Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Reflexiones über dieß Buch.
ist es keine Sprache. Es muß wenigst eine
transmissio virium immateriatarum, davon
Baco de Verulamio schreibt, dabey seyn. Es
sind Atmosphären, die aus jedem Geist aus-
fliessen aus der Würksamkeit der Neigungen
und aus dem Leben selbst. Die Engel haben
nach Paulo auch eine Sprache, und Paulus
hörte Worte, die der Mensch hier nicht aus-
sprechen kann: also sind die Zeichen des An-
gesichts nicht genug, sondern es müssen Wor-
te dabey seyn. Ja bey uns selbst könnte
kein Mensch ohne Sprache Gedanken haben;
bey der Sprache müssen Universal-Concepte
von Arten und Geschlechtern der Dinge seyn.
Darüber hat Wolf schön geschrieben: den-
ken kann niemand ohne mit sich selbst im Ge-
müth zu reden. Demnach sollte Sweden-
borg noch deutlicher ausgeführt haben, wie
man ohne Sprache denken könne. Spricht
man: die Liebe brauche keine viele Worte:
aber eine Liebe ohne Sprache wäre auch kei-
ne Liebe, es muß bey der Liebe eine Commu-
nication seyn, dardurch ich die Bilder, die
ich in der Seele trage und mit Zeichen abbil-
de, in dem andern erwecke.

Die Zeichen hören nicht auf, so lang noch
das Stückwerk in jener Welt dauret: denn
bis Christus sich an den auferstandenen Lei-
bern offenbart, dauret das Stückwerk, her-
nach kommt erst das Vollkommene, und dieß

je

Reflexiones über dieß Buch.
iſt es keine Sprache. Es muß wenigſt eine
transmiſſio virium immateriatarum, davon
Baco de Verulamio ſchreibt, dabey ſeyn. Es
ſind Atmoſphären, die aus jedem Geiſt aus-
flieſſen aus der Würkſamkeit der Neigungen
und aus dem Leben ſelbſt. Die Engel haben
nach Paulo auch eine Sprache, und Paulus
hörte Worte, die der Menſch hier nicht aus-
ſprechen kann: alſo ſind die Zeichen des An-
geſichts nicht genug, ſondern es müſſen Wor-
te dabey ſeyn. Ja bey uns ſelbſt könnte
kein Menſch ohne Sprache Gedanken haben;
bey der Sprache müſſen Univerſal-Concepte
von Arten und Geſchlechtern der Dinge ſeyn.
Darüber hat Wolf ſchön geſchrieben: den-
ken kann niemand ohne mit ſich ſelbſt im Ge-
müth zu reden. Demnach ſollte Sweden-
borg noch deutlicher ausgeführt haben, wie
man ohne Sprache denken könne. Spricht
man: die Liebe brauche keine viele Worte:
aber eine Liebe ohne Sprache wäre auch kei-
ne Liebe, es muß bey der Liebe eine Commu-
nication ſeyn, dardurch ich die Bilder, die
ich in der Seele trage und mit Zeichen abbil-
de, in dem andern erwecke.

Die Zeichen hören nicht auf, ſo lang noch
das Stückwerk in jener Welt dauret: denn
bis Chriſtus ſich an den auferſtandenen Lei-
bern offenbart, dauret das Stückwerk, her-
nach kommt erſt das Vollkommene, und dieß

