Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch]

Aca
ner Seite bestrichenes Papier, zwischen das Origi-
nal und das Blatt, auf welches die Abzeichnung
kommen soll; mit einem feinen Stifte von Silber,
Elfenbein oder hartem Holze, fährt man mit mäßi-
gem drucken über die Striche des Originals, wel-
che sich dadurch von dem gefärbten Papier auf das
untere Blatt abdrucken. Noch kürzer wäre es,
wenn man ohne das Mittelblatt gleich die Original
Zeichnung auf der unrechten Seite färbte. Auf
diese Art wird die Zeichnung auch auf den Grund
einer Kupferplatte getragen.

Was auf diese Art abgezeichnet ist, wird, nach-
dem es geäzt und von der Platte abgedruckt wor-
den, verkehrt vorgestellt. Nämlich, was im Original
die rechte Seite ausmacht, ist im Abdruck die linke.
Und daher kommt es, daß in so manchem Kupfer die
Degen an der rechten Hüfte hängen, oder mit der
linken Hand gezogen werden. Will man dieses ver-
meiden, so muß man die Originalzeichnung ver-
kehrt auf den Grund tragen. Dieses kan auf fol-
gende Art geschehen. Man bestreicht ein feines
Papier mit Terpentinspiritus, davon wird es
durchsichtig. Wenn es trocken worden, so legt
man daßelbe auf die Originalzeichnung, die als-
denn sehr klar durchscheinet, so daß sie mit Dusch
oder einer andern Farbe auf das Oelpapier
kann abgezeichnet werden. Legt man nun diese
Zeichnung verkehrt auf den Grund der Kupferplat-
te und zeichnet sie, nach der vorher beschriebenen Me-
thode, noch einmal ab, so werden die Abdrücke so
wie die Originalzeichnung.

Academien.
(Zeichnende Künste.)

Oeffentliche Anstalten, in welchen die Jugend in
allem, was zum Zeichnen gehört, unterrichtet
wird. Sie werden insgemein Mahleracademien
genennet, obgleich nicht das eigentliche Mahlen,
sondern das Zeichnen darin fürnehmlich gelehrt wird.
Diese Anstalten sind, so wie die Schulen der Ge-
lehrsamkeit und der Wissenschaften, mit einer hin-
länglichen Anzahl Lehrer versehen, die den Titel der
Profeßoren haben. Diese unterrichten die Jugend
in allen Theilen der Zeichnungskunst, vornehmlich
aber in dem wichtigsten Theil derselben, der
Zeichnung der Figuren oder der menschlichen
Gestalt. Diese ist der wesentliche Theil der Kunst
des Mahlers, des Bildhauers, des Stein- und
[Spaltenumbruch]

Aca
Stempelschneiders und auch des Kupferstechers;
deßwegen dienet die Academie den Schülern aller
dieser Künste.

Ohne Kentnis der Knochen, und der vor-
nehmsten Muskeln des menschlichen Körpers, kan
die Zeichnungskunst deßelben nicht vollkommen seyn,
und ohne die Wissenschaft der Perspective können
weder historische Gemälde noch Landschaften ganz
richtig gezeichnet werden; deßwegen hat die Acade-
mie auch einen Lehrer der Anatomie und einen für
die Wissenschaft der Perspective. Zu diesen kommt
endlich auch noch eiu Lehrer der Baukunst, weil gar
ofte ganze Gebäude, oder Theile derselben, auf den
Gemälden vorgestellt werden.

Dieses sind die nothwendigsten Lehrer, welche
nicht nur die Regeln der Kunst vortragen, sondern
die Jugend auch zur Ausübung derselben anführen.
Sollte eine solche Schule ganz vollkommen seyn, so
müssten auch noch für andere, weniger mechanische
Theile der Kunst, Lehrer vorhanden seyn. Derglei-
chen wären; ein Lehrer der Alterthümer, der die Ge-
bräuche, die Sitten, und alles was zum übli-
chen gehört hinlänglich erklärte; ein Lehrer des
Ausdrucks der Leidenschaften, dem auch zugleich
der Unterricht über die Anordnung eines Ge-
mäldes und über das, was zum Geschmack gehört,
könnte aufgetragen werden. Diese Lehrer fehlen
den Academien insgemein, und die Theile der Kunst,
die ihnen hier zugeschrieben sind, werden auf den Aca-
demien nur beyläufig gelehrt.

Die Academie muß hiernächst mit einem guten
Vorrath von Sachen versehen seyn, die zu Erler-
nung der Zeichnungskunst nothwendig sind. Die-
se bestehen vornemlich in folgenden Dingen: Zeich-
nungsbücher, in welchen zuerst die einzele Theile der
Figuren, die Form und Proportion der Köpfe, der
Nasen, Ohren, Augen, u. s. f. hernach ganze
Haupttheile, endlich ganze Figuren zum nachzeich-
nen, in hinlänglicher Abwechslung befindlich sind.
Das Nachzeichnen dieser Originale, ist das erste,
worin die Jugend geübet wird. Auf diese Zeich-
nungsbücher sollten nun Zeichnungen von Figu-
ren folgen, welche nach den vornehmsten Werken
der Kunst gemacht sind; richtige Zeichnungen von
Antiken; auserlesenen Figuren der grössten Meister,
eines Raphael, Michelangelo, der Carrache u. a.
bey deren Nachzeichnung die Jugend schon etwas von
den höhern Theilen der Kunst lernt.

Das

[Spaltenumbruch]

Aca
ner Seite beſtrichenes Papier, zwiſchen das Origi-
nal und das Blatt, auf welches die Abzeichnung
kommen ſoll; mit einem feinen Stifte von Silber,
Elfenbein oder hartem Holze, faͤhrt man mit maͤßi-
gem drucken uͤber die Striche des Originals, wel-
che ſich dadurch von dem gefaͤrbten Papier auf das
untere Blatt abdrucken. Noch kuͤrzer waͤre es,
wenn man ohne das Mittelblatt gleich die Original
Zeichnung auf der unrechten Seite faͤrbte. Auf
dieſe Art wird die Zeichnung auch auf den Grund
einer Kupferplatte getragen.

Was auf dieſe Art abgezeichnet iſt, wird, nach-
dem es geaͤzt und von der Platte abgedruckt wor-
den, verkehrt vorgeſtellt. Naͤmlich, was im Original
die rechte Seite ausmacht, iſt im Abdruck die linke.
Und daher kommt es, daß in ſo manchem Kupfer die
Degen an der rechten Huͤfte haͤngen, oder mit der
linken Hand gezogen werden. Will man dieſes ver-
meiden, ſo muß man die Originalzeichnung ver-
kehrt auf den Grund tragen. Dieſes kan auf fol-
gende Art geſchehen. Man beſtreicht ein feines
Papier mit Terpentinſpiritus, davon wird es
durchſichtig. Wenn es trocken worden, ſo legt
man daßelbe auf die Originalzeichnung, die als-
denn ſehr klar durchſcheinet, ſo daß ſie mit Duſch
oder einer andern Farbe auf das Oelpapier
kann abgezeichnet werden. Legt man nun dieſe
Zeichnung verkehrt auf den Grund der Kupferplat-
te und zeichnet ſie, nach der vorher beſchriebenen Me-
thode, noch einmal ab, ſo werden die Abdruͤcke ſo
wie die Originalzeichnung.

Academien.
(Zeichnende Kuͤnſte.)

Oeffentliche Anſtalten, in welchen die Jugend in
allem, was zum Zeichnen gehoͤrt, unterrichtet
wird. Sie werden insgemein Mahleracademien
genennet, obgleich nicht das eigentliche Mahlen,
ſondern das Zeichnen darin fuͤrnehmlich gelehrt wird.
Dieſe Anſtalten ſind, ſo wie die Schulen der Ge-
lehrſamkeit und der Wiſſenſchaften, mit einer hin-
laͤnglichen Anzahl Lehrer verſehen, die den Titel der
Profeßoren haben. Dieſe unterrichten die Jugend
in allen Theilen der Zeichnungskunſt, vornehmlich
aber in dem wichtigſten Theil derſelben, der
Zeichnung der Figuren oder der menſchlichen
Geſtalt. Dieſe iſt der weſentliche Theil der Kunſt
des Mahlers, des Bildhauers, des Stein- und
[Spaltenumbruch]

Aca
Stempelſchneiders und auch des Kupferſtechers;
deßwegen dienet die Academie den Schuͤlern aller
dieſer Kuͤnſte.

