Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Abs Griechen den Abschnitt an vier verschiedenen Stel-len gesetzt haben; allein die Regeln dienen hier zu nichts, wo der Dichter blos dem Gehör folgen kann. Mit dem Abschnit hat der Einschnit der unge- bundenen Rede große Aehnlichkeit. Abschnit in der Melodie. Der vollkommene [Abbildung]
Das Ohr empfindet keine würkliche Ruhe, als bis Diese Abschnite haben eben den Ursprung, als Abs Abz nen sie einen sehr vortheilhaften Einfluß in denAusdruck bekommen. Jn Singstücken müssen die Abschnite mit den Einschniten des Textes ge- nau übereinkommen. (*)(*) S. Me- lodie, Rhyth- mus. Abschnite in der Baukunst, sind in der Drey- schlitz. Abseite. Jst im gemeinen Sinn ein kleiner Raum oder Platz Abseiten in der Baukunst werden vornehmlich Abseite einer Schaumünze (Exergue) ein un- Abzeichnen, auch Durchzeichnen. Eine Zeichnung vom Papier auf einen andern Man verfährt hiebey auf verfchiedene Weise. nen
[Spaltenumbruch] Abſ Griechen den Abſchnitt an vier verſchiedenen Stel-len geſetzt haben; allein die Regeln dienen hier zu nichts, wo der Dichter blos dem Gehoͤr folgen kann. Mit dem Abſchnit hat der Einſchnit der unge- bundenen Rede große Aehnlichkeit. Abſchnit in der Melodie. Der vollkommene [Abbildung]
Das Ohr empfindet keine wuͤrkliche Ruhe, als bis Dieſe Abſchnite haben eben den Urſprung, als Abſ Abz nen ſie einen ſehr vortheilhaften Einfluß in denAusdruck bekommen. Jn Singſtuͤcken muͤſſen die Abſchnite mit den Einſchniten des Textes ge- nau uͤbereinkommen. (*)(*) S. Me- lodie, Rhyth- mus. Abſchnite in der Baukunſt, ſind in der Drey- ſchlitz. Abſeite. Jſt im gemeinen Sinn ein kleiner Raum oder Platz Abſeiten in der Baukunſt werden vornehmlich Abſeite einer Schaumuͤnze (Exergue) ein un- Abzeichnen, auch Durchzeichnen. Eine Zeichnung vom Papier auf einen andern Man verfaͤhrt hiebey auf verfchiedene Weiſe. nen
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Abſ
Abſ Abz
Griechen den Abſchnitt an vier verſchiedenen Stel-
len geſetzt haben; allein die Regeln dienen hier zu
nichts, wo der Dichter blos dem Gehoͤr folgen kann.
Mit dem Abſchnit hat der Einſchnit der unge-
bundenen Rede große Aehnlichkeit.
Abſchnit in der Melodie. Der vollkommene
Geſang muß eben ſo, wie jedes aus Theilen beſte-
hende Schoͤne in, Glieder abgetheilt ſeyn (*). Die
Hauptglieder werden im Geſang, wie in der Rede,
Perioden genennt, an deren Ende eine wuͤrk-
liche Ruhe iſt. Die Perioden haben aber auch ihre
Glieder, die ſich durch kleine unvollkommene Ruhe-
punkte unterſcheiden, bey denen man ſich nicht ver-
weilen kann, ohne zu merken, daß noch etwas fehlt.
Man ſinge folgende Periode:
(*) Muſik.
Melodie.
Glied.
[Abbildung]
Das Ohr empfindet keine wuͤrkliche Ruhe, als bis
der Geſang auf den letzten Ton gekommen iſt.
Sollte es aber in einer ſolchen Staͤtigkeit von An-
fange bis dahin fortgehen, ſo waͤre dieſes Glied,
oder dieſe ganze Periode zu lange, das Ohr wuͤrde
ihren Gang nicht faſſen. Der Tonſetzer hat dafuͤr
geſorget, daß dieſe zu lange Staͤtigkeit durch Ab-
theilung der Periode in kleinere Glieder unterbro-
chen werde. Man empfindet die Eintheilung der
Perioden in vier Glieder, durch die Ruhepunkte,
die man auf den erſten Toͤnen des zweyten, des drit-
ten und des vierten Takts ſetzen kann.
