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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Moralische Oden.

Möcht ich oft in Elend weinen,
Muse! gleich hebt dein Erscheinen,
Bey der vollen Tasse Thee,
Das Gemüth zu seiner Höh.

Die ihr von dem Wein erhitzet,
Auf die Wassertrinker schmählt,
Und das Haupt mit Säulen stützet,
Weil ihm die Vernunft noch fehlt;
Die ihr schwindelnd nur gestehet,
Daß sich unser Erdball drehet,
Und Copernicks Satz erfahrt,
Seyd nur immer hochgelahrt!
Wißt! es bringt der Thee mich nimmer
Um die halbe Menschlichkeit;
Täglich ist in meinem Zimmer
Jhm ein Opfertisch bereit,
Der Chineser schickt mir Schalen,
Mein Gelübde zu bezahlen,
Aus der neuentdeckten Welt
Wird mir Räuchwerk zugestellt.
Winket, nach vergnügten Träumen,
Früh der Morgenröthe Hand,
Meine Lagerstatt zu räumen,
Wo ich mich erst wiederfand,
O! da eil ich denn geschwinde,
Bis ich Kohlen glüend finde,
Wo mein feuchtes Element
Wallend durcheinander rennt.
Jch
O 5

Moraliſche Oden.

Moͤcht ich oft in Elend weinen,
Muſe! gleich hebt dein Erſcheinen,
Bey der vollen Taſſe Thee,
Das Gemuͤth zu ſeiner Hoͤh.

Die ihr von dem Wein erhitzet,
Auf die Waſſertrinker ſchmaͤhlt,
Und das Haupt mit Saͤulen ſtuͤtzet,
Weil ihm die Vernunft noch fehlt;
Die ihr ſchwindelnd nur geſtehet,
Daß ſich unſer Erdball drehet,
Und Copernicks Satz erfahrt,
Seyd nur immer hochgelahrt!
Wißt! es bringt der Thee mich nimmer
Um die halbe Menſchlichkeit;
Taͤglich iſt in meinem Zimmer
Jhm ein Opfertiſch bereit,
Der Chineſer ſchickt mir Schalen,
Mein Geluͤbde zu bezahlen,
Aus der neuentdeckten Welt
Wird mir Raͤuchwerk zugeſtellt.
Winket, nach vergnuͤgten Traͤumen,
Fruͤh der Morgenroͤthe Hand,
Meine Lagerſtatt zu raͤumen,
Wo ich mich erſt wiederfand,
O! da eil ich denn geſchwinde,
Bis ich Kohlen gluͤend finde,
Wo mein feuchtes Element
Wallend durcheinander rennt.
Jch
O 5
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[217/0237] Moraliſche Oden. Moͤcht ich oft in Elend weinen, Muſe! gleich hebt dein Erſcheinen, Bey der vollen Taſſe Thee, Das Gemuͤth zu ſeiner Hoͤh. Die ihr von dem Wein erhitzet, Auf die Waſſertrinker ſchmaͤhlt, Und das Haupt mit Saͤulen ſtuͤtzet, Weil ihm die Vernunft noch fehlt; Die ihr ſchwindelnd nur geſtehet, Daß ſich unſer Erdball drehet, Und Copernicks Satz erfahrt, Seyd nur immer hochgelahrt! Wißt! es bringt der Thee mich nimmer Um die halbe Menſchlichkeit; Taͤglich iſt in meinem Zimmer Jhm ein Opfertiſch bereit, Der Chineſer ſchickt mir Schalen, Mein Geluͤbde zu bezahlen, Aus der neuentdeckten Welt Wird mir Raͤuchwerk zugeſtellt. Winket, nach vergnuͤgten Traͤumen, Fruͤh der Morgenroͤthe Hand, Meine Lagerſtatt zu raͤumen, Wo ich mich erſt wiederfand, O! da eil ich denn geſchwinde, Bis ich Kohlen gluͤend finde, Wo mein feuchtes Element Wallend durcheinander rennt. Jch O 5

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/237>, abgerufen am 01.05.2024.