Ohne Kentnis der Knochen, und der vor-
nehmſten Muskeln des menſchlichen Koͤrpers, kan
die Zeichnungskunſt deßelben nicht vollkommen ſeyn,
und ohne die Wiſſenſchaft der Perſpective koͤnnen
weder hiſtoriſche Gemaͤlde noch Landſchaften ganz
richtig gezeichnet werden; deßwegen hat die Acade-
mie auch einen Lehrer der Anatomie und einen fuͤr
die Wiſſenſchaft der Perſpective. Zu dieſen kommt
endlich auch noch eiu Lehrer der Baukunſt, weil gar
ofte ganze Gebaͤude, oder Theile derſelben, auf den
Gemaͤlden vorgeſtellt werden.

Dieſes ſind die nothwendigſten Lehrer, welche
nicht nur die Regeln der Kunſt vortragen, ſondern
die Jugend auch zur Ausuͤbung derſelben anfuͤhren.
Sollte eine ſolche Schule ganz vollkommen ſeyn, ſo
muͤſſten auch noch fuͤr andere, weniger mechaniſche
Theile der Kunſt, Lehrer vorhanden ſeyn. Derglei-
chen waͤren; ein Lehrer der Alterthuͤmer, der die Ge-
braͤuche, die Sitten, und alles was zum uͤbli-
chen gehoͤrt hinlaͤnglich erklaͤrte; ein Lehrer des
Ausdrucks der Leidenſchaften, dem auch zugleich
der Unterricht uͤber die Anordnung eines Ge-
maͤldes und uͤber das, was zum Geſchmack gehoͤrt,
koͤnnte aufgetragen werden. Dieſe Lehrer fehlen
den Academien insgemein, und die Theile der Kunſt,
die ihnen hier zugeſchrieben ſind, werden auf den Aca-
demien nur beylaͤufig gelehrt.

Die Academie muß hiernaͤchſt mit einem guten
Vorrath von Sachen verſehen ſeyn, die zu Erler-
nung der Zeichnungskunſt nothwendig ſind. Die-
ſe beſtehen vornemlich in folgenden Dingen: Zeich-
nungsbuͤcher, in welchen zuerſt die einzele Theile der
Figuren, die Form und Proportion der Koͤpfe, der
Naſen, Ohren, Augen, u. ſ. f. hernach ganze
Haupttheile, endlich ganze Figuren zum nachzeich-
nen, in hinlaͤnglicher Abwechslung befindlich ſind.
Das Nachzeichnen dieſer Originale, iſt das erſte,
worin die Jugend geuͤbet wird. Auf dieſe Zeich-
nungsbuͤcher ſollten nun Zeichnungen von Figu-
ren folgen, welche nach den vornehmſten Werken
der Kunſt gemacht ſind; richtige Zeichnungen von
Antiken; auserleſenen Figuren der groͤſſten Meiſter,
eines Raphael, Michelangelo, der Carrache u. a.
bey deren Nachzeichnung die Jugend ſchon etwas von
den hoͤhern Theilen der Kunſt lernt.

