Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Diesen Ausgang hatte Keiner vermuthet; man erwartete das Mädchen mit gesenktem Haupte, wie ein in ihr Schicksal ergebenes Opfer eintreten zu sehen, und Galinda erschien triumphirend! Das konnte unmöglich mit rechten Dingen zugehen -- gewiß hatte der Freimeister dem Mädchen eines jener geheimen Mittel beigebracht, deren furchtbare Kenntniß und Besitz ausschließlich den Scharfrichtern von dem Volksglauben zugeschrieben wird. Bertold stand neben Piet am Fenster; das blasse, verstörte Antlitz des Jünglings, sein verworrenes Haar und ungeordnete Kleidung deuteten auf eine schlaflos vollbrachte Nacht. In der That hatte Bertold, nachdem gestern seine Hoffnung auf Piet's Eiland gescheitert, die Nacht dazu verwendet, einen andern sichern Zufluchtsort für Galinda zu finden. Es war ihm nicht gelungen, und wie er jetzt erschöpft zu Hause kam, empfing ihn die Kunde von der Ankunft seines gefürchteten Nebenbuhlers. -- Piet suchte den verzweifelnden Jüngling mit der zugeflüsterten Versicherung seines Beistandes zu beruhigen. Mein angenehmes Geschäft in Eurem Hause ist vorläufig glücklich abgeschlossen, sprach der Freimeister, mit freundlicher Zuversicht zu dem Baas vom Hause tretend; meine schöne und sehr kluge Braut hat sich nur noch drei Tage Bedenkzeit ausgemacht, und wer könnte einer sittlichen Jungfer die kurze Frist versagen? -- Ich will die paar Tage auf der Goudaer Kirmes Diesen Ausgang hatte Keiner vermuthet; man erwartete das Mädchen mit gesenktem Haupte, wie ein in ihr Schicksal ergebenes Opfer eintreten zu sehen, und Galinda erschien triumphirend! Das konnte unmöglich mit rechten Dingen zugehen — gewiß hatte der Freimeister dem Mädchen eines jener geheimen Mittel beigebracht, deren furchtbare Kenntniß und Besitz ausschließlich den Scharfrichtern von dem Volksglauben zugeschrieben wird. Bertold stand neben Piet am Fenster; das blasse, verstörte Antlitz des Jünglings, sein verworrenes Haar und ungeordnete Kleidung deuteten auf eine schlaflos vollbrachte Nacht. In der That hatte Bertold, nachdem gestern seine Hoffnung auf Piet's Eiland gescheitert, die Nacht dazu verwendet, einen andern sichern Zufluchtsort für Galinda zu finden. Es war ihm nicht gelungen, und wie er jetzt erschöpft zu Hause kam, empfing ihn die Kunde von der Ankunft seines gefürchteten Nebenbuhlers. — Piet suchte den verzweifelnden Jüngling mit der zugeflüsterten Versicherung seines Beistandes zu beruhigen. Mein angenehmes Geschäft in Eurem Hause ist vorläufig glücklich abgeschlossen, sprach der Freimeister, mit freundlicher Zuversicht zu dem Baas vom Hause tretend; meine schöne und sehr kluge Braut hat sich nur noch drei Tage Bedenkzeit ausgemacht, und wer könnte einer sittlichen Jungfer die kurze Frist versagen? — Ich will die paar Tage auf der Goudaer Kirmes <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <pb facs="#f0049"/> <p>Diesen Ausgang hatte Keiner vermuthet; man erwartete das Mädchen mit gesenktem Haupte, wie ein in ihr Schicksal ergebenes Opfer eintreten zu sehen, und Galinda erschien triumphirend! Das konnte unmöglich mit rechten Dingen zugehen — gewiß hatte der Freimeister dem Mädchen eines jener geheimen Mittel beigebracht, deren furchtbare Kenntniß und Besitz ausschließlich den Scharfrichtern von dem Volksglauben zugeschrieben wird.</p><lb/> <p>Bertold stand neben Piet am Fenster; das blasse, verstörte Antlitz des Jünglings, sein verworrenes Haar und ungeordnete Kleidung deuteten auf eine schlaflos vollbrachte Nacht. In der That hatte Bertold, nachdem gestern seine Hoffnung auf Piet's Eiland gescheitert, die Nacht dazu verwendet, einen andern sichern Zufluchtsort für Galinda zu finden. Es war ihm nicht gelungen, und wie er jetzt erschöpft zu Hause kam, empfing ihn die Kunde von der Ankunft seines gefürchteten Nebenbuhlers. — Piet suchte den verzweifelnden Jüngling mit der zugeflüsterten Versicherung seines Beistandes zu beruhigen.</p><lb/> <p>Mein angenehmes Geschäft in Eurem Hause ist vorläufig glücklich abgeschlossen, sprach der Freimeister, mit freundlicher Zuversicht zu dem Baas vom Hause tretend; meine schöne und sehr kluge Braut hat sich nur noch drei Tage Bedenkzeit ausgemacht, und wer könnte einer sittlichen Jungfer die kurze Frist versagen? — Ich will die paar Tage auf der Goudaer Kirmes<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0049]
Diesen Ausgang hatte Keiner vermuthet; man erwartete das Mädchen mit gesenktem Haupte, wie ein in ihr Schicksal ergebenes Opfer eintreten zu sehen, und Galinda erschien triumphirend! Das konnte unmöglich mit rechten Dingen zugehen — gewiß hatte der Freimeister dem Mädchen eines jener geheimen Mittel beigebracht, deren furchtbare Kenntniß und Besitz ausschließlich den Scharfrichtern von dem Volksglauben zugeschrieben wird.
Bertold stand neben Piet am Fenster; das blasse, verstörte Antlitz des Jünglings, sein verworrenes Haar und ungeordnete Kleidung deuteten auf eine schlaflos vollbrachte Nacht. In der That hatte Bertold, nachdem gestern seine Hoffnung auf Piet's Eiland gescheitert, die Nacht dazu verwendet, einen andern sichern Zufluchtsort für Galinda zu finden. Es war ihm nicht gelungen, und wie er jetzt erschöpft zu Hause kam, empfing ihn die Kunde von der Ankunft seines gefürchteten Nebenbuhlers. — Piet suchte den verzweifelnden Jüngling mit der zugeflüsterten Versicherung seines Beistandes zu beruhigen.
Mein angenehmes Geschäft in Eurem Hause ist vorläufig glücklich abgeschlossen, sprach der Freimeister, mit freundlicher Zuversicht zu dem Baas vom Hause tretend; meine schöne und sehr kluge Braut hat sich nur noch drei Tage Bedenkzeit ausgemacht, und wer könnte einer sittlichen Jungfer die kurze Frist versagen? — Ich will die paar Tage auf der Goudaer Kirmes
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |