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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Ara Arc
denn gekommen, daß die Gesänge selbst den Namen
Antiphonien, oder Antiphona, bekommen haben, und
daß die Bücher, worin diese Gesänge gesammelt wa-
ren, Antiphonaria genennt wurden, welches ohngefehr
das bedeutet, was man gegenwärtig ein Gesang-
buch nennt.

Aramena.

Ein deutscher Roman eines durchlauchtigen Ver-
(*) Des
Herzogs
Anton Ul-
richs von
Braun-
schweig.
fassers. (*) Die Verwiklungen, wovon er voll
ist, werden durch schwache Faden geknüpfet; die
Personen handeln nach Einfällen, die weder in ih-
rem Charakter noch in dem Affekte liegen. Aber
die Auflösung des Hauptknotens hat etwas reizen-
des, indem Aramena durch denselben Weg, den sie
fürchtete und vermied, zur Ruhe gebracht wird.
Dies Werk hat den Verdienst, daß man uns ganz
nahe zu denen Personen hin bringt; daß der Dich-
ter wenig in seiner eignen Person redet. Ein glei-
cher, netter und lebhafter Ausdruk; die Vorstel-
lung der Affekte in einem nahen Lichte; Reichthum
und Seltenheit in den Begegnissen. Aller Nach-
theil desselben besteht in dem verstiegenen und unna-
türlichen in der Liebe, in den Sitten der Personen
und der Zeiten; in den unzureichenden Gründen
der Handlungen, und in den ganz unwahrscheinli-
chen Vergehungen der Personen. Die Sprache
hat noch Wörter und Wendungen, die man seit
dem, zu großem Schaden der Lebhaftigkeit und des
Nachdruks, vernachläßiget hat.

Arcadia.

Eine Gesellschaft geistreicher Köpfe, die gegen dem
Ende des vorigen Jahrhundert zur Herstellung des gu-
ten Geschmaks in Rom aufgerichtet worden. Die
Mitglieder nehmen arcadische Ramen an, und hal-
ten ihre Zusammenkünfte in einem gepflanzten Lust-
wald, den sie den Parrhasischen nennen. Jhren
Vorsteher nennen sie den obersten Hirten; dieser
hat seine Verweser unter sich. Jn ihrem Siegel
führen sie die Syrinx, die Hirtenflöte des Pans.
Die Aufnahme in die Gesellschaft kann nach fün-
ferley Arten geschehen. Sie ist überaus zahlreich,
und begreift Personen vom vornehmsten Stande,
geistliche und weltliche, auch von beyden Geschlech-
ten. Durch sie bekömmt sie ihr Ansehen. Die
Mutter Arcadia, in Rom, hat ihre Colonien durch
ganz Jtalien verbreitet.

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Arc

Ohne Zweifel haben die schäferischen Verkappun-
gen der Gesellschaft, der Pomp und die Aufzüge,
die sie sehr liebt, eben so viel beygetragen, sie in
Ruf zu bringen, als die poetische Vorlesungen des
Guidi, des Zappi, des Moreri.

Archelaus.

Ein griechischer Dichter, von welchem uns nichts
übrig geblieben ist. Wir führen ihn deswegen an,
weil er eine besondere Dichtart gewählt hat, die sich
ein neuerer könnte zu Rutze machen. Diogenes
Laertius
sagt von ihm: #
Casaubon merkt hierüber an, daß nach dem Zeug-
niß des Antigonus Carystius dieser Dichter eine
Sammlung von Sinngedichten geschrieben habe, in
welchen die außerordentlichsten und merkwürdigsten
Seltenheiten der natürlichen Dinge beschrieben
worden. Dieses verdienet um so viel mehr ange-
merkt zu werden, da in unsern Zeiten die Materie
zu dieser Dichtart sehr viel reicher ist, als Archelaus
sie gefunden hat.

Archilochus.

Ein griechischer Dichter, der um die 29 Olympias
gelebt hat. Er hat bey den Alten das Lob eines
der ersten Dichter. Er soll der Erfinder der jam-
bischen Satyre seyn.

Archilochum proprio rabies armavit Iambo. (*)(*) Hor. de
Art.
79.

Seine Satyren müssen außerordentlich beißend und
boshaft gewesen seyn. Sie sind deshalb zum Sprüch-
wort geworden. Horaz findet keine ärgere Dro-
hung, als diese:

Cave, cave; namque in malos asperrimus
Parata tollo cornua;
Qualis Lycambae spretus infido gener.
(*)
(*) Hor.
Epod. VI.

Ovidius führt eine ähnliche Sprache: (*)

(*) Ib. 51.
-- In te mihi liber Iambus
Tincta Lycambeo sanguine tela dabit.

Beyde Stellen zielen auf die Geschichte eines Ly-
cambes,
der dem Dichter seine Tochter Neobule zur
Ehe verweigert, und dafür von ihm so übel mitge-
nommen worden, daß er sich aus Verdruß erhenkt
hat. Nach einigen Sinngedichten in der griechi-
schen Anthologie sind die drey Töchter dieses so
sehr beleidigten Mannes dem Beyspiel ihres Vaters

gefolget.

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Ara Arc
denn gekommen, daß die Geſaͤnge ſelbſt den Namen
Antiphonien, oder Antiphona, bekommen haben, und
daß die Buͤcher, worin dieſe Geſaͤnge geſammelt wa-
ren, Antiphonaria genennt wurden, welches ohngefehr
das bedeutet, was man gegenwaͤrtig ein Geſang-
buch nennt.

Aramena.

Ein deutſcher Roman eines durchlauchtigen Ver-
(*) Des
Herzogs
Anton Ul-
richs von
Braun-
ſchweig.
faſſers. (*) Die Verwiklungen, wovon er voll
iſt, werden durch ſchwache Faden geknuͤpfet; die
Perſonen handeln nach Einfaͤllen, die weder in ih-
rem Charakter noch in dem Affekte liegen. Aber
die Aufloͤſung des Hauptknotens hat etwas reizen-
des, indem Aramena durch denſelben Weg, den ſie
fuͤrchtete und vermied, zur Ruhe gebracht wird.
Dies Werk hat den Verdienſt, daß man uns ganz
nahe zu denen Perſonen hin bringt; daß der Dich-
ter wenig in ſeiner eignen Perſon redet. Ein glei-
cher, netter und lebhafter Ausdruk; die Vorſtel-
lung der Affekte in einem nahen Lichte; Reichthum
und Seltenheit in den Begegniſſen. Aller Nach-
theil deſſelben beſteht in dem verſtiegenen und unna-
tuͤrlichen in der Liebe, in den Sitten der Perſonen
und der Zeiten; in den unzureichenden Gruͤnden
der Handlungen, und in den ganz unwahrſcheinli-
chen Vergehungen der Perſonen. Die Sprache
hat noch Woͤrter und Wendungen, die man ſeit
dem, zu großem Schaden der Lebhaftigkeit und des
Nachdruks, vernachlaͤßiget hat.

Arcadia.

Eine Geſellſchaft geiſtreicher Koͤpfe, die gegen dem
Ende des vorigen Jahrhundert zur Herſtellung des gu-
ten Geſchmaks in Rom aufgerichtet worden. Die
Mitglieder nehmen arcadiſche Ramen an, und hal-
ten ihre Zuſammenkuͤnfte in einem gepflanzten Luſt-
wald, den ſie den Parrhaſiſchen nennen. Jhren
Vorſteher nennen ſie den oberſten Hirten; dieſer
hat ſeine Verweſer unter ſich. Jn ihrem Siegel
fuͤhren ſie die Syrinx, die Hirtenfloͤte des Pans.
Die Aufnahme in die Geſellſchaft kann nach fuͤn-
ferley Arten geſchehen. Sie iſt uͤberaus zahlreich,
und begreift Perſonen vom vornehmſten Stande,
geiſtliche und weltliche, auch von beyden Geſchlech-
ten. Durch ſie bekoͤmmt ſie ihr Anſehen. Die
Mutter Arcadia, in Rom, hat ihre Colonien durch
ganz Jtalien verbreitet.