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0020" n="8"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Aca</hi></fw><lb/>
ner Seite be&#x017F;trichenes Papier, zwi&#x017F;chen das Origi-<lb/>
nal und das Blatt, auf welches die Abzeichnung<lb/>
kommen &#x017F;oll; mit einem feinen Stifte von Silber,<lb/>
Elfenbein oder hartem Holze, fa&#x0364;hrt man mit ma&#x0364;ßi-<lb/>
gem drucken u&#x0364;ber die Striche des Originals, wel-<lb/>
che &#x017F;ich dadurch von dem gefa&#x0364;rbten Papier auf das<lb/>
untere Blatt abdrucken. Noch ku&#x0364;rzer wa&#x0364;re es,<lb/>
wenn man ohne das Mittelblatt gleich die Original<lb/>
Zeichnung auf der unrechten Seite fa&#x0364;rbte. Auf<lb/>
die&#x017F;e Art wird die Zeichnung auch auf den Grund<lb/>
einer Kupferplatte getragen.</p><lb/>
          <p>Was auf die&#x017F;e Art abgezeichnet i&#x017F;t, wird, nach-<lb/>
dem es gea&#x0364;zt und von der Platte abgedruckt wor-<lb/>
den, verkehrt vorge&#x017F;tellt. Na&#x0364;mlich, was im Original<lb/>
die rechte Seite ausmacht, i&#x017F;t im Abdruck die linke.<lb/>
Und daher kommt es, daß in &#x017F;o manchem Kupfer die<lb/>
Degen an der rechten Hu&#x0364;fte ha&#x0364;ngen, oder mit der<lb/>
linken Hand gezogen werden. Will man die&#x017F;es ver-<lb/>
meiden, &#x017F;o muß man die Originalzeichnung ver-<lb/>
kehrt auf den Grund tragen. Die&#x017F;es kan auf fol-<lb/>
gende Art ge&#x017F;chehen. Man be&#x017F;treicht ein feines<lb/>
Papier mit Terpentin&#x017F;piritus, davon wird es<lb/>
durch&#x017F;ichtig. Wenn es trocken worden, &#x017F;o legt<lb/>
man daßelbe auf die Originalzeichnung, die als-<lb/>
denn &#x017F;ehr klar durch&#x017F;cheinet, &#x017F;o daß &#x017F;ie mit Du&#x017F;ch<lb/>
oder einer andern Farbe auf das Oelpapier<lb/>
kann abgezeichnet werden. Legt man nun die&#x017F;e<lb/>
Zeichnung verkehrt auf den Grund der Kupferplat-<lb/>
te und zeichnet &#x017F;ie, nach der vorher be&#x017F;chriebenen Me-<lb/>
thode, noch einmal ab, &#x017F;o werden die Abdru&#x0364;cke &#x017F;o<lb/>
wie die Originalzeichnung.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Academien.</hi><lb/>
(Zeichnende Ku&#x0364;n&#x017F;te.)</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">O</hi>effentliche An&#x017F;talten, in welchen die Jugend in<lb/>
allem, was zum Zeichnen geho&#x0364;rt, unterrichtet<lb/>
wird. Sie werden insgemein Mahleracademien<lb/>
genennet, obgleich nicht das eigentliche Mahlen,<lb/>
&#x017F;ondern das Zeichnen darin fu&#x0364;rnehmlich gelehrt wird.<lb/>
Die&#x017F;e An&#x017F;talten &#x017F;ind, &#x017F;o wie die Schulen der Ge-<lb/>
lehr&#x017F;amkeit und der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, mit einer hin-<lb/>
la&#x0364;nglichen Anzahl Lehrer ver&#x017F;ehen, die den Titel der<lb/>
Profeßoren haben. Die&#x017F;e unterrichten die Jugend<lb/>
in allen Theilen der Zeichnungskun&#x017F;t, vornehmlich<lb/>
aber in dem wichtig&#x017F;ten Theil der&#x017F;elben, der<lb/>
Zeichnung der Figuren oder der men&#x017F;chlichen<lb/>
Ge&#x017F;talt. Die&#x017F;e i&#x017F;t der we&#x017F;entliche Theil der Kun&#x017F;t<lb/>
des Mahlers, des Bildhauers, des Stein- und<lb/><cb/>
<fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Aca</hi></fw><lb/>
Stempel&#x017F;chneiders und auch des Kupfer&#x017F;techers;<lb/>
deßwegen dienet die Academie den Schu&#x0364;lern aller<lb/>
die&#x017F;er Ku&#x0364;n&#x017F;te.</p><lb/>
          <p>Ohne Kentnis der Knochen, und der vor-<lb/>
nehm&#x017F;ten Muskeln des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers, kan<lb/>
die Zeichnungskun&#x017F;t deßelben nicht vollkommen &#x017F;eyn,<lb/>
und ohne die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft der Per&#x017F;pective ko&#x0364;nnen<lb/>