je
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0300" n="296"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Reflexiones über dieß Buch.</hi></fw><lb/>
i&#x017F;t es keine Sprache. Es muß wenig&#x017F;t eine<lb/><hi rendition="#aq">transmi&#x017F;&#x017F;io virium immateriatarum,</hi> davon<lb/><hi rendition="#aq">Baco de Verulamio</hi> &#x017F;chreibt, dabey &#x017F;eyn. Es<lb/>
&#x017F;ind Atmo&#x017F;phären, die aus jedem Gei&#x017F;t aus-<lb/>
flie&#x017F;&#x017F;en aus der Würk&#x017F;amkeit der Neigungen<lb/>
und aus dem Leben &#x017F;elb&#x017F;t. Die Engel haben<lb/>
nach Paulo auch eine Sprache, und Paulus<lb/>
hörte Worte, die der Men&#x017F;ch hier nicht aus-<lb/>
&#x017F;prechen kann: al&#x017F;o &#x017F;ind die Zeichen des An-<lb/>
ge&#x017F;ichts nicht genug, &#x017F;ondern es mü&#x017F;&#x017F;en Wor-<lb/>
te dabey &#x017F;eyn. Ja bey uns &#x017F;elb&#x017F;t könnte<lb/>
kein Men&#x017F;ch ohne Sprache Gedanken haben;<lb/>
bey der Sprache mü&#x017F;&#x017F;en Univer&#x017F;al-Concepte<lb/>
von Arten und Ge&#x017F;chlechtern der Dinge &#x017F;eyn.<lb/>
Darüber hat Wolf &#x017F;chön ge&#x017F;chrieben: den-<lb/>
ken kann niemand ohne mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t im Ge-<lb/>
müth zu reden. Demnach &#x017F;ollte Sweden-<lb/>
borg noch deutlicher ausgeführt haben, wie<lb/>
man ohne Sprache denken könne. Spricht<lb/>
man: die Liebe brauche keine viele Worte:<lb/>
aber eine Liebe ohne Sprache wäre auch kei-<lb/>
ne Liebe, es muß bey der Liebe eine Commu-<lb/>
nication &#x017F;eyn, dardurch ich die Bilder, die<lb/>
ich in der Seele trage und mit Zeichen abbil-<lb/>
de, in dem andern erwecke.</p><lb/>
            <p>Die Zeichen hören nicht auf, &#x017F;o lang noch<lb/>
das Stückwerk in jener Welt dauret: denn<lb/>
bis Chri&#x017F;tus &#x017F;ich an den aufer&#x017F;tandenen Lei-<lb/>
bern offenbart, dauret das Stückwerk, her-<lb/>
nach kommt er&#x017F;t das Vollkommene, und dieß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">je</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0300] Reflexiones über dieß Buch. iſt es keine Sprache. Es muß wenigſt eine transmiſſio virium immateriatarum, davon Baco de Verulamio ſchreibt, dabey ſeyn. Es ſind Atmoſphären, die aus jedem Geiſt aus- flieſſen aus der Würkſamkeit der Neigungen und aus dem Leben ſelbſt. Die Engel haben nach Paulo auch eine Sprache, und Paulus hörte Worte, die der Menſch hier nicht aus- ſprechen kann: alſo ſind die Zeichen des An- geſichts nicht genug, ſondern es müſſen Wor- te dabey ſeyn. Ja bey uns ſelbſt könnte kein Menſch ohne Sprache Gedanken haben; bey der Sprache müſſen Univerſal-Concepte von Arten und Geſchlechtern der Dinge ſeyn. Darüber hat Wolf ſchön geſchrieben: den- ken kann niemand ohne mit ſich ſelbſt im Ge- müth zu reden. Demnach ſollte Sweden- borg noch deutlicher ausgeführt haben, wie man ohne Sprache denken könne. Spricht man: die Liebe brauche keine viele Worte: aber eine Liebe ohne Sprache wäre auch kei- ne Liebe, es muß bey der Liebe eine Commu- nication ſeyn, dardurch ich die Bilder, die ich in der Seele trage und mit Zeichen abbil- de, in dem andern erwecke. Die Zeichen hören nicht auf, ſo lang noch das Stückwerk in jener Welt dauret: denn bis Chriſtus ſich an den auferſtandenen Lei- bern offenbart, dauret das Stückwerk, her- nach kommt erſt das Vollkommene, und dieß je

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/300
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/300>, abgerufen am 17.05.2024.