Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]

Flü
länglich sind. Man kann hiervon das deutlichste
Beyspiel aus der Musik nehmen. Jm Recitativ
sind die Noten, die der recitirenden Stimme vor-
geschrieben sind, die Hauptsache; der begleitende Baß
ist blos da, den Ton, darin gesprochen wird, fühlen
zu lassen, und das Gehör zu den verschiedenen Mo-
dulationen desselben gleichsam zu stimmen: mehr
soll und muß man von Begleitung nicht hören.
Also muß dabey der begleitende Baß nur flüchtig
angeschlagen werden, weil es hier gar nicht um be-
gleitende oder ausfüllende Harmonie zu thun ist, die
da vielmehr schädlich wäre.

Es ist aber leicht zu sehen, daß das Flüchtige
gerade die sicherste Hand, oder die genaueste Rich-
tigkeit erfodere. Denn weil da nichts, als das We-
sentlichste der Vorstellung ausgedrükt wird, so ist
auch jeder dabey vorkommende Fehler wesentlich.
Also können nur große Meister in dem Flüchtigen
sicher seyn.

Da das Flüchtige überhaupt dem Fleißigen entge-
gen gesezt ist, wovon in seinem Artikel gesprochen
wird, so kann das, was dort angemerkt worden
ist, auch hier angewendet werden.

Flügel.
(Baukunst.)

So nennt man eigentlich jeden, der Hauptmasse ei-
nes Gebäudes, oder anch eines Körpers angehäng-
ten Theil. Eigentlich wären also auch die Säu-
lenlauben und bloße Mauren, von welcher Seite
des Gebäudes sie herausstühnden, als Flügel dessel-
ben zu betrachten. Man braucht so gar das Wort
bey etwas langen Gebäuden, wenn sie gleich nur
aus einer einzigen Hauptmasse bestehen, von den
Seiten desselben, die Rechts und Links von der Mitte
abstehen, so wie man in der Kriegskunst den rech-
ten oder linken Theil des Heers, die Flügel nennt.

Die besondere und gewöhnlichste Bedeutung des
Worts aber ist diese, daß man es von Rebenge-
bäuden braucht, die einem Hauptgebäude angehängt
werden. Man pflegt insgemein großen Hauptge-
bäuden solche Flügel entweder an den Seiten, oder
auch von vornen oder von hinten anzuhängen, ent-
weder um der Form des Gebäudes mehr Mannig-
faltigkeit zu geben, oder gewisse zur innern Einrich-
tung gehörigen Theile, die sich in der Hauptmasse
nicht wol haben anbringen lassen, dahin zu verle-
gen. So haben ehedem die morgenländischen Völ-
[Spaltenumbruch]

Fol For
ker an ihre Haupttempel große Flügel angebauet,
in denen die Priester ihre Wohnungen hatten, da
es sich nicht schikte, diese Wohnungen mit dem Tem-
pel selbst in eine einzige Masse zu verbinden.

Folie d'Espagne.
(Musik und Tanzkunst.)

Jst ein Tanz von ernsthafter Art für eine Person,
der auf der Schaubühne aus der Mode gekommen.
Die Musik ist in 3/4 Takt gesezt, und hat wegen ihrer
Einfalt, ihrer vollen und leichten Harmonie etwas,
das dem ungeübtesten Ohr faßlich und angenehm
ist. Das Stük fängt im Niederschlag an, und
hat Abschnitte von zwey Takten, so daß allemal auf
den zweyten Takt eine halbe Cadenz kömmt. Jm
ersten Takt des Abschnitts hat das erste Viertel den
stärksten Accent, das zweyte aber einen Punkt;
wird also länger, als das erste angehalten. Jm
zweyten Takt aber werden das zweyte und dritte
Viertel leicht angeschlagen.

Die Harmonie ist höchst einfach, ohne Dissonan-
zen, und man vermeidet so gar die Verwechslun-
gen des Dreyklanges, und um sie noch einfacher
zu machen, läßt man gar oft in der obern Stimme
die Octave des Basses hören, welches sonst in an-
dern Stüken sorgfältig vermieden wird.

Das ganze Stük besteht aus zwey Theilen, jeder
von acht Takten. Der erste schließt im achten Takt
in die Dominante, und der andre in die Tonica.
Nach diesen 16 Takten wird das Stük, so oft als
man will, mit melodischen Abänderungen wieder-
holt. Durchaus aber wird auf jeden Takt nur eine
einzige Harmonie genommen.

