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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Att
oder man setzt sie unter dem Hauptgesims, so daß
sie ein würkliches Geschoß oder Stokwerk ausma-
chen. Von der erstern Art muß man es herleiten,
daß ein über dem Hauptgesims stehendes Geländer
bisweilen auch Attike genennt wird, wie wol diesem
der Name nicht eigentlich zukömmt. Eine ganz
herumgehende Attike wird die genennt, die um
das ganze Gebäude geht. Man macht aber auch
solche, die nur über einem Theil der Hauptseite
stehen.

Die Attike wird| in großen Gebäuden oder Pal-
lästen über dem Hauptgeschoß gesetzt, wenn man
nicht zwey volle Geschosse braucht, und wird ins-
gemein halb so hoch, als das Hauptgeschoß, gemacht.
Wo man hinlänglichen Platz hat, sich auszudehnen,
kann man alle Hauptzimmer in ein Geschoß zusam-
men bringen. Alsdenn wäre es eine ganz unnütze
Sache, die geringern Zimmer, für Bediente und
den persönlichen Gebrauch, in eben der Höhe zu
machen. Folglich thut man in diesem Falle sehr
wol, ein Attike über das Hauptgeschoß zu setzen.
Dadurch bekömmt auch das Gebäude von außen
ein gutes Ansehen, indem es nicht zu hoch wird,
und die Pracht des Hauptgeschosses durch den Ge-
gensatz des Attike noch vermehrt wird. Jn diesem
Fall aber müssen die Säulen und Pilaster durchaus
bis an das Hauptgesims gehen, wie an dem Opern-
hause in Berlin; denn es steht nicht gut, wenn
die Attike durch ein Gesims oder Gebälke von dem
Hauptgeschoß getrennt ist.

Man macht auch bisweilen eine Attike zwischen
zwey Hauptgeschossen, oder hohen Stokwerken, da-
mit die Bedienten gerade über den Zimmern der
Herrschaft ihre Wohnungen in dieser Attike neh-
men können. Eine solche ist z. E. zwischen dem
Hauptgeschoß an dem königlichen Schloß in Ber-
lin, auch in dem Pallast des Cardinal Borghese in
Rom. Dergleichen Attiken sind zwar sehr bequem;
sie verstellen aber das Ansehen des Gebäudes et-
was, oder müssen, wie auf dem berlinschen Schlos-
se, sehr niedrig gemacht werden.

Attischer Säulenfuß.

Eine besondre und schöne Art des Säulenfußes,
der in Athen aufgekommen, und daher seinen Na-
men hat. Er besteht aus einem vierekigten Un-
tersatz
a, einem Pfühl b, einem Riemlein c, ei-
ner Einziehung d, noch einem Riemlein e, auf
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Att Ava
welches ein
Pfühl f fol-
get. Die
Verhältnis-
se der Hö-
hen dieser
Theile, von
unten auf
gerechnet,
sind folgen-
de: 6, 41/2,
1/2, 3, 1/2, 31/2,
[Abbildung]
11/2. Dieser Fuß ist so wol in der alten als neuen
Baukunst der gewöhnlichste, und wird unter allen
Arten von Säulen, die tuscanische ausgenommen,
gebraucht.

Avantüre.
(Dichtkunst.)

Jst bey den Heldendichtern des schwäbischen Zeit-
punktes eine Muse, die sie ordentlicher Weise ange-
rufen, und der sie um ihren Beystand gedankt ha-
ben. Das Wort ist von den Provenzalen genom-
men, die vermuthlich den Deutschen vorgegangen,
eine Person daraus zu machen. Sie ist also die
Muse der abentheuerlichen Begebenheiten, dieselbe,
welche Ariosto zu seinem Orlando Furioso und
Wieland zu seinem Jdris hätte anrufen können.

Aufführung des Drama.

