Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.los bleiben werde, nahm er kurz und trotzig Abschied und verließ rasch das Eiland. Bedachtsam trat auch die Greisin vor die Hütte zu ihrem Sohne, der sich anschickte, zu dem gestörten Entenfange zurückzukehren. Morgen früh um fünf Uhr, Piet, will ich zum Zorgenhof fahren; mache mir dein Boot dazu hübsch rein und blank zurecht. Soll geschehen, Mutter; ich werde das große Markt-Boot einrichten, damit ich zugleich die Enten für die Frau Padbrügge mitnehmen kann. Und ohne sich weiter darüber zu verwundern, daß seine Mutter seit zehn Jahren zum erstenmal das Eiland verlassen wollte, ruderte Piet davon und verschwand in dem hohen Röhricht; die Alte aber setzte sich wieder still zur Arbeit vor die Hütte und saß hier noch lange sinnend im goldenen Schein der untergehenden Sonne. Nur zuweilen ward die einsame Abendstille unterbrochen von lockenden Rohrsperlingen und bohrenden Rohrdommeln, deren dumpfes Brüllen von den fernern Schilfufern über den See herklang. II. Der Zorgenhof. Am frühen Morger des nächsten Tages lag der weiße Herbstnebel gleich einem dichten Schleier über den Wiesen, aus denen die tüchtigen Gebäude des Zorgen- los bleiben werde, nahm er kurz und trotzig Abschied und verließ rasch das Eiland. Bedachtsam trat auch die Greisin vor die Hütte zu ihrem Sohne, der sich anschickte, zu dem gestörten Entenfange zurückzukehren. Morgen früh um fünf Uhr, Piet, will ich zum Zorgenhof fahren; mache mir dein Boot dazu hübsch rein und blank zurecht. Soll geschehen, Mutter; ich werde das große Markt-Boot einrichten, damit ich zugleich die Enten für die Frau Padbrügge mitnehmen kann. Und ohne sich weiter darüber zu verwundern, daß seine Mutter seit zehn Jahren zum erstenmal das Eiland verlassen wollte, ruderte Piet davon und verschwand in dem hohen Röhricht; die Alte aber setzte sich wieder still zur Arbeit vor die Hütte und saß hier noch lange sinnend im goldenen Schein der untergehenden Sonne. Nur zuweilen ward die einsame Abendstille unterbrochen von lockenden Rohrsperlingen und bohrenden Rohrdommeln, deren dumpfes Brüllen von den fernern Schilfufern über den See herklang. II. Der Zorgenhof. Am frühen Morger des nächsten Tages lag der weiße Herbstnebel gleich einem dichten Schleier über den Wiesen, aus denen die tüchtigen Gebäude des Zorgen- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0023"/> los bleiben werde, nahm er kurz und trotzig Abschied und verließ rasch das Eiland.</p><lb/> <p>Bedachtsam trat auch die Greisin vor die Hütte zu ihrem Sohne, der sich anschickte, zu dem gestörten Entenfange zurückzukehren.</p><lb/> <p>Morgen früh um fünf Uhr, Piet, will ich zum Zorgenhof fahren; mache mir dein Boot dazu hübsch rein und blank zurecht.</p><lb/> <p>Soll geschehen, Mutter; ich werde das große Markt-Boot einrichten, damit ich zugleich die Enten für die Frau Padbrügge mitnehmen kann.</p><lb/> <p>Und ohne sich weiter darüber zu verwundern, daß seine Mutter seit zehn Jahren zum erstenmal das Eiland verlassen wollte, ruderte Piet davon und verschwand in dem hohen Röhricht; die Alte aber setzte sich wieder still zur Arbeit vor die Hütte und saß hier noch lange sinnend im goldenen Schein der untergehenden Sonne. Nur zuweilen ward die einsame Abendstille unterbrochen von lockenden Rohrsperlingen und bohrenden Rohrdommeln, deren dumpfes Brüllen von den fernern Schilfufern über den See herklang.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="2"> <head>II. Der Zorgenhof.</head> <p>Am frühen Morger des nächsten Tages lag der weiße Herbstnebel gleich einem dichten Schleier über den Wiesen, aus denen die tüchtigen Gebäude des Zorgen-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
los bleiben werde, nahm er kurz und trotzig Abschied und verließ rasch das Eiland.
Bedachtsam trat auch die Greisin vor die Hütte zu ihrem Sohne, der sich anschickte, zu dem gestörten Entenfange zurückzukehren.
Morgen früh um fünf Uhr, Piet, will ich zum Zorgenhof fahren; mache mir dein Boot dazu hübsch rein und blank zurecht.
Soll geschehen, Mutter; ich werde das große Markt-Boot einrichten, damit ich zugleich die Enten für die Frau Padbrügge mitnehmen kann.
Und ohne sich weiter darüber zu verwundern, daß seine Mutter seit zehn Jahren zum erstenmal das Eiland verlassen wollte, ruderte Piet davon und verschwand in dem hohen Röhricht; die Alte aber setzte sich wieder still zur Arbeit vor die Hütte und saß hier noch lange sinnend im goldenen Schein der untergehenden Sonne. Nur zuweilen ward die einsame Abendstille unterbrochen von lockenden Rohrsperlingen und bohrenden Rohrdommeln, deren dumpfes Brüllen von den fernern Schilfufern über den See herklang.
II. Der Zorgenhof. Am frühen Morger des nächsten Tages lag der weiße Herbstnebel gleich einem dichten Schleier über den Wiesen, aus denen die tüchtigen Gebäude des Zorgen-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:22:21Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |