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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.

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Reflexiones über dieß Buch.
ihnen ihre scholastische Wissenschaften Mit-
tel, mehr toll als klug zu werden. Er führt
ein Gespräch mit einem Geist an, von der
analytischen Wissenschaft, und sagte, daß ein
Knab (nämlich der von dem groben Cörper
entbunden ist) in einer halben Stunde mehr
philosophisch, analytisch und logicalisch rede,
als ein Scholasticus durch ein ganzes Werk
hätte beschreiben können, weil alles, was zu
einem Gedanken, und folglich zur menschli-
chen Rede gehöre, analytisch oder zergliedernd
seyn muß, davon die Gesetze aus der geistli-
chen Welt sind. Hieraus folgt, daß, wenn
die Geister auch noch so geschwind begreiffen
und reden, dennoch alles folgende seine Ratio-
nem sufficientem
in dem vorhergehenden habe,
und daß das obere sey wie das untere, nach
JEsu Christi Grundsätzen, wer da hat, dem
wird gegeben, und daß, wie zuerst der Saa-
me, darnach das Gras, hernach der Halm,
und daraus erst die Figur der Frucht hervor-
wachse, so sey es in der Rede auch. Aber
daß, ob sie wohl wissen wie eins aus dem an-
dern gehe, weil sie die einförmige Ordnung in
allem erblicken, so daß, wer eines recht kennt,
die anderen alle kennt, so können sie doch nicht
alles aus analytischer Kunst denken, so wür-
den sie einem Tänzer gleich, der aus der Wis-
senschaft der Bewegungsfasern tanzen lernen
wollte. Es müßte nemlich die Ordnung und
Geschwindigkeit ihnen zur Gewohnheit und

Fer-

Reflexiones über dieß Buch.
ihnen ihre ſcholaſtiſche Wiſſenſchaften Mit-
tel, mehr toll als klug zu werden. Er führt
ein Geſpräch mit einem Geiſt an, von der
analytiſchen Wiſſenſchaft, und ſagte, daß ein
Knab (nämlich der von dem groben Cörper
entbunden iſt) in einer halben Stunde mehr
philoſophiſch, analytiſch und logicaliſch rede,
als ein Scholaſticus durch ein ganzes Werk
hätte beſchreiben können, weil alles, was zu
einem Gedanken, und folglich zur menſchli-
chen Rede gehöre, analytiſch oder zergliedernd
ſeyn muß, davon die Geſetze aus der geiſtli-
chen Welt ſind. Hieraus folgt, daß, wenn
die Geiſter auch noch ſo geſchwind begreiffen
und reden, dennoch alles folgende ſeine Ratio-
nem ſufficientem
in dem vorhergehenden habe,
und daß das obere ſey wie das untere, nach
JEſu Chriſti Grundſätzen, wer da hat, dem
wird gegeben, und daß, wie zuerſt der Saa-
me, darnach das Gras, hernach der Halm,
und daraus erſt die Figur der Frucht hervor-
wachſe, ſo ſey es in der Rede auch. Aber
daß, ob ſie wohl wiſſen wie eins aus dem an-
dern gehe, weil ſie die einförmige Ordnung in
allem erblicken, ſo daß, wer eines recht kennt,
die anderen alle kennt, ſo können ſie doch nicht
alles aus analytiſcher Kunſt denken, ſo wür-
den ſie einem Tänzer gleich, der aus der Wiſ-
ſenſchaft der Bewegungsfaſern tanzen lernen
wollte. Es müßte nemlich die Ordnung und
Geſchwindigkeit ihnen zur Gewohnheit und

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[298/0302] Reflexiones über dieß Buch. ihnen ihre ſcholaſtiſche Wiſſenſchaften Mit- tel, mehr toll als klug zu werden. Er führt ein Geſpräch mit einem Geiſt an, von der analytiſchen Wiſſenſchaft, und ſagte, daß ein Knab (nämlich der von dem groben Cörper entbunden iſt) in einer halben Stunde mehr philoſophiſch, analytiſch und logicaliſch rede, als ein Scholaſticus durch ein ganzes Werk hätte beſchreiben können, weil alles, was zu einem Gedanken, und folglich zur menſchli- chen Rede gehöre, analytiſch oder zergliedernd ſeyn muß, davon die Geſetze aus der geiſtli- chen Welt ſind. Hieraus folgt, daß, wenn die Geiſter auch noch ſo geſchwind begreiffen und reden, dennoch alles folgende ſeine Ratio- nem ſufficientem in dem vorhergehenden habe, und daß das obere ſey wie das untere, nach JEſu Chriſti Grundſätzen, wer da hat, dem wird gegeben, und daß, wie zuerſt der Saa- me, darnach das Gras, hernach der Halm, und daraus erſt die Figur der Frucht hervor- wachſe, ſo ſey es in der Rede auch. Aber daß, ob ſie wohl wiſſen wie eins aus dem an- dern gehe, weil ſie die einförmige Ordnung in allem erblicken, ſo daß, wer eines recht kennt, die anderen alle kennt, ſo können ſie doch nicht alles aus analytiſcher Kunſt denken, ſo wür- den ſie einem Tänzer gleich, der aus der Wiſ- ſenſchaft der Bewegungsfaſern tanzen lernen wollte. Es müßte nemlich die Ordnung und Geſchwindigkeit ihnen zur Gewohnheit und Fer-

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Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/302>, abgerufen am 07.05.2024.