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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten
selten, oder nicht, welche an der Abend-Seite eines Berges stehen,
wie diese Stadt. Sihe Musschenbr. Elem. Phys. §. 923. oder §. 1251.
Ed. 1741. Jndessen ist gewiß, daß es im Glanerlande in dem Thal,
welches an der Morgen- und Abend-Seite mit Bergen eingeschlossen
ist, sehr selten hagelt, und zwar, wie Hr. Tschudi sagt, niemalen so
starck, daß die Früchte einigen Schaden davon bekommen. Auf den
Alpen aber thut der Hagel oft zimlichen Schaden.

Zuger See.

Wir kamen nach 2. Stunden auf Zug, und dingeten alsobald
ein Schiff, weil unsere Absicht überhaubt nicht war, uns lange in
Städten aufzuhalten. Wir fuhren mit gutem Nord-Wind von Zug
nach Art, und hatten auf der lincken Seite den Zuger-Berg, welcher
an der Seite, die wir sahen, fast überall mit Castanien und andern
wilden Bäumen bewachsen ist. Unter den Fischen, welche dieser
Rötel.Zuger See ernähret, sind insonderheit die Rötel bekannt, wovon
Herr D. Scheuchzer Iter. Alp. V. pag. 356. kan nachgesehen werden.
Nach dem Bericht unserer Schiffleuten werden diese Fische nur an
folgenden Orten, und zwar mit dem Angel gefangen: Zu Lauter-
bach
11/2. Stund oberhalb Zug, zu St. Andrian 21/2. St., zu Ricken-
bach,
welches auf der andern Seite des Sees liegt. Diese Oerter
des Sees werden ohne Zweifel darum von den Röteln bewohnet,
weil der Boden des Sees daselbst felsigt ist, welches man daraus
abnehmen kan, daß oft an zweyen wenige Schuhe von einander lie-
genden Orten der Unterschied der Tieffe viele Klafter groß ist. Daß
aber diese Fische die felsigten Oerter lieben, kommt ohne Zweifel daher,
weil an denselben die Wasser allezeit hell und klar sind. Denn diese
Art der Fischen ist so zart, daß sie in keinem, als hellem Brunnen-
Wasser lange leben kan, da man sie hingegen in den Brünnen, die
fleißig gereinigt werden, ein Jahr lang und vielleicht länger kan
aufbehalten. Die Tieffe des Zuger-Sees um die Stadt (der Unter-
See) sol von 20. bis 40. Klafter, hingegen in dem Ober-See in-
sonderheit bey Walchweil 140. Klafter seyn.

Art.

Nach einer zweystündigen Schiffahrt von Zug aus langten wir
zu Art, einem schönen Flecken des Schweitzer-Cantons, an, welcher
am Ende des Zuger-Sees zwischen der Rigi und dem Roßberg in
einem engen Thale liegt. Hier fängt das Land an rauh und bergicht
zu werden. Die Pflantzung des Getraydes verliehrt sich gröstentheils,
und des Weins völlig. Hingegen ist die Vieh-Zucht desto grösser,
wozu die Berge eine ungemeine Hülffe sind.

Nach-

Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten
ſelten, oder nicht, welche an der Abend-Seite eines Berges ſtehen,
wie dieſe Stadt. Sihe Muſſchenbr. Elem. Phyſ. §. 923. oder §. 1251.
Ed. 1741. Jndeſſen iſt gewiß, daß es im Glanerlande in dem Thal,
welches an der Morgen- und Abend-Seite mit Bergen eingeſchloſſen
iſt, ſehr ſelten hagelt, und zwar, wie Hr. Tſchudi ſagt, niemalen ſo
ſtarck, daß die Fruͤchte einigen Schaden davon bekommen. Auf den
Alpen aber thut der Hagel oft zimlichen Schaden.

Zuger See.

Wir kamen nach 2. Stunden auf Zug, und dingeten alſobald
ein Schiff, weil unſere Abſicht uͤberhaubt nicht war, uns lange in
Staͤdten aufzuhalten. Wir fuhren mit gutem Nord-Wind von Zug
nach Art, und hatten auf der lincken Seite den Zuger-Berg, welcher
an der Seite, die wir ſahen, faſt uͤberall mit Caſtanien und andern
wilden Baͤumen bewachſen iſt. Unter den Fiſchen, welche dieſer
Roͤtel.Zuger See ernaͤhret, ſind inſonderheit die Roͤtel bekannt, wovon
Herꝛ D. Scheuchzer Iter. Alp. V. pag. 356. kan nachgeſehen werden.
Nach dem Bericht unſerer Schiffleuten werden dieſe Fiſche nur an
folgenden Orten, und zwar mit dem Angel gefangen: Zu Lauter-
bach
1½. Stund oberhalb Zug, zu St. Andrian 2½. St., zu Ricken-
bach,
welches auf der andern Seite des Sees liegt. Dieſe Oerter
des Sees werden ohne Zweifel darum von den Roͤteln bewohnet,
weil der Boden des Sees daſelbſt felſigt iſt, welches man daraus
abnehmen kan, daß oft an zweyen wenige Schuhe von einander lie-
genden Orten der Unterſchied der Tieffe viele Klafter groß iſt. Daß
aber dieſe Fiſche die felſigten Oerter lieben, kommt ohne Zweifel daher,
weil an denſelben die Waſſer allezeit hell und klar ſind. Denn dieſe
Art der Fiſchen iſt ſo zart, daß ſie in keinem, als hellem Brunnen-
Waſſer lange leben kan, da man ſie hingegen in den Bruͤnnen, die
fleißig gereinigt werden, ein Jahr lang und vielleicht laͤnger kan
aufbehalten. Die Tieffe des Zuger-Sees um die Stadt (der Unter-
See) ſol von 20. bis 40. Klafter, hingegen in dem Ober-See in-
ſonderheit bey Walchweil 140. Klafter ſeyn.