[Spaltenumbruch]
Arc

Ohne Zweifel haben die ſchaͤferiſchen Verkappun-
gen der Geſellſchaft, der Pomp und die Aufzuͤge,
die ſie ſehr liebt, eben ſo viel beygetragen, ſie in
Ruf zu bringen, als die poetiſche Vorleſungen des
Guidi, des Zappi, des Moreri.

Archelaus.

Ein griechiſcher Dichter, von welchem uns nichts
uͤbrig geblieben iſt. Wir fuͤhren ihn deswegen an,
weil er eine beſondere Dichtart gewaͤhlt hat, die ſich
ein neuerer koͤnnte zu Rutze machen. Diogenes
Laertius
ſagt von ihm: #
Caſaubon merkt hieruͤber an, daß nach dem Zeug-
niß des Antigonus Caryſtius dieſer Dichter eine
Sammlung von Sinngedichten geſchrieben habe, in
welchen die außerordentlichſten und merkwuͤrdigſten
Seltenheiten der natuͤrlichen Dinge beſchrieben
worden. Dieſes verdienet um ſo viel mehr ange-
merkt zu werden, da in unſern Zeiten die Materie
zu dieſer Dichtart ſehr viel reicher iſt, als Archelaus
ſie gefunden hat.

Archilochus.

Ein griechiſcher Dichter, der um die 29 Olympias
gelebt hat. Er hat bey den Alten das Lob eines
der erſten Dichter. Er ſoll der Erfinder der jam-
biſchen Satyre ſeyn.

Archilochum proprio rabies armavit Iambo. (*)(*) Hor. de
Art.
79.

Seine Satyren muͤſſen außerordentlich beißend und
boshaft geweſen ſeyn. Sie ſind deshalb zum Spruͤch-
wort geworden. Horaz findet keine aͤrgere Dro-
hung, als dieſe:

Cave, cave; namque in malos aſperrimus
Parata tollo cornua;
Qualis Lycambae ſpretus infido gener.
(*)
(*) Hor.
Epod. VI.

Ovidius fuͤhrt eine aͤhnliche Sprache: (*)

(*) Ib. 51.
In te mihi liber Iambus
Tincta Lycambeo ſanguine tela dabit.

Beyde Stellen zielen auf die Geſchichte eines Ly-
cambes,
der dem Dichter ſeine Tochter Neobule zur
Ehe verweigert, und dafuͤr von ihm ſo uͤbel mitge-
nommen worden, daß er ſich aus Verdruß erhenkt
hat. Nach einigen Sinngedichten in der griechi-
ſchen Anthologie ſind die drey Toͤchter dieſes ſo
ſehr beleidigten Mannes dem Beyſpiel ihres Vaters