Forlane.
(Musik.)

Ein gemeiner Baurentanz, der in Venedig unter
dem gemeinen Volke gebräuchlich ist. Die Musik
dazu ist in Takt mit sehr munterer Bewegung.

Form.
(Zeichnende Künste.)

Jn dem allgemeinesten figürlichen Sinn bedeutet
dieses Wort die Art, wie das Mannigfaltige in ei-
nem Gegenstand in ein Ganzes verbunden ist; folg-
lich die besondere Art der Zusammensetzung. Hier
wird aber die Form nur, in so fern sie sichtbar ist, be-
trachtet, nämlich als die Gestalt körperlicher Ge-

genstän-

[Spaltenumbruch]

Fluͤ
laͤnglich ſind. Man kann hiervon das deutlichſte
Beyſpiel aus der Muſik nehmen. Jm Recitativ
ſind die Noten, die der recitirenden Stimme vor-
geſchrieben ſind, die Hauptſache; der begleitende Baß
iſt blos da, den Ton, darin geſprochen wird, fuͤhlen
zu laſſen, und das Gehoͤr zu den verſchiedenen Mo-
dulationen deſſelben gleichſam zu ſtimmen: mehr
ſoll und muß man von Begleitung nicht hoͤren.
Alſo muß dabey der begleitende Baß nur fluͤchtig
angeſchlagen werden, weil es hier gar nicht um be-
gleitende oder ausfuͤllende Harmonie zu thun iſt, die
da vielmehr ſchaͤdlich waͤre.

Es iſt aber leicht zu ſehen, daß das Fluͤchtige
gerade die ſicherſte Hand, oder die genaueſte Rich-
tigkeit erfodere. Denn weil da nichts, als das We-
ſentlichſte der Vorſtellung ausgedruͤkt wird, ſo iſt
auch jeder dabey vorkommende Fehler weſentlich.
Alſo koͤnnen nur große Meiſter in dem Fluͤchtigen
ſicher ſeyn.

Da das Fluͤchtige uͤberhaupt dem Fleißigen entge-
gen geſezt iſt, wovon in ſeinem Artikel geſprochen
wird, ſo kann das, was dort angemerkt worden
iſt, auch hier angewendet werden.

Fluͤgel.
(Baukunſt.)

So nennt man eigentlich jeden, der Hauptmaſſe ei-
nes Gebaͤudes, oder anch eines Koͤrpers angehaͤng-
ten Theil. Eigentlich waͤren alſo auch die Saͤu-
lenlauben und bloße Mauren, von welcher Seite
des Gebaͤudes ſie herausſtuͤhnden, als Fluͤgel deſſel-
ben zu betrachten. Man braucht ſo gar das Wort
bey etwas langen Gebaͤuden, wenn ſie gleich nur
aus einer einzigen Hauptmaſſe beſtehen, von den
Seiten deſſelben, die Rechts und Links von der Mitte
abſtehen, ſo wie man in der Kriegskunſt den rech-
ten oder linken Theil des Heers, die Fluͤgel nennt.

Die beſondere und gewoͤhnlichſte Bedeutung des
Worts aber iſt dieſe, daß man es von Rebenge-
baͤuden braucht, die einem Hauptgebaͤude angehaͤngt
werden. Man pflegt insgemein großen Hauptge-
baͤuden ſolche Fluͤgel entweder an den Seiten, oder
auch von vornen oder von hinten anzuhaͤngen, ent-
weder um der Form des Gebaͤudes mehr Mannig-
faltigkeit zu geben, oder gewiſſe zur innern Einrich-
tung gehoͤrigen Theile, die ſich in der Hauptmaſſe
nicht wol haben anbringen laſſen, dahin zu verle-
gen. So haben ehedem die morgenlaͤndiſchen Voͤl-
[Spaltenumbruch]

Fol For
ker an ihre Haupttempel große Fluͤgel angebauet,
in denen die Prieſter ihre Wohnungen hatten, da
es ſich nicht ſchikte, dieſe Wohnungen mit dem Tem-
pel ſelbſt in eine einzige Maſſe zu verbinden.

Folie d’Espagne.
(Muſik und Tanzkunſt.)

