Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.lieber selbst zur Frau nehmen will, statt zu rathen, daß ich Euch heirathen soll, wie dann? -- Wollt Ihr mich dann in Ruhe lassen? Wenn der Bertold bei Mynheer Verkolyn und beim Vater Zorg ordentlich um dich anhält, dann will ich dich frei lassen und das Jawort zurückgeben. Frohlockend über diese leichte Art, von dem widrigen bleichen Manne befreit zu werden, ließ Galinda sich das Versprechen noch einmal wiederholen. Der Freimeister that dies mit einem stillen Lächeln der Freude über den glücklichen Erfolg seiner Ueberredung; doch machte er noch die Bedingung, daß Galinda noch drei Tage dieses Abkommen geheim halten sollte; erst nach dieser Zeit dürfe sie es Bertold mittheilen, der sich alsdann bestimmt erklären müsse. -- Das leichtfertige Mädchen versprach auch, diese Bedingung mit Vergnügen zu erfüllen, und freute sich schon in ihrem Herzen darüber, wie es den eifersüchtigen Bertold necken und Alle im Zweifel über dieses Einverständniß mit dem Freimeister lassen wolle. Während dieser Unterhaltung wartete die Familie in der Wohnstube mit einem so bangen Gefühle, wie es die Verwandten eines Angeklagten vor einem Criminal-Gerichtshofe empfinden mögen, wenn die Geschworenen im Nebenzimmer sich berathen. Diese Erwartung verwandelte sich in mitleidiges Erstaunen, als die schlanke Galinda mit freudestrahlendem Antlitz an der Seite des hohen, zufrieden lächelnden Scharfrichters hereintrat. lieber selbst zur Frau nehmen will, statt zu rathen, daß ich Euch heirathen soll, wie dann? — Wollt Ihr mich dann in Ruhe lassen? Wenn der Bertold bei Mynheer Verkolyn und beim Vater Zorg ordentlich um dich anhält, dann will ich dich frei lassen und das Jawort zurückgeben. Frohlockend über diese leichte Art, von dem widrigen bleichen Manne befreit zu werden, ließ Galinda sich das Versprechen noch einmal wiederholen. Der Freimeister that dies mit einem stillen Lächeln der Freude über den glücklichen Erfolg seiner Ueberredung; doch machte er noch die Bedingung, daß Galinda noch drei Tage dieses Abkommen geheim halten sollte; erst nach dieser Zeit dürfe sie es Bertold mittheilen, der sich alsdann bestimmt erklären müsse. — Das leichtfertige Mädchen versprach auch, diese Bedingung mit Vergnügen zu erfüllen, und freute sich schon in ihrem Herzen darüber, wie es den eifersüchtigen Bertold necken und Alle im Zweifel über dieses Einverständniß mit dem Freimeister lassen wolle. Während dieser Unterhaltung wartete die Familie in der Wohnstube mit einem so bangen Gefühle, wie es die Verwandten eines Angeklagten vor einem Criminal-Gerichtshofe empfinden mögen, wenn die Geschworenen im Nebenzimmer sich berathen. Diese Erwartung verwandelte sich in mitleidiges Erstaunen, als die schlanke Galinda mit freudestrahlendem Antlitz an der Seite des hohen, zufrieden lächelnden Scharfrichters hereintrat. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0048"/> lieber selbst zur Frau nehmen will, statt zu rathen, daß ich Euch heirathen soll, wie dann? — Wollt Ihr mich dann in Ruhe lassen?</p><lb/> <p>Wenn der Bertold bei Mynheer Verkolyn und beim Vater Zorg ordentlich um dich anhält, dann will ich dich frei lassen und das Jawort zurückgeben.</p><lb/> <p>Frohlockend über diese leichte Art, von dem widrigen bleichen Manne befreit zu werden, ließ Galinda sich das Versprechen noch einmal wiederholen. Der Freimeister that dies mit einem stillen Lächeln der Freude über den glücklichen Erfolg seiner Ueberredung; doch machte er noch die Bedingung, daß Galinda noch drei Tage dieses Abkommen geheim halten sollte; erst nach dieser Zeit dürfe sie es Bertold mittheilen, der sich alsdann bestimmt erklären müsse. — Das leichtfertige Mädchen versprach auch, diese Bedingung mit Vergnügen zu erfüllen, und freute sich schon in ihrem Herzen darüber, wie es den eifersüchtigen Bertold necken und Alle im Zweifel über dieses Einverständniß mit dem Freimeister lassen wolle.</p><lb/> <p>Während dieser Unterhaltung wartete die Familie in der Wohnstube mit einem so bangen Gefühle, wie es die Verwandten eines Angeklagten vor einem Criminal-Gerichtshofe empfinden mögen, wenn die Geschworenen im Nebenzimmer sich berathen. Diese Erwartung verwandelte sich in mitleidiges Erstaunen, als die schlanke Galinda mit freudestrahlendem Antlitz an der Seite des hohen, zufrieden lächelnden Scharfrichters hereintrat.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
lieber selbst zur Frau nehmen will, statt zu rathen, daß ich Euch heirathen soll, wie dann? — Wollt Ihr mich dann in Ruhe lassen?
Wenn der Bertold bei Mynheer Verkolyn und beim Vater Zorg ordentlich um dich anhält, dann will ich dich frei lassen und das Jawort zurückgeben.
Frohlockend über diese leichte Art, von dem widrigen bleichen Manne befreit zu werden, ließ Galinda sich das Versprechen noch einmal wiederholen. Der Freimeister that dies mit einem stillen Lächeln der Freude über den glücklichen Erfolg seiner Ueberredung; doch machte er noch die Bedingung, daß Galinda noch drei Tage dieses Abkommen geheim halten sollte; erst nach dieser Zeit dürfe sie es Bertold mittheilen, der sich alsdann bestimmt erklären müsse. — Das leichtfertige Mädchen versprach auch, diese Bedingung mit Vergnügen zu erfüllen, und freute sich schon in ihrem Herzen darüber, wie es den eifersüchtigen Bertold necken und Alle im Zweifel über dieses Einverständniß mit dem Freimeister lassen wolle.
Während dieser Unterhaltung wartete die Familie in der Wohnstube mit einem so bangen Gefühle, wie es die Verwandten eines Angeklagten vor einem Criminal-Gerichtshofe empfinden mögen, wenn die Geschworenen im Nebenzimmer sich berathen. Diese Erwartung verwandelte sich in mitleidiges Erstaunen, als die schlanke Galinda mit freudestrahlendem Antlitz an der Seite des hohen, zufrieden lächelnden Scharfrichters hereintrat.
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/48>, abgerufen am 27.07.2024. |