greiflich machet, wie jene Person es sich einbilden kön- nen, sie habe es gefühlet, daß die bösen Gedanken aus ihrem Magen aufgestiegen wären. Es kommt das al- les, was wir fühlen, entweder aus dem Körper durch die Organe, oder, wenn es in der Substanz der Seele selbst ist, so sehen wir es da nicht anders, als nur dann, wenn es so vorhanden ist, wie andere Veränderungen, bey denen wir uns leidentlich verhalten.
Jch gestehe es, dieß ist keine vollständige Jn- duktion für den allgemeinen Satz, daß unser Gefühl schlechthin nur mit Paßionen unmittelbar sich beschäftige. Aber wo es doch in vielen einzelnen Fällen offenbar sich so verhält; wo es keine Fälle giebt, die eben so deutlich das Gegentheil lehren, und wo in den übrigen, welche wegen der innigen Vermischung des Thuns und des Lei- dens nicht mit einer solchen Klarheit beobachtet werden können, doch nichts angetroffen wird, das ihm entge- gen ist; wo diese Umstände beysammen sind, wie sie es hier sind, da finde ich kein Bedenken, der Analogie zu folgen, und als allgemein anzunehmen, was die Beob- achtung in einigen Fällen so deutlich gelehret hat.
III. Von
M 3
uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
greiflich machet, wie jene Perſon es ſich einbilden koͤn- nen, ſie habe es gefuͤhlet, daß die boͤſen Gedanken aus ihrem Magen aufgeſtiegen waͤren. Es kommt das al- les, was wir fuͤhlen, entweder aus dem Koͤrper durch die Organe, oder, wenn es in der Subſtanz der Seele ſelbſt iſt, ſo ſehen wir es da nicht anders, als nur dann, wenn es ſo vorhanden iſt, wie andere Veraͤnderungen, bey denen wir uns leidentlich verhalten.
Jch geſtehe es, dieß iſt keine vollſtaͤndige Jn- duktion fuͤr den allgemeinen Satz, daß unſer Gefuͤhl ſchlechthin nur mit Paßionen unmittelbar ſich beſchaͤftige. Aber wo es doch in vielen einzelnen Faͤllen offenbar ſich ſo verhaͤlt; wo es keine Faͤlle giebt, die eben ſo deutlich das Gegentheil lehren, und wo in den uͤbrigen, welche wegen der innigen Vermiſchung des Thuns und des Lei- dens nicht mit einer ſolchen Klarheit beobachtet werden koͤnnen, doch nichts angetroffen wird, das ihm entge- gen iſt; wo dieſe Umſtaͤnde beyſammen ſind, wie ſie es hier ſind, da finde ich kein Bedenken, der Analogie zu folgen, und als allgemein anzunehmen, was die Beob- achtung in einigen Faͤllen ſo deutlich gelehret hat.
III. Von
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uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
greiflich machet, wie jene Perſon es ſich einbilden koͤn-
nen, ſie habe es gefuͤhlet, daß die boͤſen Gedanken aus
ihrem Magen aufgeſtiegen waͤren. Es kommt das al-
les, was wir fuͤhlen, entweder aus dem Koͤrper durch die
Organe, oder, wenn es in der Subſtanz der Seele ſelbſt
iſt, ſo ſehen wir es da nicht anders, als nur dann,
wenn es ſo vorhanden iſt, wie andere Veraͤnderungen,
bey denen wir uns leidentlich verhalten.
Jch geſtehe es, dieß iſt keine vollſtaͤndige Jn-
duktion fuͤr den allgemeinen Satz, daß unſer Gefuͤhl
ſchlechthin nur mit Paßionen unmittelbar ſich beſchaͤftige.
Aber wo es doch in vielen einzelnen Faͤllen offenbar ſich
ſo verhaͤlt; wo es keine Faͤlle giebt, die eben ſo deutlich
das Gegentheil lehren, und wo in den uͤbrigen, welche
wegen der innigen Vermiſchung des Thuns und des Lei-
dens nicht mit einer ſolchen Klarheit beobachtet werden
koͤnnen, doch nichts angetroffen wird, das ihm entge-
gen iſt; wo dieſe Umſtaͤnde beyſammen ſind, wie ſie es
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folgen, und als allgemein anzunehmen, was die Beob-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/241>, abgerufen am 21.11.2024.
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