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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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des Schweitzerlandes.

Nachdem wir uns zu Art ein wenig umgesehen, machten wirRigi-Berg.
uns fertig den Rigi-Berg zu besteigen. Wenig 100. Schritte von
dem Dorffe Art mußten wir anfangen zimlich gähe zu steigen, wel-
ches doch oft durch eine kleine Ebne unterbrochen wurde. Der Weg
gienge meistens durch Wälder und dazwischen liegende kleine Wey-
den, wo das Vieh im Herbst seine Nahrung hat. Nach einem 11/2.
stündigen Steigen kamen wir zu einem Hause, das Untere Däch-
lein
genannt, und nahmen da unsre Nacht-Herberg.

An diesem Tage sind wir gereißt von Maschwanden

auf Knonau 3/4. St.
Steinhausen 1/2. St.
Zug 1. St.
Art 3. St.
zum Dächlein 1. St.
Summa 61/2. Stund.
Der 13. August.

Wir machten uns frühe Morgens aus der Ruhe, um der schö-
nen Aussicht zu geniessen, die man von diesem Orte in das Schwei-
zer Gebiet hat. Wir sahen starcke Nebel allgemach von dem ThalNebel, ein
Zeichen des
guten Wet-
ters.

hinauf steigen, welches im August Monat allezeit geschiehet, und
ein gewisses Zeichen des guten Wetters ist. Es sol nach Aussage
unsers Wirths fast allemal an dem Tage regnen, dessen vorhergehen-
der Tag am Morgen ohne Nebel gewesen. Dieses läßt sich vielleicht
auf folgende Weise erklären: Am August fangen die Nächte an kalt
zu werden, insonderheit an bergichten Orten, und diese Kälte verur-
sachet aus bekannten physicalischen Ursachen den Nebel, wenn also
kein Nebel da ist, so ist es ein Zeichen, daß sich die Luft geändert, und
warm worden sey, welches meistens von einem warmen Wind her-
kommt. Nun ist bekannt, daß die warmen Winde uns meistentheils
Regen bringen. Als wir von dem Dächlein ein wenig hinab gegen
Goldau spatzierten, sagte uns unser Wirth, daß er auf diesem WegeCrystalle
daselbst.

gewisse Steine gefunden habe, welche nach seiner Beschreibung kleine
an beyden Enden spitzige Crystallen gewesen. Sonst erzehlte er uns
auch, daß bey dem Dächlein keine andre, als nur gelinde und sanfte
Winde gehen, daß aber im übrigen die Witterung eben so seye, wie
an andern Orten.

Jch hatte mir vorgenommen, auf dieser Reise zu erfahren, obBesondre
Beobach-
tung vom
Magnet.

die Anziehungs-Kraft des Magnets auf den hohen Bergen eben so

sey
des Schweitzerlandes.

Nachdem wir uns zu Art ein wenig umgeſehen, machten wirRigi-Berg.
uns fertig den Rigi-Berg zu beſteigen. Wenig 100. Schritte von
dem Dorffe Art mußten wir anfangen zimlich gaͤhe zu ſteigen, wel-
ches doch oft durch eine kleine Ebne unterbrochen wurde. Der Weg
gienge meiſtens durch Waͤlder und dazwiſchen liegende kleine Wey-
den, wo das Vieh im Herbſt ſeine Nahrung hat. Nach einem 1½.
ſtuͤndigen Steigen kamen wir zu einem Hauſe, das Untere Daͤch-
lein
genannt, und nahmen da unſre Nacht-Herberg.

An dieſem Tage ſind wir gereißt von Maſchwanden

auf Knonau ¾. St.
Steinhauſen ½. St.
Zug 1. St.
Art 3. St.
zum Daͤchlein 1. St.
Summa 6½. Stund.
Der 13. Auguſt.

Wir machten uns fruͤhe Morgens aus der Ruhe, um der ſchoͤ-
nen Ausſicht zu genieſſen, die man von dieſem Orte in das Schwei-
zer Gebiet hat. Wir ſahen ſtarcke Nebel allgemach von dem ThalNebel, ein
Zeichen des
guten Wet-
ters.