gefolget.
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[76/0088] Ara Arc Arc denn gekommen, daß die Geſaͤnge ſelbſt den Namen Antiphonien, oder Antiphona, bekommen haben, und daß die Buͤcher, worin dieſe Geſaͤnge geſammelt wa- ren, Antiphonaria genennt wurden, welches ohngefehr das bedeutet, was man gegenwaͤrtig ein Geſang- buch nennt. Aramena. Ein deutſcher Roman eines durchlauchtigen Ver- faſſers. (*) Die Verwiklungen, wovon er voll iſt, werden durch ſchwache Faden geknuͤpfet; die Perſonen handeln nach Einfaͤllen, die weder in ih- rem Charakter noch in dem Affekte liegen. Aber die Aufloͤſung des Hauptknotens hat etwas reizen- des, indem Aramena durch denſelben Weg, den ſie fuͤrchtete und vermied, zur Ruhe gebracht wird. Dies Werk hat den Verdienſt, daß man uns ganz nahe zu denen Perſonen hin bringt; daß der Dich- ter wenig in ſeiner eignen Perſon redet. Ein glei- cher, netter und lebhafter Ausdruk; die Vorſtel- lung der Affekte in einem nahen Lichte; Reichthum und Seltenheit in den Begegniſſen. Aller Nach- theil deſſelben beſteht in dem verſtiegenen und unna- tuͤrlichen in der Liebe, in den Sitten der Perſonen und der Zeiten; in den unzureichenden Gruͤnden der Handlungen, und in den ganz unwahrſcheinli- chen Vergehungen der Perſonen. Die Sprache hat noch Woͤrter und Wendungen, die man ſeit dem, zu großem Schaden der Lebhaftigkeit und des Nachdruks, vernachlaͤßiget hat. (*) Des Herzogs Anton Ul- richs von Braun- ſchweig. Arcadia. Eine Geſellſchaft geiſtreicher Koͤpfe, die gegen dem Ende des vorigen Jahrhundert zur Herſtellung des gu- ten Geſchmaks in Rom aufgerichtet worden. Die Mitglieder nehmen arcadiſche Ramen an, und hal- ten ihre Zuſammenkuͤnfte in einem gepflanzten Luſt- wald, den ſie den Parrhaſiſchen nennen. Jhren Vorſteher nennen ſie den oberſten Hirten; dieſer hat ſeine Verweſer unter ſich. Jn ihrem Siegel fuͤhren ſie die Syrinx, die Hirtenfloͤte des Pans. Die Aufnahme in die Geſellſchaft kann nach fuͤn- ferley Arten geſchehen. Sie iſt uͤberaus zahlreich, und begreift Perſonen vom vornehmſten Stande, geiſtliche und weltliche, auch von beyden Geſchlech- ten. Durch ſie bekoͤmmt ſie ihr Anſehen. Die Mutter Arcadia, in Rom, hat ihre Colonien durch ganz Jtalien verbreitet. Ohne Zweifel haben die ſchaͤferiſchen Verkappun- gen der Geſellſchaft, der Pomp und die Aufzuͤge, die ſie ſehr liebt, eben ſo viel beygetragen, ſie in Ruf zu bringen, als die poetiſche Vorleſungen des Guidi, des Zappi, des Moreri. Archelaus. Ein griechiſcher Dichter, von welchem uns nichts uͤbrig geblieben iſt. Wir fuͤhren ihn deswegen an, weil er eine beſondere Dichtart gewaͤhlt hat, die ſich ein neuerer koͤnnte zu Rutze machen. Diogenes Laertius ſagt von ihm: # Caſaubon merkt hieruͤber an, daß nach dem Zeug- niß des Antigonus Caryſtius dieſer Dichter eine Sammlung von Sinngedichten geſchrieben habe, in welchen die außerordentlichſten und merkwuͤrdigſten Seltenheiten der natuͤrlichen Dinge beſchrieben worden. Dieſes verdienet um ſo viel mehr ange- merkt zu werden, da in unſern Zeiten die Materie zu dieſer Dichtart ſehr viel reicher iſt, als Archelaus ſie gefunden hat. Archilochus. Ein griechiſcher Dichter, der um die 29 Olympias gelebt hat. Er hat bey den Alten das Lob eines der erſten Dichter. Er ſoll der Erfinder der jam- biſchen Satyre ſeyn. Archilochum proprio rabies armavit Iambo. (*) Seine Satyren muͤſſen außerordentlich beißend und boshaft geweſen ſeyn. Sie ſind deshalb zum Spruͤch- wort geworden. Horaz findet keine aͤrgere Dro- hung, als dieſe: Cave, cave; namque in malos aſperrimus Parata tollo cornua; Qualis Lycambae ſpretus infido gener. (*) Ovidius fuͤhrt eine aͤhnliche Sprache: (*) — In te mihi liber Iambus Tincta Lycambeo ſanguine tela dabit. Beyde Stellen zielen auf die Geſchichte eines Ly- cambes, der dem Dichter ſeine Tochter Neobule zur Ehe verweigert, und dafuͤr von ihm ſo uͤbel mitge- nommen worden, daß er ſich aus Verdruß erhenkt hat. Nach einigen Sinngedichten in der griechi- ſchen Anthologie ſind die drey Toͤchter dieſes ſo ſehr beleidigten Mannes dem Beyſpiel ihres Vaters gefolget.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/88>, abgerufen am 25.04.2024.