weder hi&#x017F;tori&#x017F;che Gema&#x0364;lde noch Land&#x017F;chaften ganz<lb/>
richtig gezeichnet werden; deßwegen hat die Acade-<lb/>
mie auch einen Lehrer der Anatomie und einen fu&#x0364;r<lb/>
die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft der Per&#x017F;pective. Zu die&#x017F;en kommt<lb/>
endlich auch noch eiu Lehrer der Baukun&#x017F;t, weil gar<lb/>
ofte ganze Geba&#x0364;ude, oder Theile der&#x017F;elben, auf den<lb/>
Gema&#x0364;lden vorge&#x017F;tellt werden.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es &#x017F;ind die nothwendig&#x017F;ten Lehrer, welche<lb/>
nicht nur die Regeln der Kun&#x017F;t vortragen, &#x017F;ondern<lb/>
die Jugend auch zur Ausu&#x0364;bung der&#x017F;elben anfu&#x0364;hren.<lb/>
Sollte eine &#x017F;olche Schule ganz vollkommen &#x017F;eyn, &#x017F;o<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ten auch noch fu&#x0364;r andere, weniger mechani&#x017F;che<lb/>
Theile der Kun&#x017F;t, Lehrer vorhanden &#x017F;eyn. Derglei-<lb/>
chen wa&#x0364;ren; ein Lehrer der Alterthu&#x0364;mer, der die Ge-<lb/>
bra&#x0364;uche, die Sitten, und alles was zum u&#x0364;bli-<lb/>
chen geho&#x0364;rt hinla&#x0364;nglich erkla&#x0364;rte; ein Lehrer des<lb/>
Ausdrucks der Leiden&#x017F;chaften, dem auch zugleich<lb/>
der Unterricht u&#x0364;ber die Anordnung eines Ge-<lb/>
ma&#x0364;ldes und u&#x0364;ber das, was zum Ge&#x017F;chmack geho&#x0364;rt,<lb/>
ko&#x0364;nnte aufgetragen werden. Die&#x017F;e Lehrer fehlen<lb/>
den Academien insgemein, und die Theile der Kun&#x017F;t,<lb/>
die ihnen hier zuge&#x017F;chrieben &#x017F;ind, werden auf den Aca-<lb/>
demien nur beyla&#x0364;ufig gelehrt.</p><lb/>
          <p>Die Academie muß hierna&#x0364;ch&#x017F;t mit einem guten<lb/>
Vorrath von Sachen ver&#x017F;ehen &#x017F;eyn, die zu Erler-<lb/>
nung der Zeichnungskun&#x017F;t nothwendig &#x017F;ind. Die-<lb/>
&#x017F;e be&#x017F;tehen vornemlich in folgenden Dingen: Zeich-<lb/>
nungsbu&#x0364;cher, in welchen zuer&#x017F;t die einzele Theile der<lb/>
Figuren, die Form und Proportion der Ko&#x0364;pfe, der<lb/>
Na&#x017F;en, Ohren, Augen, u. &#x017F;. f. hernach ganze<lb/>
Haupttheile, endlich ganze Figuren zum nachzeich-<lb/>
nen, in hinla&#x0364;nglicher Abwechslung befindlich &#x017F;ind.<lb/>
Das Nachzeichnen die&#x017F;er Originale, i&#x017F;t das er&#x017F;te,<lb/>
worin die Jugend geu&#x0364;bet wird. Auf die&#x017F;e Zeich-<lb/>
nungsbu&#x0364;cher &#x017F;ollten nun Zeichnungen von Figu-<lb/>
ren folgen, welche nach den vornehm&#x017F;ten Werken<lb/>
der Kun&#x017F;t gemacht &#x017F;ind; richtige Zeichnungen von<lb/>
Antiken; auserle&#x017F;enen Figuren der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ten Mei&#x017F;ter,<lb/>
eines Raphael, Michelangelo, der Carrache u. a.<lb/>
bey deren Nachzeichnung die Jugend &#x017F;chon etwas von<lb/>
den ho&#x0364;hern Theilen der Kun&#x017F;t lernt.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0020] Aca Aca ner Seite beſtrichenes Papier, zwiſchen das Origi- nal und das Blatt, auf welches die Abzeichnung kommen ſoll; mit einem feinen Stifte von Silber, Elfenbein oder hartem Holze, faͤhrt man mit maͤßi- gem drucken uͤber die Striche des Originals, wel- che ſich dadurch von dem gefaͤrbten Papier auf das untere Blatt abdrucken. Noch kuͤrzer waͤre es, wenn man ohne das Mittelblatt gleich die Original Zeichnung auf der unrechten Seite faͤrbte. Auf dieſe Art wird die Zeichnung auch auf den Grund einer Kupferplatte getragen. Was auf dieſe Art abgezeichnet iſt, wird, nach- dem es geaͤzt und von der Platte abgedruckt wor- den, verkehrt vorgeſtellt. Naͤmlich, was im Original die rechte Seite ausmacht, iſt im Abdruck die linke. Und daher kommt es, daß in ſo manchem Kupfer die Degen an der rechten Huͤfte haͤngen, oder mit der linken Hand