Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]

Ari
so gegründet gewesen seyn, wie noch itzt im Carne-
val unter der Maske manches erlaubt ist, das sonst
nicht würde geduldet werden. Lucianus sagt aus-
drüklich, daß die Spöttereyen einen Theil der Feste
(*) Lac. in
den Fi-
schern.
des Bacchus ausgemacht haben. (*) Für diese Feste
aber waren die Comödien bestimmt. Dieses scheinet
noch dadurch bestätiget zu werden, daß nachher die
Form der alten Comödie durch ein förmliches Gesetz
ist aufgehoben worden.

Arithmetische Theilung.
(Musik.)

Die ältern Tonlehrer sprechen vielfältig von der
arithmetischen und von der harmonischen Theilung
der Jntervallen; deswegen bedürfen diese Wörter
einer Erklärung, und um so viel mehr, da sie itzt
anfangen, aus der Mode zu kommen.

Es ist natürlich zu vermuthen, daß die größern
Jntervallen in der Musik eher bekannt gewesen
sind, als die kleinen, und daß die Octave eher, als
die Quinte, diese eher als die Terz |bekannt gewe-
sen sey. Die Alten versuchten zwischen die Töne,
welche ein größeres Jntervall ausmachen, noch ei-
nen oder mehr Töne hinein zusetzen, und dieses
thaten sie auf zweyerley Weise; daher denn die
arithmetische und die harmonische Theilung der Jn-
tervallen entstanden ist.

Dieses zu verstehen, muß man sich die Län-
ge der Sayten, deren Töne ein Jntervall aus-
machen, in Zahlen vorstellen. Zwey Sayten, eine
60 Theile (z. E. Zolle) lang, die andre dreyßig, ge-
(*) S. Har-
monie.
ben, wie bekannt, das Jntervall einer Octave. (*)
Will man zwischen diese beyden Töne noch einen in
die Mitte setzen, so muß zwischen beyden Sayten
von 60 und von 30 Theilen, eine angenommen
werden, deren Länge mitten zwischen 60 nnd 30
fällt. Diese wird arithmetisch bestimmt, wenn die
Zahl das arithmetische Mittel hält, das ist, wenn
sie um eben so viel Theile von 60 als von 30 ab-
steht, oder wenn sie 45 Theile hat. Will man
aber das Jntervall harmonisch ausfüllen, so muß
(*) S. Har-
monisch.
die mittlere Zahl das harmonische Mittel seyn, (*)
nämlich 40.

Demnach stellen die drey Zahlen, 60, 45, 30,
eine Octave vor, die arithmetisch getheilt ist, und
die Zahlen, 60, 40, 30, eine harmonisch getheilte
Octave. Jm ersten Fall ist das Jntervall, 60:
45 oder 4:3 eine Quarte: das andre 45:30 oder
[Spaltenumbruch]

Ari Att
3:2 eine Quinte; im andern Fall ist 60:40 oder
3:2 eine Quinte, und 40:30 oder 4:3 eine Quar-
te. Daher sagte man, die Octave C-c werde durch
die Quarte F arithmetisch, und durch die Quinte
G harmonisch getheilt, und die arithmetische Thei-
lung der Octave gebe die Quarte unten C-F und
die Quinte oben F-c, die harmonische aber gebe
diese Jntervalle umgekehrt; erst die Quinte C-G
und denn die Quarte G-c.

Auf diese doppelte Weise pflegte man ehedem
alle größeren Jntervalle auszufüllen. Die Quinte
60:40. arithmetisch getheilt, giebt 60:50:40.
oder die kleinere Terz 5/6 unten, und die größere 4/5
oben; hingegen harmonisch getheilt giebt sie 60:
48:40. die größere Terz 4/5 unten, und die kleinere
5/6 oben.

Auf eben diese Art kann man auch den Raum
der Octave durch zwey neue Töne ausfüllen, so
wol arithmetisch, als harmonisch. Jm ersten Fall
bekömmt man 60:50:40:30; oder die kleine Terz,
5/6 , die Quinte oder 2/3 und die Oetanve 60:30
oder 1/2; im andern Fall aber 60:48:40:30.
oder die große Terz 60:48 oder 4/5 , die Quinte 60:
40 oder 2/3 und die Octave. Hieraus entstund die
Anmerkung, daß die arithmetische Theilung der
Octave durch zwey Töne die weiche oder kleine Ton-
art, die harmonische aber, die harte oder große
Tonart, angebe.