Jſt ein Tanz von ernſthafter Art fuͤr eine Perſon,
der auf der Schaubuͤhne aus der Mode gekommen.
Die Muſik iſt in ¾ Takt geſezt, und hat wegen ihrer
Einfalt, ihrer vollen und leichten Harmonie etwas,
das dem ungeuͤbteſten Ohr faßlich und angenehm
iſt. Das Stuͤk faͤngt im Niederſchlag an, und
hat Abſchnitte von zwey Takten, ſo daß allemal auf
den zweyten Takt eine halbe Cadenz koͤmmt. Jm
erſten Takt des Abſchnitts hat das erſte Viertel den
ſtaͤrkſten Accent, das zweyte aber einen Punkt;
wird alſo laͤnger, als das erſte angehalten. Jm
zweyten Takt aber werden das zweyte und dritte
Viertel leicht angeſchlagen.

Die Harmonie iſt hoͤchſt einfach, ohne Diſſonan-
zen, und man vermeidet ſo gar die Verwechslun-
gen des Dreyklanges, und um ſie noch einfacher
zu machen, laͤßt man gar oft in der obern Stimme
die Octave des Baſſes hoͤren, welches ſonſt in an-
dern Stuͤken ſorgfaͤltig vermieden wird.

Das ganze Stuͤk beſteht aus zwey Theilen, jeder
von acht Takten. Der erſte ſchließt im achten Takt
in die Dominante, und der andre in die Tonica.
Nach dieſen 16 Takten wird das Stuͤk, ſo oft als
man will, mit melodiſchen Abaͤnderungen wieder-
holt. Durchaus aber wird auf jeden Takt nur eine
einzige Harmonie genommen.

Forlane.
(Muſik.)

Ein gemeiner Baurentanz, der in Venedig unter
dem gemeinen Volke gebraͤuchlich iſt. Die Muſik
dazu iſt in Takt mit ſehr munterer Bewegung.

Form.
(Zeichnende Kuͤnſte.)

Jn dem allgemeineſten figuͤrlichen Sinn bedeutet
dieſes Wort die Art, wie das Mannigfaltige in ei-
nem Gegenſtand in ein Ganzes verbunden iſt; folg-
lich die beſondere Art der Zuſammenſetzung. Hier
wird aber die Form nur, in ſo fern ſie ſichtbar iſt, be-
trachtet, naͤmlich als die Geſtalt koͤrperlicher Ge-