gezogen werden. Will man dieſes ver- meiden, ſo muß man die Originalzeichnung ver- kehrt auf den Grund tragen. Dieſes kan auf fol- gende Art geſchehen. Man beſtreicht ein feines Papier mit Terpentinſpiritus, davon wird es durchſichtig. Wenn es trocken worden, ſo legt man daßelbe auf die Originalzeichnung, die als- denn ſehr klar durchſcheinet, ſo daß ſie mit Duſch oder einer andern Farbe auf das Oelpapier kann abgezeichnet werden. Legt man nun dieſe Zeichnung verkehrt auf den Grund der Kupferplat- te und zeichnet ſie, nach der vorher beſchriebenen Me- thode, noch einmal ab, ſo werden die Abdruͤcke ſo wie die Originalzeichnung. Academien. (Zeichnende Kuͤnſte.) Oeffentliche Anſtalten, in welchen die Jugend in allem, was zum Zeichnen gehoͤrt, unterrichtet wird. Sie werden insgemein Mahleracademien genennet, obgleich nicht das eigentliche Mahlen, ſondern das Zeichnen darin fuͤrnehmlich gelehrt wird. Dieſe Anſtalten ſind, ſo wie die Schulen der Ge- lehrſamkeit und der Wiſſenſchaften, mit einer hin- laͤnglichen Anzahl Lehrer verſehen, die den Titel der Profeßoren haben. Dieſe unterrichten die Jugend in allen Theilen der Zeichnungskunſt, vornehmlich aber in dem wichtigſten Theil derſelben, der Zeichnung der Figuren oder der menſchlichen Geſtalt. Dieſe iſt der weſentliche Theil der Kunſt des Mahlers, des Bildhauers, des Stein- und Stempelſchneiders und auch des Kupferſtechers; deßwegen dienet die Academie den Schuͤlern aller dieſer Kuͤnſte. Ohne Kentnis der Knochen, und der vor- nehmſten Muskeln des menſchlichen Koͤrpers, kan die Zeichnungskunſt deßelben nicht vollkommen ſeyn, und ohne die Wiſſenſchaft der Perſpective koͤnnen weder hiſtoriſche Gemaͤlde noch Landſchaften ganz richtig gezeichnet werden; deßwegen hat die Acade- mie auch einen Lehrer der Anatomie und einen fuͤr die Wiſſenſchaft der Perſpective. Zu dieſen kommt endlich auch noch eiu Lehrer der Baukunſt, weil gar ofte ganze Gebaͤude, oder Theile derſelben, auf den Gemaͤlden vorgeſtellt werden. Dieſes ſind die nothwendigſten Lehrer, welche nicht nur die Regeln der Kunſt vortragen, ſondern die Jugend auch zur Ausuͤbung derſelben anfuͤhren. Sollte eine ſolche Schule ganz vollkommen ſeyn, ſo muͤſſten auch noch fuͤr andere, weniger mechaniſche Theile der Kunſt, Lehrer vorhanden ſeyn. Derglei- chen waͤren; ein Lehrer der Alterthuͤmer, der die Ge- braͤuche, die Sitten, und alles was zum uͤbli- chen gehoͤrt hinlaͤnglich erklaͤrte; ein Lehrer des Ausdrucks der Leidenſchaften, dem auch zugleich der Unterricht uͤber die Anordnung eines Ge- maͤldes und uͤber das, was zum Geſchmack gehoͤrt, koͤnnte aufgetragen werden. Dieſe Lehrer fehlen den Academien insgemein, und die Theile der Kunſt, die ihnen hier zugeſchrieben ſind, werden auf den Aca- demien nur beylaͤufig gelehrt. Die Academie muß hiernaͤchſt mit einem guten Vorrath von Sachen verſehen ſeyn, die zu Erler- nung der Zeichnungskunſt nothwendig ſind. Die- ſe beſtehen vornemlich in folgenden Dingen: Zeich- nungsbuͤcher, in welchen zuerſt die einzele Theile der Figuren, die Form und Proportion der Koͤpfe, der Naſen, Ohren, Augen, u. ſ. f. hernach ganze Haupttheile, endlich ganze Figuren zum nachzeich- nen, in hinlaͤnglicher Abwechslung befindlich ſind. Das Nachzeichnen dieſer Originale, iſt das erſte, worin die Jugend geuͤbet wird. Auf dieſe Zeich- nungsbuͤcher ſollten nun Zeichnungen von Figu- ren folgen, welche nach den vornehmſten Werken der Kunſt gemacht ſind; richtige Zeichnungen von Antiken; auserleſenen Figuren der groͤſſten Meiſter, eines Raphael, Michelangelo, der Carrache u. a. bey deren Nachzeichnung die Jugend ſchon etwas von den hoͤhern Theilen der Kunſt lernt. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/20
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/20>, abgerufen am 29.03.2024.