Da die Quinte ein vollkommeners Jntervall
ist, als die Quarte, die größere Terz vollkommener,
als die kleinere, so haben die ältern Tonlehrer über-
haupt gesagt: die harmonische Theilung sey für die
Musik besser, als die arithmetische.

Da überhaupt diese Art, sich den Ursprung der
Jntervalle vorzustellen, von den Neuern selten ge-
braucht wird, so hat diese Erklärung itzt weiter
nichts mehr auf sich, als daß man dadurch die Spra-
che der ältern Tonlehrer verstehen lernt.

Attike.
(Baukunst.)

Ein niedriges oder halbes Stokwerk auf einem gan-
zen oder höhern, nach der ehemaligen Bauart in
Athen.

Jn der heutigen Baukunst kommen zweyerley
Attiken vor. Man macht sie entweder über dem
Hauptgesims, so daß sie mehr zu dem Dache, als
zu dem eigentlichen Körper des Gebäudes gehören,

oder

[Spaltenumbruch]

Ari
ſo gegruͤndet geweſen ſeyn, wie noch itzt im Carne-
val unter der Maske manches erlaubt iſt, das ſonſt
nicht wuͤrde geduldet werden. Lucianus ſagt aus-
druͤklich, daß die Spoͤttereyen einen Theil der Feſte
(*) Lac. in
den Fi-
ſchern.
des Bacchus ausgemacht haben. (*) Fuͤr dieſe Feſte
aber waren die Comoͤdien beſtimmt. Dieſes ſcheinet
noch dadurch beſtaͤtiget zu werden, daß nachher die
Form der alten Comoͤdie durch ein foͤrmliches Geſetz
iſt aufgehoben worden.

Arithmetiſche Theilung.
(Muſik.)

Die aͤltern Tonlehrer ſprechen vielfaͤltig von der
arithmetiſchen und von der harmoniſchen Theilung
der Jntervallen; deswegen beduͤrfen dieſe Woͤrter
einer Erklaͤrung, und um ſo viel mehr, da ſie itzt
anfangen, aus der Mode zu kommen.

Es iſt natuͤrlich zu vermuthen, daß die groͤßern
Jntervallen in der Muſik eher bekannt geweſen
ſind, als die kleinen, und daß die Octave eher, als
die Quinte, dieſe eher als die Terz |bekannt gewe-
ſen ſey. Die Alten verſuchten zwiſchen die Toͤne,
welche ein groͤßeres Jntervall ausmachen, noch ei-
nen oder mehr Toͤne hinein zuſetzen, und dieſes
thaten ſie auf zweyerley Weiſe; daher denn die
arithmetiſche und die harmoniſche Theilung der Jn-
tervallen entſtanden iſt.

Dieſes zu verſtehen, muß man ſich die Laͤn-
ge der Sayten, deren Toͤne ein Jntervall aus-
machen, in Zahlen vorſtellen. Zwey Sayten, eine
60 Theile (z. E. Zolle) lang, die andre dreyßig, ge-
(*) S. Har-
monie.
ben, wie bekannt, das Jntervall einer Octave. (*)
Will man zwiſchen dieſe beyden Toͤne noch einen in
die Mitte ſetzen, ſo muß zwiſchen beyden Sayten
von 60 und von 30 Theilen, eine angenommen
werden, deren Laͤnge mitten zwiſchen 60 nnd 30
faͤllt. Dieſe wird arithmetiſch beſtimmt, wenn die
Zahl das arithmetiſche Mittel haͤlt, das iſt, wenn
ſie um eben ſo viel Theile von 60 als von 30 ab-
ſteht, oder wenn ſie 45 Theile hat. Will man
aber das Jntervall harmoniſch ausfuͤllen, ſo muß
(*) S. Har-
moniſch.
die mittlere Zahl das harmoniſche Mittel ſeyn, (*)
naͤmlich 40.

Demnach ſtellen die drey Zahlen, 60, 45, 30,
eine Octave vor, die arithmetiſch getheilt iſt, und
die Zahlen, 60, 40, 30, eine harmoniſch getheilte
Octave. Jm erſten Fall iſt das Jntervall, 60:
45 oder 4:3 eine Quarte: das andre 45:30 oder
[Spaltenumbruch]

Ari Att
3:2 eine Quinte; im andern Fall iſt 60:40 oder
3:2 eine Quinte, und 40:30 oder 4:3 eine Quar-
te. Daher ſagte man, die Octave C-c werde durch
die Quarte F arithmetiſch, und durch die Quinte
G harmoniſch getheilt, und die arithmetiſche Thei-
lung der Octave gebe die Quarte unten C-F und
die Quinte oben F-c, die harmoniſche aber gebe
dieſe Jntervalle umgekehrt; erſt die Quinte C-G
und denn die Quarte G-c.