Art.

Nach einer zweyſtuͤndigen Schiffahrt von Zug aus langten wir
zu Art, einem ſchoͤnen Flecken des Schweitzer-Cantons, an, welcher
am Ende des Zuger-Sees zwiſchen der Rigi und dem Roßberg in
einem engen Thale liegt. Hier faͤngt das Land an rauh und bergicht
zu werden. Die Pflantzung des Getraydes verliehrt ſich groͤſtentheils,
und des Weins voͤllig. Hingegen iſt die Vieh-Zucht deſto groͤſſer,
wozu die Berge eine ungemeine Huͤlffe ſind.

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[30/0034] Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten ſelten, oder nicht, welche an der Abend-Seite eines Berges ſtehen, wie dieſe Stadt. Sihe Muſſchenbr. Elem. Phyſ. §. 923. oder §. 1251. Ed. 1741. Jndeſſen iſt gewiß, daß es im Glanerlande in dem Thal, welches an der Morgen- und Abend-Seite mit Bergen eingeſchloſſen iſt, ſehr ſelten hagelt, und zwar, wie Hr. Tſchudi ſagt, niemalen ſo ſtarck, daß die Fruͤchte einigen Schaden davon bekommen. Auf den Alpen aber thut der Hagel oft zimlichen Schaden. Wir kamen nach 2. Stunden auf Zug, und dingeten alſobald ein Schiff, weil unſere Abſicht uͤberhaubt nicht war, uns lange in Staͤdten aufzuhalten. Wir fuhren mit gutem Nord-Wind von Zug nach Art, und hatten auf der lincken Seite den Zuger-Berg, welcher an der Seite, die wir ſahen, faſt uͤberall mit Caſtanien und andern wilden Baͤumen bewachſen iſt. Unter den Fiſchen, welche dieſer Zuger See ernaͤhret, ſind inſonderheit die Roͤtel bekannt, wovon Herꝛ D. Scheuchzer Iter. Alp. V. pag. 356. kan nachgeſehen werden. Nach dem Bericht unſerer Schiffleuten werden dieſe Fiſche nur an folgenden Orten, und zwar mit dem Angel gefangen: Zu Lauter- bach 1½. Stund oberhalb Zug, zu St. Andrian 2½. St., zu Ricken- bach, welches auf der andern Seite des Sees liegt. Dieſe Oerter des Sees werden ohne Zweifel darum von den Roͤteln bewohnet, weil der Boden des Sees daſelbſt felſigt iſt, welches man daraus abnehmen kan, daß oft an zweyen wenige Schuhe von einander lie- genden Orten der Unterſchied der Tieffe viele Klafter groß iſt. Daß aber dieſe Fiſche die felſigten Oerter lieben, kommt ohne Zweifel daher, weil an denſelben die Waſſer allezeit hell und klar ſind. Denn dieſe Art der Fiſchen iſt ſo zart, daß ſie in keinem, als hellem Brunnen- Waſſer lange leben kan, da man ſie hingegen in den Bruͤnnen, die fleißig gereinigt werden, ein Jahr lang und vielleicht laͤnger kan aufbehalten. Die Tieffe des Zuger-Sees um die Stadt (der Unter- See) ſol von 20. bis 40. Klafter, hingegen in dem Ober-See in- ſonderheit bey Walchweil 140. Klafter ſeyn. Roͤtel. Nach einer zweyſtuͤndigen Schiffahrt von Zug aus langten wir zu Art, einem ſchoͤnen Flecken des Schweitzer-Cantons, an, welcher am Ende des Zuger-Sees zwiſchen der Rigi und dem Roßberg in einem engen Thale liegt. Hier faͤngt das Land an rauh und bergicht zu werden. Die Pflantzung des Getraydes verliehrt ſich groͤſtentheils, und des Weins voͤllig. Hingegen iſt die Vieh-Zucht deſto groͤſſer, wozu die Berge eine ungemeine Huͤlffe ſind. Nach-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/34>, abgerufen am 24.04.2024.