Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 4. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Himmel

Einige haben einen so groben Begriff von
dem Himmel, daß sie meynen, es sey nur
eine Audienz, ja es sey ein Zimmer, in wel-
ches sie durch eine Thüre, die eröffnet wer-
de, eingelassen, und von denen, die dazu
bestellt sind, hinein geführet werden.

Einige meynen, er bestehe in einem müß-
sigen Leben, worinn sie von andern bedienet
werden, man bedeutete ihnen aber, eine Glück-
seligkeit bestehe nirgends darinnen, daß sie
ruhen, und daher Glück haben. Ein solches
Leben würde nicht activ, sondern müßig seyn,
darinnen sie verliegen würden, da ihnen doch
bekannt seyn könnte, daß das Leben ohne
Würksamkeit nicht glücklich zu nennen sey.
Das Englische Leben besiehet in Ausübung
der Liebe und in dem Guten, daß sie bey sich
führet: Dann sie empfinden keine grössere
Glückseligkeit als die, daß sie die Geister die
aus der Welt ankommen informiren und leh-
ren; daß sie den Menschen dienen, und die
böse Geister bey ihnen regieren, damit sie nicht
die Gränzen überschreiten; und daß sie je-
nen Gutes einflössen; ferner, daß sie die Tod-
ten in das Leben der Ewigkeit auferwecken,
und hernach, wann sie es können, daß die
Seelen so beschaffen sind, in den Himmel
einführen. Weßwegen sie sich viel glücklicher
schätzen, als man sagen kann. So sind sie
Bilder des HErrn: so lieben sie den Näch-
sten mehr als sich selbst; deßwegen ist es der

Him-
Von dem Himmel

Einige haben einen ſo groben Begriff von
dem Himmel, daß ſie meynen, es ſey nur
eine Audienz, ja es ſey ein Zimmer, in wel-
ches ſie durch eine Thuͤre, die eroͤffnet wer-
de, eingelaſſen, und von denen, die dazu
beſtellt ſind, hinein gefuͤhret werden.

Einige meynen, er beſtehe in einem muͤß-
ſigen Leben, worinn ſie von andern bedienet
werden, man bedeutete ihnen aber, eine Gluͤck-
ſeligkeit beſtehe nirgends darinnen, daß ſie
ruhen, und daher Gluͤck haben. Ein ſolches
Leben wuͤrde nicht activ, ſondern muͤßig ſeyn,
darinnen ſie verliegen wuͤrden, da ihnen doch
bekannt ſeyn koͤnnte, daß das Leben ohne
Wuͤrkſamkeit nicht gluͤcklich zu nennen ſey.
Das Engliſche Leben beſiehet in Ausuͤbung
der Liebe und in dem Guten, daß ſie bey ſich
fuͤhret: Dann ſie empfinden keine groͤſſere
Gluͤckſeligkeit als die, daß ſie die Geiſter die
aus der Welt ankommen informiren und leh-
ren; daß ſie den Menſchen dienen, und die
boͤſe Geiſter bey ihnen regieren, damit ſie nicht
die Graͤnzen uͤberſchreiten; und daß ſie je-
nen Gutes einfloͤſſen; ferner, daß ſie die Tod-
ten in das Leben der Ewigkeit auferwecken,
und hernach, wann ſie es koͤnnen, daß die
Seelen ſo beſchaffen ſind, in den Himmel
einfuͤhren. Weßwegen ſie ſich viel gluͤcklicher
ſchaͤtzen, als man ſagen kann. So ſind ſie
Bilder des HErrn: ſo lieben ſie den Naͤch-
ſten mehr als ſich ſelbſt; deßwegen iſt es der