Auf dieſe doppelte Weiſe pflegte man ehedem
alle groͤßeren Jntervalle auszufuͤllen. Die Quinte
60:40. arithmetiſch getheilt, giebt 60:50:40.
oder die kleinere Terz ⅚ unten, und die groͤßere ⅘
oben; hingegen harmoniſch getheilt giebt ſie 60:
48:40. die groͤßere Terz ⅘ unten, und die kleinere
⅚ oben.

Auf eben dieſe Art kann man auch den Raum
der Octave durch zwey neue Toͤne ausfuͤllen, ſo
wol arithmetiſch, als harmoniſch. Jm erſten Fall
bekoͤmmt man 60:50:40:30; oder die kleine Terz,
⅚, die Quinte oder ⅔ und die Oetāve 60:30
oder ½; im andern Fall aber 60:48:40:30.
oder die große Terz 60:48 oder ⅘, die Quinte 60:
40 oder ⅔ und die Octave. Hieraus entſtund die
Anmerkung, daß die arithmetiſche Theilung der
Octave durch zwey Toͤne die weiche oder kleine Ton-
art, die harmoniſche aber, die harte oder große
Tonart, angebe.

Da die Quinte ein vollkommeners Jntervall
iſt, als die Quarte, die groͤßere Terz vollkommener,
als die kleinere, ſo haben die aͤltern Tonlehrer uͤber-
haupt geſagt: die harmoniſche Theilung ſey fuͤr die
Muſik beſſer, als die arithmetiſche.

Da uͤberhaupt dieſe Art, ſich den Urſprung der
Jntervalle vorzuſtellen, von den Neuern ſelten ge-
braucht wird, ſo hat dieſe Erklaͤrung itzt weiter
nichts mehr auf ſich, als daß man dadurch die Spra-
che der aͤltern Tonlehrer verſtehen lernt.

Attike.
(Baukunſt.)

Ein niedriges oder halbes Stokwerk auf einem gan-
zen oder hoͤhern, nach der ehemaligen Bauart in
Athen.

Jn der heutigen Baukunſt kommen zweyerley
Attiken vor. Man macht ſie entweder uͤber dem
Hauptgeſims, ſo daß ſie mehr zu dem Dache, als
zu dem eigentlichen Koͤrper des Gebaͤudes gehoͤren,

