Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
Reflexiones über dieß Buch.

Ein sehr wichtiger Punct von der Spra-
che
der Menschen und Geister ist da zu le-
sen, darüber solle billig der, welcher Wissen-
schaft liebet, nachdenken. Swedenborg sagt:
er sey von den Engeln belehrt worden, daß
die allererste Sprache auf einer jeden Erde
die Sprache durch das Angesicht gewesen:
die Ursache, daß dergleichen Sprache die er-
ste gewesen, sey, weil das Angesicht das,
was der Mensch denkt, abzubilden gestaltet
ist: Ferner weil in den ältesten Zeiten alles
aufrichtig gewesen, und der Mensch nichts
anders gedacht, als was er haben wollte, daß
man es aus seinem Angesicht sehe. Dieß
ist auch der Grund eines englischen Buchs
von dem Aeussern der Rede. Ferner sagt er:
die Wörtersprache habe den Aeltesten nicht
bekannt seyn können, weil die Wörter in
der Sprache nicht unmittelbar eingegeben
seyen, sondern erst mußten den Sachen bey-
gelegt werden. Nun, geneigter Leser, dieß
ist eine sehr metaphysische Aufgabe. Soll
man Grund geben, so denke ich so. Wahr
ist, daß es eine Sprache giebt, welche aus
dem Grund der innern Seelenkräften aus-
fließt, wie bey Adam in der ersten Unschuld:
aber dieselbe Sprache war nicht ohne Wor-
te und Zeichen. Wenn es eine Sprache
giebt blos durch das Angesicht und Züge der
Muskeln; so muß etwas dabey seyn, das
in die Seele des andern sich imprimirt, sonst

ist
T 4
Reflexiones über dieß Buch.

Ein ſehr wichtiger Punct von der Spra-
che
der Menſchen und Geiſter iſt da zu le-
ſen, darüber ſolle billig der, welcher Wiſſen-
ſchaft liebet, nachdenken. Swedenborg ſagt:
er ſey von den Engeln belehrt worden, daß
die allererſte Sprache auf einer jeden Erde
die Sprache durch das Angeſicht geweſen:
die Urſache, daß dergleichen Sprache die er-
ſte geweſen, ſey, weil das Angeſicht das,
was der Menſch denkt, abzubilden geſtaltet
iſt: Ferner weil in den älteſten Zeiten alles
aufrichtig geweſen, und der Menſch nichts
anders gedacht, als was er haben wollte, daß
man es aus ſeinem Angeſicht ſehe. Dieß
iſt auch der Grund eines engliſchen Buchs
von dem Aeuſſern der Rede. Ferner ſagt er:
die Wörterſprache habe den Aelteſten nicht
bekannt ſeyn können, weil die Wörter in
der Sprache nicht unmittelbar eingegeben
ſeyen, ſondern erſt mußten den Sachen bey-
gelegt werden. Nun, geneigter Leſer, dieß
iſt eine ſehr metaphyſiſche Aufgabe. Soll
man Grund geben, ſo denke ich ſo. Wahr
iſt, daß es eine Sprache giebt, welche aus
dem Grund der innern Seelenkräften aus-
fließt, wie bey Adam in der erſten Unſchuld:
aber dieſelbe Sprache war nicht ohne Wor-
te und Zeichen. Wenn es eine Sprache
giebt blos durch das Angeſicht und Züge der
Muskeln; ſo muß etwas dabey ſeyn, das
in die Seele des andern ſich imprimirt, ſonſt