hinauf ſteigen, welches im Auguſt Monat allezeit geſchiehet, und
ein gewiſſes Zeichen des guten Wetters iſt. Es ſol nach Ausſage
unſers Wirths faſt allemal an dem Tage regnen, deſſen vorhergehen-
der Tag am Morgen ohne Nebel geweſen. Dieſes laͤßt ſich vielleicht
auf folgende Weiſe erklaͤren: Am Auguſt fangen die Naͤchte an kalt
zu werden, inſonderheit an bergichten Orten, und dieſe Kaͤlte verur-
ſachet aus bekannten phyſicaliſchen Urſachen den Nebel, wenn alſo
kein Nebel da iſt, ſo iſt es ein Zeichen, daß ſich die Luft geaͤndert, und
warm worden ſey, welches meiſtens von einem warmen Wind her-
kommt. Nun iſt bekannt, daß die warmen Winde uns meiſtentheils
Regen bringen. Als wir von dem Daͤchlein ein wenig hinab gegen
Goldau ſpatzierten, ſagte uns unſer Wirth, daß er auf dieſem WegeCryſtalle
daſelbſt.

gewiſſe Steine gefunden habe, welche nach ſeiner Beſchreibung kleine
an beyden Enden ſpitzige Cryſtallen geweſen. Sonſt erzehlte er uns
auch, daß bey dem Daͤchlein keine andre, als nur gelinde und ſanfte
Winde gehen, daß aber im uͤbrigen die Witterung eben ſo ſeye, wie
an andern Orten.

Jch hatte mir vorgenommen, auf dieſer Reiſe zu erfahren, obBeſondre
Beobach-
tung vom
Magnet.

die Anziehungs-Kraft des Magnets auf den hohen Bergen eben ſo

ſey
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[31/0035] des Schweitzerlandes. Nachdem wir uns zu Art ein wenig umgeſehen, machten wir uns fertig den Rigi-Berg zu beſteigen. Wenig 100. Schritte von dem Dorffe Art mußten wir anfangen zimlich gaͤhe zu ſteigen, wel- ches doch oft durch eine kleine Ebne unterbrochen wurde. Der Weg gienge meiſtens durch Waͤlder und dazwiſchen liegende kleine Wey- den, wo das Vieh im Herbſt ſeine Nahrung hat. Nach einem 1½. ſtuͤndigen Steigen kamen wir zu einem Hauſe, das Untere Daͤch- lein genannt, und nahmen da unſre Nacht-Herberg. Rigi-Berg. An dieſem Tage ſind wir gereißt von Maſchwanden auf Knonau ¾. St. Steinhauſen ½. St. Zug 1. St. Art 3. St. zum Daͤchlein 1. St. Summa 6½. Stund. Der 13. Auguſt. Wir machten uns fruͤhe Morgens aus der Ruhe, um der ſchoͤ- nen Ausſicht zu genieſſen, die man von dieſem Orte in das Schwei- zer Gebiet hat. Wir ſahen ſtarcke Nebel allgemach von dem Thal hinauf ſteigen, welches im Auguſt Monat allezeit geſchiehet, und ein gewiſſes Zeichen des guten Wetters iſt. Es ſol nach Ausſage unſers Wirths faſt allemal an dem Tage regnen, deſſen vorhergehen- der Tag am Morgen ohne Nebel geweſen. Dieſes laͤßt ſich vielleicht auf folgende Weiſe erklaͤren: Am Auguſt fangen die Naͤchte an kalt zu werden, inſonderheit an bergichten Orten, und dieſe Kaͤlte verur- ſachet aus bekannten phyſicaliſchen Urſachen den Nebel, wenn alſo kein Nebel da iſt, ſo iſt es ein Zeichen, daß ſich die Luft geaͤndert, und warm worden ſey, welches meiſtens von einem warmen Wind her- kommt. Nun iſt bekannt, daß die warmen Winde uns meiſtentheils Regen bringen. Als wir von dem Daͤchlein ein wenig hinab gegen Goldau ſpatzierten, ſagte uns unſer Wirth, daß er auf dieſem Wege gewiſſe Steine gefunden habe, welche nach ſeiner Beſchreibung kleine an beyden Enden ſpitzige Cryſtallen geweſen. Sonſt erzehlte er uns auch, daß bey dem Daͤchlein keine andre, als nur gelinde und ſanfte Winde gehen, daß aber im uͤbrigen die Witterung eben ſo ſeye, wie an andern Orten. Nebel, ein Zeichen des guten Wet- ters. Cryſtalle daſelbſt. Jch hatte mir vorgenommen, auf dieſer Reiſe zu erfahren, ob die Anziehungs-Kraft des Magnets auf den hohen Bergen eben ſo ſey Beſondre Beobach- tung vom Magnet.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/35>, abgerufen am 28.11.2024.