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0094" n="82"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ari</hi></fw><lb/>
&#x017F;o gegru&#x0364;ndet gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, wie noch itzt im Carne-<lb/>
val unter der Maske manches erlaubt i&#x017F;t, das &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
nicht wu&#x0364;rde geduldet werden. <hi rendition="#fr">Lucianus</hi> &#x017F;agt aus-<lb/>
dru&#x0364;klich, daß die Spo&#x0364;ttereyen einen Theil der Fe&#x017F;te<lb/><note place="left">(*) <hi rendition="#aq">Lac.</hi> in<lb/>
den Fi-<lb/>
&#x017F;chern.</note>des Bacchus ausgemacht haben. (*) Fu&#x0364;r die&#x017F;e Fe&#x017F;te<lb/>
aber waren die Como&#x0364;dien be&#x017F;timmt. Die&#x017F;es &#x017F;cheinet<lb/>
noch dadurch be&#x017F;ta&#x0364;tiget zu werden, daß nachher die<lb/>
Form der alten Como&#x0364;die durch ein fo&#x0364;rmliches Ge&#x017F;etz<lb/>
i&#x017F;t aufgehoben worden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Arithmeti&#x017F;che Theilung.<lb/>
(Mu&#x017F;ik.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie a&#x0364;ltern Tonlehrer &#x017F;prechen vielfa&#x0364;ltig von der<lb/>
arithmeti&#x017F;chen und von der harmoni&#x017F;chen Theilung<lb/>
der Jntervallen; deswegen bedu&#x0364;rfen die&#x017F;e Wo&#x0364;rter<lb/>
einer Erkla&#x0364;rung, und um &#x017F;o viel mehr, da &#x017F;ie itzt<lb/>
anfangen, aus der Mode zu kommen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t natu&#x0364;rlich zu vermuthen, daß die gro&#x0364;ßern<lb/>
Jntervallen in der Mu&#x017F;ik eher bekannt gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ind, als die kleinen, und daß die Octave eher, als<lb/>
die Quinte, die&#x017F;e eher als die Terz |bekannt gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ey. Die Alten ver&#x017F;uchten zwi&#x017F;chen die To&#x0364;ne,<lb/>
welche ein gro&#x0364;ßeres Jntervall ausmachen, noch ei-<lb/>
nen oder mehr To&#x0364;ne hinein zu&#x017F;etzen, und die&#x017F;es<lb/>
thaten &#x017F;ie auf zweyerley Wei&#x017F;e; daher denn die<lb/>
arithmeti&#x017F;che und die harmoni&#x017F;che Theilung der Jn-<lb/>
tervallen ent&#x017F;tanden i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es zu ver&#x017F;tehen, muß man &#x017F;ich die La&#x0364;n-<lb/>
ge der Sayten, deren To&#x0364;ne ein Jntervall aus-<lb/>
machen, in Zahlen vor&#x017F;tellen. Zwey Sayten, eine<lb/>
60 Theile (z. E. Zolle) lang, die andre dreyßig, ge-<lb/><note place="left">(*) S. Har-<lb/>
monie.</note>ben, wie bekannt, das Jntervall einer Octave. (*)<lb/>
Will man zwi&#x017F;chen die&#x017F;e beyden To&#x0364;ne noch einen in<lb/>
die Mitte &#x017F;etzen, &#x017F;o muß zwi&#x017F;chen beyden Sayten<lb/>
von 60 und von 30 Theilen, eine angenommen<lb/>
werden, deren La&#x0364;nge mitten zwi&#x017F;chen 60 nnd 30<lb/>
fa&#x0364;llt. Die&#x017F;e wird arithmeti&#x017F;ch be&#x017F;timmt, wenn die<lb/>
Zahl das arithmeti&#x017F;che Mittel ha&#x0364;lt, das i&#x017F;t, wenn<lb/>
&#x017F;ie um eben &#x017F;o viel Theile von 60 als von 30 ab-<lb/>
&#x017F;teht, oder wenn &#x017F;ie 45 Theile hat. Will man<lb/>
aber das Jntervall harmoni&#x017F;ch ausfu&#x0364;llen, &#x017F;o muß<lb/><note place="left">(*) S. Har-<lb/>
moni&#x017F;ch.</note>die mittlere Zahl das harmoni&#x017F;che Mittel &#x017F;eyn, (*)<lb/>
na&#x0364;mlich 40.</p><lb/>
          <p>Demnach &#x017F;tellen die drey Zahlen, 60, 45, 30,<lb/>
eine Octave vor, die arithmeti&#x017F;ch getheilt i&#x017F;t, und<lb/>
die Zahlen, 60, 40, 30, eine harmoni&#x017F;ch getheilte<lb/>
Octave. Jm er&#x017F;ten Fall i&#x017F;t das Jntervall, 60:<lb/>
45 oder 4:3 eine Quarte: das andre 45:30 oder<lb/><cb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ari Att</hi></fw><lb/>
3:2 eine Quinte; im andern Fall i&#x017F;t 60:40 oder<lb/>