Him-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0194" n="194"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Himmel</hi> </fw><lb/>
          <p>Einige haben einen &#x017F;o groben Begriff von<lb/>
dem Himmel, daß &#x017F;ie meynen, es &#x017F;ey nur<lb/>
eine <hi rendition="#aq">Audienz,</hi> ja es &#x017F;ey ein Zimmer, in wel-<lb/>
ches &#x017F;ie durch eine Thu&#x0364;re, die ero&#x0364;ffnet wer-<lb/>
de, eingela&#x017F;&#x017F;en, und von denen, die dazu<lb/>
be&#x017F;tellt &#x017F;ind, hinein gefu&#x0364;hret werden.</p><lb/>
          <p>Einige meynen, er be&#x017F;tehe in einem mu&#x0364;ß-<lb/>
&#x017F;igen Leben, worinn &#x017F;ie von andern bedienet<lb/>
werden, man bedeutete ihnen aber, eine Glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;eligkeit be&#x017F;tehe nirgends darinnen, daß &#x017F;ie<lb/>
ruhen, und daher Glu&#x0364;ck haben. Ein &#x017F;olches<lb/>
Leben wu&#x0364;rde nicht <hi rendition="#aq">activ,</hi> &#x017F;ondern mu&#x0364;ßig &#x017F;eyn,<lb/>
darinnen &#x017F;ie verliegen wu&#x0364;rden, da ihnen doch<lb/>
bekannt &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, daß das Leben ohne<lb/>
Wu&#x0364;rk&#x017F;amkeit nicht glu&#x0364;cklich zu nennen &#x017F;ey.<lb/>
Das Engli&#x017F;che Leben be&#x017F;iehet in Ausu&#x0364;bung<lb/>
der Liebe und in dem Guten, daß &#x017F;ie bey &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;hret: Dann &#x017F;ie empfinden keine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit als die, daß &#x017F;ie die Gei&#x017F;ter die<lb/>
aus der Welt ankommen informiren und leh-<lb/>
ren; daß &#x017F;ie den Men&#x017F;chen dienen, und die<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e Gei&#x017F;ter bey ihnen regieren, damit &#x017F;ie nicht<lb/>
die Gra&#x0364;nzen u&#x0364;ber&#x017F;chreiten; und daß &#x017F;ie je-<lb/>
nen Gutes einflo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; ferner, daß &#x017F;ie die Tod-<lb/>
ten in das Leben der Ewigkeit auferwecken,<lb/>
und hernach, wann &#x017F;ie es ko&#x0364;nnen, daß die<lb/>
Seelen &#x017F;o be&#x017F;chaffen &#x017F;ind, in den Himmel<lb/>
einfu&#x0364;hren. Weßwegen &#x017F;ie &#x017F;ich viel glu&#x0364;cklicher<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzen, als man &#x017F;agen kann. So &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
Bilder des HErrn: &#x017F;o lieben &#x017F;ie den Na&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten mehr als &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t; deßwegen i&#x017F;t es der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Him-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0194] Von dem Himmel Einige haben einen ſo groben Begriff von dem Himmel, daß ſie meynen, es ſey nur eine Audienz, ja es ſey ein Zimmer, in wel- ches ſie durch eine Thuͤre, die eroͤffnet wer- de, eingelaſſen, und von denen, die dazu beſtellt ſind, hinein gefuͤhret werden. Einige meynen, er beſtehe in einem muͤß- ſigen Leben, worinn ſie von andern bedienet werden, man bedeutete ihnen aber, eine Gluͤck- ſeligkeit beſtehe nirgends darinnen, daß ſie ruhen, und daher Gluͤck haben. Ein ſolches Leben wuͤrde nicht activ, ſondern muͤßig ſeyn, darinnen ſie verliegen wuͤrden, da ihnen doch bekannt ſeyn koͤnnte, daß das Leben ohne Wuͤrkſamkeit nicht gluͤcklich zu nennen ſey. Das Engliſche Leben beſiehet in Ausuͤbung der Liebe und in dem Guten, daß ſie bey ſich fuͤhret: Dann ſie empfinden keine groͤſſere Gluͤckſeligkeit als die, daß ſie die Geiſter die aus der Welt ankommen informiren und leh- ren; daß ſie den Menſchen dienen, und die boͤſe Geiſter bey ihnen regieren, damit ſie nicht die Graͤnzen uͤberſchreiten; und daß ſie je- nen Gutes einfloͤſſen; ferner, daß ſie die Tod- ten in das Leben der Ewigkeit auferwecken, und hernach, wann ſie es koͤnnen, daß die Seelen ſo beſchaffen ſind, in den Himmel einfuͤhren. Weßwegen ſie ſich viel gluͤcklicher ſchaͤtzen, als man ſagen kann. So ſind ſie Bilder des HErrn: ſo lieben ſie den Naͤch- ſten mehr als ſich ſelbſt; deßwegen iſt es der Him-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776/194
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 4. Frankfurt (Main), 1776, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften04_1776/194>, abgerufen am 30.04.2024.