genſtaͤn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0406" n="394"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Flu&#x0364;</hi></fw><lb/>
la&#x0364;nglich &#x017F;ind. Man kann hiervon das deutlich&#x017F;te<lb/>
Bey&#x017F;piel aus der Mu&#x017F;ik nehmen. Jm Recitativ<lb/>
&#x017F;ind die Noten, die der recitirenden Stimme vor-<lb/>
ge&#x017F;chrieben &#x017F;ind, die Haupt&#x017F;ache; der begleitende Baß<lb/>
i&#x017F;t blos da, den Ton, darin ge&#x017F;prochen wird, fu&#x0364;hlen<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en, und das Geho&#x0364;r zu den ver&#x017F;chiedenen Mo-<lb/>
dulationen de&#x017F;&#x017F;elben gleich&#x017F;am zu &#x017F;timmen: mehr<lb/>
&#x017F;oll und muß man von Begleitung nicht ho&#x0364;ren.<lb/>
Al&#x017F;o muß dabey der begleitende Baß nur flu&#x0364;chtig<lb/>
ange&#x017F;chlagen werden, weil es hier gar nicht um be-<lb/>
gleitende oder ausfu&#x0364;llende Harmonie zu thun i&#x017F;t, die<lb/>
da vielmehr &#x017F;cha&#x0364;dlich wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t aber leicht zu &#x017F;ehen, daß das Flu&#x0364;chtige<lb/>
gerade die &#x017F;icher&#x017F;te Hand, oder die genaue&#x017F;te Rich-<lb/>
tigkeit erfodere. Denn weil da nichts, als das We-<lb/>
&#x017F;entlich&#x017F;te der Vor&#x017F;tellung ausgedru&#x0364;kt wird, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
auch jeder dabey vorkommende Fehler we&#x017F;entlich.<lb/>
Al&#x017F;o ko&#x0364;nnen nur große Mei&#x017F;ter in dem Flu&#x0364;chtigen<lb/>
&#x017F;icher &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Da das Flu&#x0364;chtige u&#x0364;berhaupt dem Fleißigen entge-<lb/>
gen ge&#x017F;ezt i&#x017F;t, wovon in &#x017F;einem Artikel ge&#x017F;prochen<lb/>
wird, &#x017F;o kann das, was dort angemerkt worden<lb/>
i&#x017F;t, auch hier angewendet werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Flu&#x0364;gel.</hi><lb/>
(Baukun&#x017F;t.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">S</hi>o nennt man eigentlich jeden, der Hauptma&#x017F;&#x017F;e ei-<lb/>
nes Geba&#x0364;udes, oder anch eines Ko&#x0364;rpers angeha&#x0364;ng-<lb/>
ten Theil. Eigentlich wa&#x0364;ren al&#x017F;o auch die Sa&#x0364;u-<lb/>
lenlauben und bloße Mauren, von welcher Seite<lb/>
des Geba&#x0364;udes &#x017F;ie heraus&#x017F;tu&#x0364;hnden, als Flu&#x0364;gel de&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ben zu betrachten. Man braucht &#x017F;o gar das Wort<lb/>
bey etwas langen Geba&#x0364;uden, wenn &#x017F;ie gleich nur<lb/>
aus einer einzigen Hauptma&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;tehen, von den<lb/>
Seiten de&#x017F;&#x017F;elben, die Rechts und Links von der Mitte<lb/>
ab&#x017F;tehen, &#x017F;o wie man in der Kriegskun&#x017F;t den rech-<lb/>
ten oder linken Theil des Heers, die Flu&#x0364;gel nennt.</p><lb/>
          <p>Die be&#x017F;ondere und gewo&#x0364;hnlich&#x017F;te Bedeutung des<lb/>
Worts aber i&#x017F;t die&#x017F;e, daß man es von Rebenge-<lb/>
ba&#x0364;uden braucht, die einem Hauptgeba&#x0364;ude angeha&#x0364;ngt<lb/>
werden. Man pflegt insgemein großen Hauptge-<lb/>
ba&#x0364;uden &#x017F;olche Flu&#x0364;gel entweder an den Seiten, oder<lb/>
auch von vornen oder von hinten anzuha&#x0364;ngen, ent-<lb/>
weder um der Form des Geba&#x0364;udes mehr Mannig-<lb/>
faltigkeit zu geben, oder gewi&#x017F;&#x017F;e zur innern Einrich-<lb/>
tung geho&#x0364;rigen Theile, die &#x017F;ich in der Hauptma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
nicht wol haben anbringen la&#x017F;&#x017F;en, dahin zu verle-<lb/>
gen. So haben ehedem die morgenla&#x0364;ndi&#x017F;chen Vo&#x0364;l-<lb/><cb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fol For</hi></fw><lb/>
ker an ihre Haupttempel große Flu&#x0364;gel angebauet,<lb/>