3:2 eine Quinte, und 40:30 oder 4:3 eine Quar-<lb/>
te. Daher &#x017F;agte man, die Octave <hi rendition="#aq">C-c</hi> werde durch<lb/>
die Quarte <hi rendition="#aq">F</hi> arithmeti&#x017F;ch, und durch die Quinte<lb/><hi rendition="#aq">G</hi> harmoni&#x017F;ch getheilt, und die arithmeti&#x017F;che Thei-<lb/>
lung der Octave gebe die Quarte unten <hi rendition="#aq">C-F</hi> und<lb/>
die Quinte oben <hi rendition="#aq">F-c,</hi> die harmoni&#x017F;che aber gebe<lb/>
die&#x017F;e Jntervalle umgekehrt; er&#x017F;t die Quinte <hi rendition="#aq">C-G</hi><lb/>
und denn die Quarte <hi rendition="#aq">G-c.</hi></p><lb/>
          <p>Auf die&#x017F;e doppelte Wei&#x017F;e pflegte man ehedem<lb/>
alle gro&#x0364;ßeren Jntervalle auszufu&#x0364;llen. Die Quinte<lb/>
60:40. arithmeti&#x017F;ch getheilt, giebt 60:50:40.<lb/>
oder die kleinere Terz &#x215A; unten, und die gro&#x0364;ßere &#x2158;<lb/>
oben; hingegen harmoni&#x017F;ch getheilt giebt &#x017F;ie 60:<lb/>
48:40. die gro&#x0364;ßere Terz &#x2158; unten, und die kleinere<lb/>
&#x215A; oben.</p><lb/>
          <p>Auf eben die&#x017F;e Art kann man auch den Raum<lb/>
der Octave durch zwey neue To&#x0364;ne ausfu&#x0364;llen, &#x017F;o<lb/>
wol arithmeti&#x017F;ch, als harmoni&#x017F;ch. Jm er&#x017F;ten Fall<lb/>
beko&#x0364;mmt man 60:50:40:30; oder die kleine Terz,<lb/>
&#x215A;, die Quinte <formula notation="TeX">\nicefrac {4}{6}</formula> oder &#x2154; und die Oeta&#x0304;ve 60:30<lb/>
oder ½; im andern Fall aber 60:48:40:30.<lb/>
oder die große Terz 60:48 oder &#x2158;, die Quinte 60:<lb/>
40 oder &#x2154; und die Octave. Hieraus ent&#x017F;tund die<lb/>
Anmerkung, daß die arithmeti&#x017F;che Theilung der<lb/>
Octave durch zwey To&#x0364;ne die weiche oder kleine Ton-<lb/>
art, die harmoni&#x017F;che aber, die harte oder große<lb/>
Tonart, angebe.</p><lb/>
          <p>Da die Quinte ein vollkommeners Jntervall<lb/>
i&#x017F;t, als die Quarte, die gro&#x0364;ßere Terz vollkommener,<lb/>
als die kleinere, &#x017F;o haben die a&#x0364;ltern Tonlehrer u&#x0364;ber-<lb/>
haupt ge&#x017F;agt: die harmoni&#x017F;che Theilung &#x017F;ey fu&#x0364;r die<lb/>
Mu&#x017F;ik be&#x017F;&#x017F;er, als die arithmeti&#x017F;che.</p><lb/>
          <p>Da u&#x0364;berhaupt die&#x017F;e Art, &#x017F;ich den Ur&#x017F;prung der<lb/>
Jntervalle vorzu&#x017F;tellen, von den Neuern &#x017F;elten ge-<lb/>
braucht wird, &#x017F;o hat die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung itzt weiter<lb/>
nichts mehr auf &#x017F;ich, als daß man dadurch die Spra-<lb/>
che der a&#x0364;ltern Tonlehrer ver&#x017F;tehen lernt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Attike.</hi><lb/>
(Baukun&#x017F;t.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>in niedriges oder halbes Stokwerk auf einem gan-<lb/>
zen oder ho&#x0364;hern, nach der ehemaligen Bauart in<lb/>
Athen.</p><lb/>
          <p>Jn der heutigen Baukun&#x017F;t kommen zweyerley<lb/>
Attiken vor. Man macht &#x017F;ie entweder u&#x0364;ber dem<lb/>
Hauptge&#x017F;ims, &#x017F;o daß &#x017F;ie mehr zu dem Dache, als<lb/>
zu dem eigentlichen Ko&#x0364;rper des Geba&#x0364;udes geho&#x0364;ren,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0094] Ari Ari Att ſo gegruͤndet geweſen ſeyn, wie noch itzt im Carne- val unter der Maske manches erlaubt iſt, das ſonſt nicht wuͤrde geduldet werden. Lucianus ſagt aus- druͤklich, daß die Spoͤttereyen einen Theil der Feſte des Bacchus ausgemacht haben. (*) Fuͤr dieſe Feſte aber waren die Comoͤdien beſtimmt. Dieſes ſcheinet noch dadurch beſtaͤtiget zu werden, daß nachher die Form der alten Comoͤdie durch ein foͤrmliches Geſetz iſt aufgehoben worden. (*) Lac. in den Fi- ſchern. Arithmetiſche Theilung. (Muſik.) Die aͤltern Tonlehrer ſprechen vielfaͤltig von der arithmetiſchen und von der