Man sagt von einem Drama, es sey gut oder
schlecht aufgeführt worden; deswegen scheinet das
Wort Aufführung schiklich, die Vorstellung des
Drama auf der Bühne zu bezeichnen. Die gute
Aufführung hängt größtentheils von der Geschiklich-
keit der Schauspieler, und von der guten Einrich-
tung der Bühne ab; aber auch der Dichter selbst kann
viel dazu beytragen. Von dem, was zur Kunst des
Schauspielers gehört, kommt in manchem Artikel
dieses Werks verschiedenes vor: hier ist blos von
dem Antheil die Rede, den der Dichter an dieser
Sache hat.

Es ist sehr wichtig, daß er bey Verfertigung
seines Stükes keinen Augenblik vergesse, daß er
kein Werk zum Lesen, sondern bloße Reden für
solche Personen schreibe, die als handelnde Personen
auf die Schaubühne treten. Diese Vorstellung
muß einen bestimmten Einfluß auf sein Werk ha-

ben
L 2

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Att
oder man ſetzt ſie unter dem Hauptgeſims, ſo daß
ſie ein wuͤrkliches Geſchoß oder Stokwerk ausma-
chen. Von der erſtern Art muß man es herleiten,
daß ein uͤber dem Hauptgeſims ſtehendes Gelaͤnder
bisweilen auch Attike genennt wird, wie wol dieſem
der Name nicht eigentlich zukoͤmmt. Eine ganz
herumgehende Attike wird die genennt, die um
das ganze Gebaͤude geht. Man macht aber auch
ſolche, die nur uͤber einem Theil der Hauptſeite
ſtehen.

Die Attike wird| in großen Gebaͤuden oder Pal-
laͤſten uͤber dem Hauptgeſchoß geſetzt, wenn man
nicht zwey volle Geſchoſſe braucht, und wird ins-
gemein halb ſo hoch, als das Hauptgeſchoß, gemacht.
Wo man hinlaͤnglichen Platz hat, ſich auszudehnen,
kann man alle Hauptzimmer in ein Geſchoß zuſam-
men bringen. Alsdenn waͤre es eine ganz unnuͤtze
Sache, die geringern Zimmer, fuͤr Bediente und
den perſoͤnlichen Gebrauch, in eben der Hoͤhe zu
machen. Folglich thut man in dieſem Falle ſehr
wol, ein Attike uͤber das Hauptgeſchoß zu ſetzen.
Dadurch bekoͤmmt auch das Gebaͤude von außen
ein gutes Anſehen, indem es nicht zu hoch wird,
und die Pracht des Hauptgeſchoſſes durch den Ge-
genſatz des Attike noch vermehrt wird. Jn dieſem
Fall aber muͤſſen die Saͤulen und Pilaſter durchaus
bis an das Hauptgeſims gehen, wie an dem Opern-
hauſe in Berlin; denn es ſteht nicht gut, wenn
die Attike durch ein Geſims oder Gebaͤlke von dem
Hauptgeſchoß getrennt iſt.

Man macht auch bisweilen eine Attike zwiſchen
zwey Hauptgeſchoſſen, oder hohen Stokwerken, da-
mit die Bedienten gerade uͤber den Zimmern der
Herrſchaft ihre Wohnungen in dieſer Attike neh-
men koͤnnen. Eine ſolche iſt z. E. zwiſchen dem
Hauptgeſchoß an dem koͤniglichen Schloß in Ber-
lin, auch in dem Pallaſt des Cardinal Borgheſe in
Rom. Dergleichen Attiken ſind zwar ſehr bequem;
ſie verſtellen aber das Anſehen des Gebaͤudes et-
was, oder muͤſſen, wie auf dem berlinſchen Schloſ-
ſe, ſehr niedrig gemacht werden.

Attiſcher Saͤulenfuß.