in denen die Prie&#x017F;ter ihre Wohnungen hatten, da<lb/>
es &#x017F;ich nicht &#x017F;chikte, die&#x017F;e Wohnungen mit dem Tem-<lb/>
pel &#x017F;elb&#x017F;t in eine einzige Ma&#x017F;&#x017F;e zu verbinden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Folie d&#x2019;Espagne.</hi><lb/>
(Mu&#x017F;ik und Tanzkun&#x017F;t.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>&#x017F;t ein Tanz von ern&#x017F;thafter Art fu&#x0364;r eine Per&#x017F;on,<lb/>
der auf der Schaubu&#x0364;hne aus der Mode gekommen.<lb/>
Die Mu&#x017F;ik i&#x017F;t in ¾ Takt ge&#x017F;ezt, und hat wegen ihrer<lb/>
Einfalt, ihrer vollen und leichten Harmonie etwas,<lb/>
das dem ungeu&#x0364;bte&#x017F;ten Ohr faßlich und angenehm<lb/>
i&#x017F;t. Das Stu&#x0364;k fa&#x0364;ngt im Nieder&#x017F;chlag an, und<lb/>
hat Ab&#x017F;chnitte von zwey Takten, &#x017F;o daß allemal auf<lb/>
den zweyten Takt eine halbe Cadenz ko&#x0364;mmt. Jm<lb/>
er&#x017F;ten Takt des Ab&#x017F;chnitts hat das er&#x017F;te Viertel den<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten Accent, das zweyte aber einen Punkt;<lb/>
wird al&#x017F;o la&#x0364;nger, als das er&#x017F;te angehalten. Jm<lb/>
zweyten Takt aber werden das zweyte und dritte<lb/>
Viertel leicht ange&#x017F;chlagen.</p><lb/>
          <p>Die Harmonie i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t einfach, ohne Di&#x017F;&#x017F;onan-<lb/>
zen, und man vermeidet &#x017F;o gar die Verwechslun-<lb/>
gen des Dreyklanges, und um &#x017F;ie noch einfacher<lb/>
zu machen, la&#x0364;ßt man gar oft in der obern Stimme<lb/>
die Octave des Ba&#x017F;&#x017F;es ho&#x0364;ren, welches &#x017F;on&#x017F;t in an-<lb/>
dern Stu&#x0364;ken &#x017F;orgfa&#x0364;ltig vermieden wird.</p><lb/>
          <p>Das ganze Stu&#x0364;k be&#x017F;teht aus zwey Theilen, jeder<lb/>
von acht Takten. Der er&#x017F;te &#x017F;chließt im achten Takt<lb/>
in die Dominante, und der andre in die Tonica.<lb/>
Nach die&#x017F;en 16 Takten wird das Stu&#x0364;k, &#x017F;o oft als<lb/>
man will, mit melodi&#x017F;chen Aba&#x0364;nderungen wieder-<lb/>
holt. Durchaus aber wird auf jeden Takt nur eine<lb/>
einzige Harmonie genommen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Forlane.</hi><lb/>
(Mu&#x017F;ik.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>in gemeiner Baurentanz, der in Venedig unter<lb/>
dem gemeinen Volke gebra&#x0364;uchlich i&#x017F;t. Die Mu&#x017F;ik<lb/>
dazu i&#x017F;t in <formula notation="TeX">\frac {6}{8}</formula> Takt mit &#x017F;ehr munterer Bewegung.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Form.</hi><lb/>
(Zeichnende Ku&#x0364;n&#x017F;te.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>n dem allgemeine&#x017F;ten figu&#x0364;rlichen Sinn bedeutet<lb/>
die&#x017F;es Wort die Art, wie das Mannigfaltige in ei-<lb/>
nem Gegen&#x017F;tand in ein Ganzes verbunden i&#x017F;t; folg-<lb/>
lich die be&#x017F;ondere Art der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung. Hier<lb/>
wird aber die Form nur, in &#x017F;o fern &#x017F;ie &#x017F;ichtbar i&#x017F;t, be-<lb/>
trachtet, na&#x0364;mlich als die Ge&#x017F;talt ko&#x0364;rperlicher Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen&#x017F;ta&#x0364;n-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0406] Fluͤ Fol For laͤnglich ſind. Man kann hiervon das deutlichſte Beyſpiel aus der Muſik nehmen. Jm Recitativ ſind die Noten, die der recitirenden Stimme vor- geſchrieben ſind, die Hauptſache; der begleitende Baß iſt blos da, den Ton, darin geſprochen wird, fuͤhlen zu laſſen, und das Gehoͤr zu den verſchiedenen Mo- dulationen deſſelben gleichſam zu ſtimmen: mehr ſoll und muß man von Begleitung nicht hoͤren. Alſo muß dabey der begleitende Baß nur fluͤchtig angeſchlagen werden, weil es hier gar nicht um