harmoniſchen Theilung der Jntervallen; deswegen beduͤrfen dieſe Woͤrter einer Erklaͤrung, und um ſo viel mehr, da ſie itzt anfangen, aus der Mode zu kommen. Es iſt natuͤrlich zu vermuthen, daß die groͤßern Jntervallen in der Muſik eher bekannt geweſen ſind, als die kleinen, und daß die Octave eher, als die Quinte, dieſe eher als die Terz |bekannt gewe- ſen ſey. Die Alten verſuchten zwiſchen die Toͤne, welche ein groͤßeres Jntervall ausmachen, noch ei- nen oder mehr Toͤne hinein zuſetzen, und dieſes thaten ſie auf zweyerley Weiſe; daher denn die arithmetiſche und die harmoniſche Theilung der Jn- tervallen entſtanden iſt. Dieſes zu verſtehen, muß man ſich die Laͤn- ge der Sayten, deren Toͤne ein Jntervall aus- machen, in Zahlen vorſtellen. Zwey Sayten, eine 60 Theile (z. E. Zolle) lang, die andre dreyßig, ge- ben, wie bekannt, das Jntervall einer Octave. (*) Will man zwiſchen dieſe beyden Toͤne noch einen in die Mitte ſetzen, ſo muß zwiſchen beyden Sayten von 60 und von 30 Theilen, eine angenommen werden, deren Laͤnge mitten zwiſchen 60 nnd 30 faͤllt. Dieſe wird arithmetiſch beſtimmt, wenn die Zahl das arithmetiſche Mittel haͤlt, das iſt, wenn ſie um eben ſo viel Theile von 60 als von 30 ab- ſteht, oder wenn ſie 45 Theile hat. Will man aber das Jntervall harmoniſch ausfuͤllen, ſo muß die mittlere Zahl das harmoniſche Mittel ſeyn, (*) naͤmlich 40. (*) S. Har- monie. (*) S. Har- moniſch. Demnach ſtellen die drey Zahlen, 60, 45, 30, eine Octave vor, die arithmetiſch getheilt iſt, und die Zahlen, 60, 40, 30, eine harmoniſch getheilte Octave. Jm erſten Fall iſt das Jntervall, 60: 45 oder 4:3 eine Quarte: das andre 45:30 oder 3:2 eine Quinte; im andern Fall iſt 60:40 oder 3:2 eine Quinte, und 40:30 oder 4:3 eine Quar- te. Daher ſagte man, die Octave C-c werde durch die Quarte F arithmetiſch, und durch die Quinte G harmoniſch getheilt, und die arithmetiſche Thei- lung der Octave gebe die Quarte unten C-F und die Quinte oben F-c, die harmoniſche aber gebe dieſe Jntervalle umgekehrt; erſt die Quinte C-G und denn die Quarte G-c. Auf dieſe doppelte Weiſe pflegte man ehedem alle groͤßeren Jntervalle auszufuͤllen. Die Quinte 60:40. arithmetiſch getheilt, giebt 60:50:40. oder die kleinere Terz ⅚ unten, und die groͤßere ⅘ oben; hingegen harmoniſch getheilt giebt ſie 60: 48:40. die groͤßere Terz ⅘ unten, und die kleinere ⅚ oben. Auf eben dieſe Art kann man auch den Raum der Octave durch zwey neue Toͤne ausfuͤllen, ſo wol arithmetiſch, als harmoniſch. Jm erſten Fall bekoͤmmt man 60:50:40:30; oder die kleine Terz, ⅚, die Quinte [FORMEL] oder ⅔ und die Oetāve 60:30 oder ½; im andern Fall aber 60:48:40:30. oder die große Terz 60:48 oder ⅘, die Quinte 60: 40 oder ⅔ und die Octave. Hieraus entſtund die Anmerkung, daß die arithmetiſche Theilung der Octave durch zwey Toͤne die weiche oder kleine Ton- art, die harmoniſche aber, die harte oder große Tonart, angebe. Da die Quinte ein vollkommeners Jntervall iſt, als die Quarte, die groͤßere Terz vollkommener, als die kleinere, ſo haben die aͤltern Tonlehrer uͤber- haupt geſagt: die harmoniſche Theilung ſey fuͤr die Muſik beſſer, als die arithmetiſche. Da uͤberhaupt dieſe Art, ſich den Urſprung der Jntervalle vorzuſtellen, von den Neuern ſelten ge- braucht wird, ſo hat dieſe Erklaͤrung itzt weiter nichts mehr auf ſich, als daß man dadurch die Spra- che der aͤltern Tonlehrer verſtehen lernt. Attike. (Baukunſt.) Ein niedriges oder halbes Stokwerk auf einem gan- zen oder hoͤhern, nach der ehemaligen Bauart in Athen. Jn der heutigen Baukunſt kommen zweyerley Attiken vor. Man macht ſie entweder uͤber dem Hauptgeſims, ſo daß ſie mehr zu dem Dache, als zu dem eigentlichen Koͤrper des Gebaͤudes gehoͤren, oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/94
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/94>, abgerufen am 25.11.2024.