Dieſe Abſchnite haben eben den Urſprung, als
die, davon im vorhergehenden Artikel geſprochen
worden, daher haben ſie auch dieſelben Eigenſchaf-
ten. Sie trennen das vorhergehende Glied von
dem folgenden nicht, ſie verſtatten keine voͤllige
Ruhe, ſondern laſſen das folgende erwarten; ſie
fallen auf lange nachdruͤckliche Sylben, ſie koͤnnen
ſo wenig mitten in eine Figur, als jene mitten in
ein Wort fallen. Die Abſchnite in der Muſik
koͤnnen durch die Verſchiedenheit der Figuren,
durch verſchiedene Modificationen der Stimmen,
durch Nachdruck auf gewiſſen Toͤnen, durch die Ver-
aͤnderung der Harmonie und andere Mittel bewuͤrkt
werden: ſie koͤnnen bald weiter aus einander,
bald enger in einander ſtehen, und dadurch koͤn-
nen ſie einen ſehr vortheilhaften Einfluß in den
Ausdruck bekommen. Jn Singſtuͤcken muͤſſen
die Abſchnite mit den Einſchniten des Textes ge-
nau uͤbereinkommen. (*)
Abſchnite in der Baukunſt, ſind in der
toſcaniſchen Ordnung einiger Baumeiſter her-
vorſtehende Theile an dem Fries, welche ſo wie
die Dreyſchlitze der doriſchen Ordnung die Balken
Koͤpfe des oberſten Bodens vorſtellen. Die Alten
fielen nicht auf dieſe Abſchnite, die Scamozzi
zuerſt, aber nur uͤber jede Saͤule einen, angebracht
hat. Dadurch hat er dieſer ohnedem ſchon kahlen
Ordnung ein noch magerers Anſehen gegeben.
Mit mehr Geſchmack hat Goldmann ſie durch den
ganzen Fries angebracht, und ſie, weil ſie eben ſo,
wie die Dreyſchlizze entſtanden, auch denſelbigen
Regeln unterworfen. (*)
Abſeite.
Jſt im gemeinen Sinn ein kleiner Raum oder Platz
neben einem großen Hauptplatz. Daher hat es
in den ſchoͤnen Kuͤnſten zwey beſondere Bedeu-
tungen bekommen.
Abſeiten in der Baukunſt werden vornehmlich
in den, nach gemeiner Art gebauten, Kirchen die bey-
den Theile genannt, welche rechts und links an dem
Hauptraum, der das Schiff genennet wird, liegen,
die man als Gaͤnge anſehen kan, durch welche man
ohne durch das Schiff zu gehen, an welchen Ort
deßelben man will, kommen kann.
Abſeite einer Schaumuͤnze (Exergue) ein un-
ten an der einen Hauptſeite abgeſonderter Platz, auf
welchem insgemein die Jahrzahl oder etwas von
Nebenumſtaͤnden der, auf der Muͤnze vorgeſtellten
Sache, angezeiget wird. S. Schaumuͤnze.
Abzeichnen, auch Durchzeichnen.
Eine Zeichnung vom Papier auf einen andern
Grund, beſonders aber auf den Firnisgrund, zum
Radiren mechaniſch uͤbertragen. Durch das me-
chaniſche iſt dieſe Arbeit vom eigentlichen Zeichnen
mit freyer Hand verſchieden; denn beym Abzeichnen
fuͤhrt die Hand den Stift uͤber alle Striche der Ori-
ginal Zeichnung hin.
Man verfaͤhrt hiebey auf verfchiedene Weiſe.
Will man die Abzeichnung auf Papier haben, ſo
legt man ein, mit fein geriebenem Rothſtein, oder
Bleyſtift, oder etwas fett gemachten Ruß, auf ei-
nen
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