Eine beſondre und ſchoͤne Art des Saͤulenfußes,
der in Athen aufgekommen, und daher ſeinen Na-
men hat. Er beſteht aus einem vierekigten Un-
terſatz
a, einem Pfuͤhl b, einem Riemlein c, ei-
ner Einziehung d, noch einem Riemlein e, auf
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Att Ava
welches ein
Pfuͤhl f fol-
get. Die
Verhaͤltniſ-
ſe der Hoͤ-
hen dieſer
Theile, von
unten auf
gerechnet,
ſind folgen-
de: 6, 4½,
½, 3, ½, 3½,
[Abbildung]
1½. Dieſer Fuß iſt ſo wol in der alten als neuen
Baukunſt der gewoͤhnlichſte, und wird unter allen
Arten von Saͤulen, die tuſcaniſche ausgenommen,
gebraucht.

Avantuͤre.
(Dichtkunſt.)

Jſt bey den Heldendichtern des ſchwaͤbiſchen Zeit-
punktes eine Muſe, die ſie ordentlicher Weiſe ange-
rufen, und der ſie um ihren Beyſtand gedankt ha-
ben. Das Wort iſt von den Provenzalen genom-
men, die vermuthlich den Deutſchen vorgegangen,
eine Perſon daraus zu machen. Sie iſt alſo die
Muſe der abentheuerlichen Begebenheiten, dieſelbe,
welche Arioſto zu ſeinem Orlando Furioſo und
Wieland zu ſeinem Jdris haͤtte anrufen koͤnnen.

Auffuͤhrung des Drama.

Man ſagt von einem Drama, es ſey gut oder
ſchlecht aufgefuͤhrt worden; deswegen ſcheinet das
Wort Auffuͤhrung ſchiklich, die Vorſtellung des
Drama auf der Buͤhne zu bezeichnen. Die gute
Auffuͤhrung haͤngt groͤßtentheils von der Geſchiklich-
keit der Schauſpieler, und von der guten Einrich-
tung der Buͤhne ab; aber auch der Dichter ſelbſt kann
viel dazu beytragen. Von dem, was zur Kunſt des
Schauſpielers gehoͤrt, kommt in manchem Artikel
dieſes Werks verſchiedenes vor: hier iſt blos von
dem Antheil die Rede, den der Dichter an dieſer
Sache hat.

Es iſt ſehr wichtig, daß er bey Verfertigung
ſeines Stuͤkes keinen Augenblik vergeſſe, daß er
kein Werk zum Leſen, ſondern bloße Reden fuͤr
ſolche Perſonen ſchreibe, die als handelnde Perſonen
auf die Schaubuͤhne treten. Dieſe Vorſtellung
muß einen beſtimmten Einfluß auf ſein Werk ha-

