An der Richtigkeit dieser Specification hat man Ursach zu zweiffeln, sonderlich was die Anzahl der Angesessenen anlanget. Solten dadurch auch nur eintzelne Personen verstanden werden, so sind 4 Millionen für Schlesien allein zu viel. Ich habe die Anzahl aller Seelen in allen unsern Landen nicht über 3 Millionen bringen können. Da nun diese ziemlich gut bevölckert, ob sie schon noch mehr be- herbergen könten; Schlesien aber nicht 1/3 so groß ist als die sämtlichen Lande des Königes von Preussen: so müste Schlesieu 3 bis 4 mahl so volckreich seyn, welches mir hart fällt zu glauben. Solten aber durch Angesessene gar Eigenthümer oder Häupter der Familien verstanden werden, wie das Wort fast zu geben scheinet, und man wolte jede Familie nur zu 5 Personen rechnen: so würden in diesen Landen über 35 Millionen Menschen seyn, welches doch nicht wohl begreiflich, zumahl da dieselben vom Kriege wie auch von der Pest oft viel gelitten, und über- dem wegen der papistischen Religion voller ehlosen Geistlichen und Mönche, die die Vermehrung sehr aufhalten. Doch ich lasse dieses, weil es an diesen Ort nicht eigentlich gehöret. Der Verfasser dieser Schrifft ist bemühet die Einkünfte dieser Lande zu berechnen. Unter andern rechnet er, wie viel auch ein Bettler jährlich dem Landes-Herrn einbringen müsse. Er nimmt an, daß ein Bettler wenigstens täglich 2 Pfund Brod haben müsse, hievon be- kommt die Cammer wenigstens einen Pfenning das macht jährlich 1 Floren und 31 Creutzer oder 1 Thaler. Im Winter muß er doch Schuh, Strümpfe, Hembden und dergleichen haben, hie- vor werden nur 25 Creutzer gerechnet. Wenn er
auch
zur Beſtimmung der Lebendigen.
An der Richtigkeit dieſer Specification hat man Urſach zu zweiffeln, ſonderlich was die Anzahl der Angeſeſſenen anlanget. Solten dadurch auch nur eintzelne Perſonen verſtanden werden, ſo ſind 4 Millionen fuͤr Schleſien allein zu viel. Ich habe die Anzahl aller Seelen in allen unſern Landen nicht uͤber 3 Millionen bringen koͤnnen. Da nun dieſe ziemlich gut bevoͤlckert, ob ſie ſchon noch mehr be- herbergen koͤnten; Schleſien aber nicht ⅓ ſo groß iſt als die ſaͤmtlichen Lande des Koͤniges von Preuſſen: ſo muͤſte Schleſieu 3 bis 4 mahl ſo volckreich ſeyn, welches mir hart faͤllt zu glauben. Solten aber durch Angeſeſſene gar Eigenthuͤmer oder Haͤupter der Familien verſtanden werden, wie das Wort faſt zu geben ſcheinet, und man wolte jede Familie nur zu 5 Perſonen rechnen: ſo wuͤrden in dieſen Landen uͤber 35 Millionen Menſchen ſeyn, welches doch nicht wohl begreiflich, zumahl da dieſelben vom Kriege wie auch von der Peſt oft viel gelitten, und uͤber- dem wegen der papiſtiſchen Religion voller ehloſen Geiſtlichen und Moͤnche, die die Vermehrung ſehr aufhalten. Doch ich laſſe dieſes, weil es an dieſen Ort nicht eigentlich gehoͤret. Der Verfaſſer dieſer Schrifft iſt bemuͤhet die Einkuͤnfte dieſer Lande zu berechnen. Unter andern rechnet er, wie viel auch ein Bettler jaͤhrlich dem Landes-Herrn einbringen muͤſſe. Er nimmt an, daß ein Bettler wenigſtens taͤglich 2 Pfund Brod haben muͤſſe, hievon be- kommt die Cammer wenigſtens einen Pfenning das macht jaͤhrlich 1 Floren und 31 Creutzer oder 1 Thaler. Im Winter muß er doch Schuh, Struͤmpfe, Hembden und dergleichen haben, hie- vor werden nur 25 Creutzer gerechnet. Wenn er
auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0397"n="349"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">zur Beſtimmung der Lebendigen.</hi></fw><lb/><p>An der Richtigkeit dieſer Specification hat<lb/>
man Urſach zu zweiffeln, ſonderlich was die Anzahl<lb/>