be- gleitende oder ausfuͤllende Harmonie zu thun iſt, die da vielmehr ſchaͤdlich waͤre. Es iſt aber leicht zu ſehen, daß das Fluͤchtige gerade die ſicherſte Hand, oder die genaueſte Rich- tigkeit erfodere. Denn weil da nichts, als das We- ſentlichſte der Vorſtellung ausgedruͤkt wird, ſo iſt auch jeder dabey vorkommende Fehler weſentlich. Alſo koͤnnen nur große Meiſter in dem Fluͤchtigen ſicher ſeyn. Da das Fluͤchtige uͤberhaupt dem Fleißigen entge- gen geſezt iſt, wovon in ſeinem Artikel geſprochen wird, ſo kann das, was dort angemerkt worden iſt, auch hier angewendet werden. Fluͤgel. (Baukunſt.) So nennt man eigentlich jeden, der Hauptmaſſe ei- nes Gebaͤudes, oder anch eines Koͤrpers angehaͤng- ten Theil. Eigentlich waͤren alſo auch die Saͤu- lenlauben und bloße Mauren, von welcher Seite des Gebaͤudes ſie herausſtuͤhnden, als Fluͤgel deſſel- ben zu betrachten. Man braucht ſo gar das Wort bey etwas langen Gebaͤuden, wenn ſie gleich nur aus einer einzigen Hauptmaſſe beſtehen, von den Seiten deſſelben, die Rechts und Links von der Mitte abſtehen, ſo wie man in der Kriegskunſt den rech- ten oder linken Theil des Heers, die Fluͤgel nennt. Die beſondere und gewoͤhnlichſte Bedeutung des Worts aber iſt dieſe, daß man es von Rebenge- baͤuden braucht, die einem Hauptgebaͤude angehaͤngt werden. Man pflegt insgemein großen Hauptge- baͤuden ſolche Fluͤgel entweder an den Seiten, oder auch von vornen oder von hinten anzuhaͤngen, ent- weder um der Form des Gebaͤudes mehr Mannig- faltigkeit zu geben, oder gewiſſe zur innern Einrich- tung gehoͤrigen Theile, die ſich in der Hauptmaſſe nicht wol haben anbringen laſſen, dahin zu verle- gen. So haben ehedem die morgenlaͤndiſchen Voͤl- ker an ihre Haupttempel große Fluͤgel angebauet, in denen die Prieſter ihre Wohnungen hatten, da es ſich nicht ſchikte, dieſe Wohnungen mit dem Tem- pel ſelbſt in eine einzige Maſſe zu verbinden. Folie d’Espagne. (Muſik und Tanzkunſt.) Jſt ein Tanz von ernſthafter Art fuͤr eine Perſon, der auf der Schaubuͤhne aus der Mode gekommen. Die Muſik iſt in ¾ Takt geſezt, und hat wegen ihrer Einfalt, ihrer vollen und leichten Harmonie etwas, das dem ungeuͤbteſten Ohr faßlich und angenehm iſt. Das Stuͤk faͤngt im Niederſchlag an, und hat Abſchnitte von zwey Takten, ſo daß allemal auf den zweyten Takt eine halbe Cadenz koͤmmt. Jm erſten Takt des Abſchnitts hat das erſte Viertel den ſtaͤrkſten Accent, das zweyte aber einen Punkt; wird alſo laͤnger, als das erſte angehalten. Jm zweyten Takt aber werden das zweyte und dritte Viertel leicht angeſchlagen. Die Harmonie iſt hoͤchſt einfach, ohne Diſſonan- zen, und man vermeidet ſo gar die Verwechslun- gen des Dreyklanges, und um ſie noch einfacher zu machen, laͤßt man gar oft in der obern Stimme die Octave des Baſſes hoͤren, welches ſonſt in an- dern Stuͤken ſorgfaͤltig vermieden wird. Das ganze Stuͤk beſteht aus zwey Theilen, jeder von acht Takten. Der erſte ſchließt im achten Takt in die Dominante, und der andre in die Tonica. Nach dieſen 16 Takten wird das Stuͤk, ſo oft als man will, mit melodiſchen Abaͤnderungen wieder- holt. Durchaus aber wird auf jeden Takt nur eine einzige Harmonie genommen. Forlane. (Muſik.) Ein gemeiner Baurentanz, der in Venedig unter dem gemeinen Volke gebraͤuchlich iſt. Die Muſik dazu iſt in [FORMEL] Takt mit ſehr munterer Bewegung. Form. (Zeichnende Kuͤnſte.) Jn dem allgemeineſten figuͤrlichen Sinn bedeutet dieſes Wort die Art, wie das Mannigfaltige in ei- nem Gegenſtand in ein Ganzes verbunden iſt; folg- lich die beſondere Art der Zuſammenſetzung. Hier wird aber die Form nur, in ſo fern ſie ſichtbar iſt, be- trachtet, naͤmlich als die Geſtalt koͤrperlicher Ge- genſtaͤn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/406
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/406>, abgerufen am 02.05.2024.