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L 2
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[83/0095] Att Att Ava oder man ſetzt ſie unter dem Hauptgeſims, ſo daß ſie ein wuͤrkliches Geſchoß oder Stokwerk ausma- chen. Von der erſtern Art muß man es herleiten, daß ein uͤber dem Hauptgeſims ſtehendes Gelaͤnder bisweilen auch Attike genennt wird, wie wol dieſem der Name nicht eigentlich zukoͤmmt. Eine ganz herumgehende Attike wird die genennt, die um das ganze Gebaͤude geht. Man macht aber auch ſolche, die nur uͤber einem Theil der Hauptſeite ſtehen. Die Attike wird| in großen Gebaͤuden oder Pal- laͤſten uͤber dem Hauptgeſchoß geſetzt, wenn man nicht zwey volle Geſchoſſe braucht, und wird ins- gemein halb ſo hoch, als das Hauptgeſchoß, gemacht. Wo man hinlaͤnglichen Platz hat, ſich auszudehnen, kann man alle Hauptzimmer in ein Geſchoß zuſam- men bringen. Alsdenn waͤre es eine ganz unnuͤtze Sache, die geringern Zimmer, fuͤr Bediente und den perſoͤnlichen Gebrauch, in eben der Hoͤhe zu machen. Folglich thut man in dieſem Falle ſehr wol, ein Attike uͤber das Hauptgeſchoß zu ſetzen. Dadurch bekoͤmmt auch das Gebaͤude von außen ein gutes Anſehen, indem es nicht zu hoch wird, und die Pracht des Hauptgeſchoſſes durch den Ge- genſatz des Attike noch vermehrt wird. Jn dieſem Fall aber muͤſſen die Saͤulen und Pilaſter durchaus bis an das Hauptgeſims gehen, wie an dem Opern- hauſe in Berlin; denn es ſteht nicht gut, wenn die Attike durch ein Geſims oder Gebaͤlke von dem Hauptgeſchoß getrennt iſt. Man macht auch bisweilen eine Attike zwiſchen zwey Hauptgeſchoſſen, oder hohen Stokwerken, da- mit die Bedienten gerade uͤber den Zimmern der Herrſchaft ihre Wohnungen in dieſer Attike neh- men koͤnnen. Eine ſolche iſt z. E. zwiſchen dem Hauptgeſchoß an dem koͤniglichen Schloß in Ber- lin, auch in dem Pallaſt des Cardinal Borgheſe in Rom. Dergleichen Attiken ſind zwar ſehr bequem; ſie verſtellen aber das Anſehen des Gebaͤudes et- was, oder muͤſſen, wie auf dem berlinſchen Schloſ- ſe, ſehr niedrig gemacht werden. Attiſcher Saͤulenfuß. Eine beſondre und ſchoͤne Art des Saͤulenfußes, der in Athen aufgekommen, und daher ſeinen Na- men hat. Er beſteht aus einem vierekigten Un- terſatz a, einem Pfuͤhl b, einem Riemlein c, ei- ner Einziehung d, noch einem Riemlein e, auf welches ein Pfuͤhl f fol- get. Die Verhaͤltniſ- ſe der Hoͤ- hen dieſer Theile, von unten auf gerechnet, ſind folgen- de: 6, 4½, ½, 3, ½, 3½, [Abbildung] 1½. Dieſer Fuß iſt ſo wol in der alten als neuen Baukunſt der gewoͤhnlichſte, und wird unter allen Arten von Saͤulen, die tuſcaniſche ausgenommen, gebraucht. Avantuͤre. (Dichtkunſt.) Jſt bey den Heldendichtern des ſchwaͤbiſchen Zeit- punktes eine Muſe, die ſie ordentlicher Weiſe ange- rufen, und der ſie um ihren Beyſtand gedankt ha- ben. Das Wort iſt von den Provenzalen genom- men, die vermuthlich den Deutſchen vorgegangen, eine Perſon daraus zu machen. Sie iſt alſo die Muſe der abentheuerlichen Begebenheiten, dieſelbe, welche Arioſto zu ſeinem Orlando Furioſo und Wieland zu ſeinem Jdris haͤtte anrufen koͤnnen. Auffuͤhrung des Drama. Man ſagt von einem Drama, es ſey gut oder ſchlecht aufgefuͤhrt worden; deswegen ſcheinet das Wort Auffuͤhrung ſchiklich, die Vorſtellung des Drama auf der Buͤhne zu bezeichnen. Die gute Auffuͤhrung haͤngt groͤßtentheils von der Geſchiklich- keit der Schauſpieler, und von der guten Einrich- tung der Buͤhne ab; aber auch der Dichter ſelbſt kann viel dazu beytragen. Von dem, was zur Kunſt des Schauſpielers gehoͤrt, kommt in manchem Artikel dieſes Werks verſchiedenes vor: hier iſt blos von dem Antheil die Rede, den der Dichter an dieſer Sache hat. Es iſt ſehr wichtig, daß er bey Verfertigung ſeines Stuͤkes keinen Augenblik vergeſſe, daß er kein Werk zum Leſen, ſondern bloße Reden fuͤr ſolche Perſonen ſchreibe, die als handelnde Perſonen auf die Schaubuͤhne treten. Dieſe Vorſtellung muß einen beſtimmten Einfluß auf ſein Werk ha- ben L 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/95>, abgerufen am 19.04.2024.