der Angeſeſſenen anlanget. Solten dadurch auch<lb/>
nur eintzelne Perſonen verſtanden werden, ſo ſind 4<lb/>
Millionen fuͤr Schleſien allein zu viel. Ich habe<lb/>
die Anzahl aller Seelen in allen unſern Landen nicht<lb/>
uͤber 3 Millionen bringen koͤnnen. Da nun dieſe<lb/>
ziemlich gut bevoͤlckert, ob ſie ſchon noch mehr be-<lb/>
herbergen koͤnten; Schleſien aber nicht ⅓ſo groß iſt<lb/>
als die ſaͤmtlichen Lande des Koͤniges von Preuſſen:<lb/>ſo muͤſte Schleſieu 3 bis 4 mahl ſo volckreich ſeyn,<lb/>
welches mir hart faͤllt zu glauben. Solten aber<lb/>
durch Angeſeſſene gar Eigenthuͤmer oder Haͤupter<lb/>
der Familien verſtanden werden, wie das Wort faſt<lb/>
zu geben ſcheinet, und man wolte jede Familie nur<lb/>
zu 5 Perſonen rechnen: ſo wuͤrden in dieſen Landen<lb/>
uͤber 35 Millionen Menſchen ſeyn, welches doch nicht<lb/>
wohl begreiflich, zumahl da dieſelben vom Kriege<lb/>
wie auch von der Peſt oft viel gelitten, und uͤber-<lb/>
dem wegen der papiſtiſchen Religion voller ehloſen<lb/>
Geiſtlichen und Moͤnche, die die Vermehrung ſehr<lb/>
aufhalten. Doch ich laſſe dieſes, weil es an dieſen<lb/>
Ort nicht eigentlich gehoͤret. Der Verfaſſer dieſer<lb/>
Schrifft iſt bemuͤhet die Einkuͤnfte dieſer Lande zu<lb/>
berechnen. Unter andern rechnet er, wie viel auch<lb/>
ein Bettler jaͤhrlich dem Landes-Herrn einbringen<lb/>
muͤſſe. Er nimmt an, daß ein Bettler wenigſtens<lb/>
taͤglich 2 Pfund Brod haben muͤſſe, hievon be-<lb/>
kommt die Cammer wenigſtens einen Pfenning das<lb/>
macht jaͤhrlich 1 Floren und 31 Creutzer oder<lb/>
1 Thaler. Im Winter muß er doch Schuh,<lb/>
Struͤmpfe, Hembden und dergleichen haben, hie-<lb/>
vor werden nur 25 Creutzer gerechnet. Wenn er<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[349/0397]
zur Beſtimmung der Lebendigen.
An der Richtigkeit dieſer Specification hat
man Urſach zu zweiffeln, ſonderlich was die Anzahl
der Angeſeſſenen anlanget. Solten dadurch auch
nur eintzelne Perſonen verſtanden werden, ſo ſind 4
Millionen fuͤr Schleſien allein zu viel. Ich habe
die Anzahl aller Seelen in allen unſern Landen nicht
uͤber 3 Millionen bringen koͤnnen. Da nun dieſe
ziemlich gut bevoͤlckert, ob ſie ſchon noch mehr be-
herbergen koͤnten; Schleſien aber nicht ⅓ ſo groß iſt
als die ſaͤmtlichen Lande des Koͤniges von Preuſſen:
ſo muͤſte Schleſieu 3 bis 4 mahl ſo volckreich ſeyn,
welches mir hart faͤllt zu glauben. Solten aber
durch Angeſeſſene gar Eigenthuͤmer oder Haͤupter
der Familien verſtanden werden, wie das Wort faſt
zu geben ſcheinet, und man wolte jede Familie nur
zu 5 Perſonen rechnen: ſo wuͤrden in dieſen Landen
uͤber 35 Millionen Menſchen ſeyn, welches doch nicht
wohl begreiflich, zumahl da dieſelben vom Kriege
wie auch von der Peſt oft viel gelitten, und uͤber-
dem wegen der papiſtiſchen Religion voller ehloſen
Geiſtlichen und Moͤnche, die die Vermehrung ſehr
aufhalten. Doch ich laſſe dieſes, weil es an dieſen
Ort nicht eigentlich gehoͤret. Der Verfaſſer dieſer
Schrifft iſt bemuͤhet die Einkuͤnfte dieſer Lande zu
berechnen. Unter andern rechnet er, wie viel auch
ein Bettler jaͤhrlich dem Landes-Herrn einbringen
muͤſſe. Er nimmt an, daß ein Bettler wenigſtens
taͤglich 2 Pfund Brod haben muͤſſe, hievon be-
kommt die Cammer wenigſtens einen Pfenning das
macht jaͤhrlich 1 Floren und 31 Creutzer oder
1 Thaler. Im Winter muß er doch Schuh,
Struͤmpfe, Hembden und dergleichen haben, hie-
vor werden nur 25 Creutzer gerechnet. Wenn er
auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/397>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.