iſt
T 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0299" n="295"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Reflexiones über dieß Buch.</hi> </fw><lb/>
            <p>Ein &#x017F;ehr wichtiger Punct von der <hi rendition="#fr">Spra-<lb/>
che</hi> der Men&#x017F;chen und Gei&#x017F;ter i&#x017F;t da zu le-<lb/>
&#x017F;en, darüber &#x017F;olle billig der, welcher Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft liebet, nachdenken. Swedenborg &#x017F;agt:<lb/>
er &#x017F;ey von den Engeln belehrt worden, daß<lb/>
die allerer&#x017F;te Sprache auf einer jeden Erde<lb/>
die Sprache durch das Ange&#x017F;icht gewe&#x017F;en:<lb/>
die Ur&#x017F;ache, daß dergleichen Sprache die er-<lb/>
&#x017F;te gewe&#x017F;en, &#x017F;ey, weil das Ange&#x017F;icht das,<lb/>
was der Men&#x017F;ch denkt, abzubilden ge&#x017F;taltet<lb/>
i&#x017F;t: Ferner weil in den älte&#x017F;ten Zeiten alles<lb/>
aufrichtig gewe&#x017F;en, und der Men&#x017F;ch nichts<lb/>
anders gedacht, als was er haben wollte, daß<lb/>
man es aus &#x017F;einem Ange&#x017F;icht &#x017F;ehe. Dieß<lb/>
i&#x017F;t auch der Grund eines engli&#x017F;chen Buchs<lb/>
von dem Aeu&#x017F;&#x017F;ern der Rede. Ferner &#x017F;agt er:<lb/>
die Wörter&#x017F;prache habe den Aelte&#x017F;ten nicht<lb/>
bekannt &#x017F;eyn können, weil die Wörter in<lb/>
der Sprache nicht unmittelbar eingegeben<lb/>
&#x017F;eyen, &#x017F;ondern er&#x017F;t mußten den Sachen bey-<lb/>
gelegt werden. Nun, geneigter Le&#x017F;er, dieß<lb/>
i&#x017F;t eine &#x017F;ehr metaphy&#x017F;i&#x017F;che Aufgabe. Soll<lb/>
man Grund geben, &#x017F;o denke ich &#x017F;o. Wahr<lb/>
i&#x017F;t, daß es eine Sprache giebt, welche aus<lb/>
dem Grund der innern Seelenkräften aus-<lb/>
fließt, wie bey Adam in der er&#x017F;ten Un&#x017F;chuld:<lb/>
aber die&#x017F;elbe Sprache war nicht ohne Wor-<lb/>
te und Zeichen. Wenn es eine Sprache<lb/>
giebt blos durch das Ange&#x017F;icht und Züge der<lb/>
Muskeln; &#x017F;o muß etwas dabey &#x017F;eyn, das<lb/>
in die Seele des andern &#x017F;ich imprimirt, &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 4</fw><fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0299] Reflexiones über dieß Buch. Ein ſehr wichtiger Punct von der Spra- che der Menſchen und Geiſter iſt da zu le- ſen, darüber ſolle billig der, welcher Wiſſen- ſchaft liebet, nachdenken. Swedenborg ſagt: er ſey von den Engeln belehrt worden, daß die allererſte Sprache auf einer jeden Erde die Sprache durch das Angeſicht geweſen: die Urſache, daß dergleichen Sprache die er- ſte geweſen, ſey, weil das Angeſicht das, was der Menſch denkt, abzubilden geſtaltet iſt: Ferner weil in den älteſten Zeiten alles aufrichtig geweſen, und der Menſch nichts anders gedacht, als was er haben wollte, daß man es aus ſeinem Angeſicht ſehe. Dieß iſt auch der Grund eines engliſchen Buchs von dem Aeuſſern der Rede. Ferner ſagt er: die Wörterſprache habe den Aelteſten nicht bekannt ſeyn können, weil die Wörter in der Sprache nicht unmittelbar eingegeben ſeyen, ſondern erſt mußten den Sachen bey- gelegt werden. Nun, geneigter Leſer, dieß iſt eine ſehr metaphyſiſche Aufgabe. Soll man Grund geben, ſo denke ich ſo. Wahr iſt, daß es eine Sprache giebt, welche aus dem Grund der innern Seelenkräften aus- fließt, wie bey Adam in der erſten Unſchuld: aber dieſelbe Sprache war nicht ohne Wor- te und Zeichen. Wenn es eine Sprache giebt blos durch das Angeſicht und Züge der Muskeln; ſo muß etwas dabey ſeyn, das in die Seele des andern ſich imprimirt, ſonſt iſt T 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/299
Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/299>, abgerufen am 17.05.2024.