſt es nur eine angenommene Gewohnheit. Wo nun beide Urtheile einander entgegen ſind, da erklaͤren wir ohne Bedenken das letztere fuͤr unrichtig, und uͤberzeugen uns von dem erſten, welches uns ſubjektiviſch nothwendig iſt.
Es liegt dieſelbige Urſache zum Grunde, wenn wir unſere ſinnlichen Urtheile dem Urtheil der Vernunft nachſetzen. Zuvoͤrderſt muß man von der Richtigkeit des Raiſonnements in der Aſtronomie uͤberzeuget ſeyn, und wiſſen, daß man ſchlechthin nicht anders denken und urtheilen koͤnne, als hier geurtheilet und gefolgert iſt.
Dann auch einſehen, daß in dem entgegenſtehenden ſinnlichen Urtheil keine ſolche ſubjektiviſche Nothwendig- keit vorhanden ſey, ſondern daß hier der Ausſpruch der Reflexion auf eine an ſich zufaͤllige Verbindung von Jdeen ankomme, die von einander getrennet werden koͤnnen. Wenn Eins von dieſen beiden fehlet, ſo kann auch leicht unſerer Ueberzeugung davon etwas fehlen, daß wir auf das vernuͤnftige Urtheil uns verlaſſen koͤnnen.
Jch ſage, es kann der Ueberzeugung etwas fehlen. Denn es kommt darauf an, wie groß die Evidenz iſt, die wir in dem Raiſonnement antreffen, und dieß haͤngt zum Theil davon ab, wie der Kopf es gewohnt ſey, Vernunftſchluͤſſen nachzugehen. Wenn der gemeine Verſtand ohne Kenntniß der Geometrie — voraus ge- ſetzet, daß er nicht blos den Zeugniſſen anderer trauet — nicht aus eigener Erfahrung belehret wird, daß die Son- ne ſich von Oſten gegen Weſten zu bewegen ſcheinen koͤn- ne, und ihm voͤllig ſo ſcheinen koͤnne, als es ſcheinet, und daß ſelbige demohngeachtet ſtille ſtehen, und er viel-
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VIII. Verſuch. Von der Beziehung
zuſammen zu werfen, ſo erkennen wir ſie doch fuͤr zufaͤl-
lig verbunden, und ſehen ſie fuͤr Beſchaffenheiten der
Dinge an, deren Eine ohne die andere da ſeyn koͤnne.
So berichtiget ſich der gemeine Verſtand ſelbſt.
Bey der einen Art zu verfahren muͤſſen wir nothwendig
ſo denken, wie wir denken; bey der andern dagegen iſt
es nur eine angenommene Gewohnheit. Wo nun beide
Urtheile einander entgegen ſind, da erklaͤren wir ohne
Bedenken das letztere fuͤr unrichtig, und uͤberzeugen uns
von dem erſten, welches uns ſubjektiviſch nothwendig iſt.
Es liegt dieſelbige Urſache zum Grunde, wenn wir
unſere ſinnlichen Urtheile dem Urtheil der Vernunft
nachſetzen. Zuvoͤrderſt muß man von der Richtigkeit
des Raiſonnements in der Aſtronomie uͤberzeuget ſeyn,
und wiſſen, daß man ſchlechthin nicht anders denken und
urtheilen koͤnne, als hier geurtheilet und gefolgert iſt.
Dann auch einſehen, daß in dem entgegenſtehenden
ſinnlichen Urtheil keine ſolche ſubjektiviſche Nothwendig-
keit vorhanden ſey, ſondern daß hier der Ausſpruch der
Reflexion auf eine an ſich zufaͤllige Verbindung von Jdeen
ankomme, die von einander getrennet werden koͤnnen.
Wenn Eins von dieſen beiden fehlet, ſo kann auch leicht
unſerer Ueberzeugung davon etwas fehlen, daß wir auf
das vernuͤnftige Urtheil uns verlaſſen koͤnnen.
Jch ſage, es kann der Ueberzeugung etwas fehlen.
Denn es kommt darauf an, wie groß die Evidenz iſt,
die wir in dem Raiſonnement antreffen, und dieß haͤngt
zum Theil davon ab, wie der Kopf es gewohnt ſey,
Vernunftſchluͤſſen nachzugehen. Wenn der gemeine
Verſtand ohne Kenntniß der Geometrie — voraus ge-
ſetzet, daß er nicht blos den Zeugniſſen anderer trauet —
nicht aus eigener Erfahrung belehret wird, daß die Son-
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und daß ſelbige demohngeachtet ſtille ſtehen, und er viel-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/640>, abgerufen am 24.11.2024.
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