Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Fortpflantzung und Verhältniß
schon vor der Empfängniß in dem Saamen sich be-
finde, und daß das Saamen-Thierchen im Mutter-
Leibe, so wie die Kuhl-Padden, ausgewickelt werde.
Unterdeß habe ich der alten Meinung zu Gefallen
die wenigen Exempel untersucht, die ich habe. Ich
habe die Dörffer vom gantzen Hertzogthum Magde-
burg alleine berechnet, ich habe aber nicht gefunden,
daß sie vor denen Städten was voraus haben.
Die General-Verhältniß der Dörffer in 5 Jahren
ist wie 1000 zu 1071. So groß ist sie auch an-
derswo. In Leipzig und Dreßden ist sie noch grös-
ser, da doch wohl nicht stärckere sind als auf de-
nen Dörffern. Bey solcher Ungewißheit hielte ich
es der Mühe werth zu seyn, daß die Sache weiter
untersuchet würde, um von der Wahrheit der Sa-
che gewiß zu werden. Wäre es an dem, daß stär-
ckere eher Söhne als Töchter zeugen, würde sich
doch einiger Unterscheid zwischen denen Dörffern
und denen Städten zeigen. Das Hertzogthum
Magdeburg würde von der Londner Verhältniß in
etwas abgehen, da sie doch beide sind wie 100 zu 106.
Wenn aber auch diese alte Meinung mit der Erfah-
rung zuträffe, so folgte doch gewiß das noch nicht
was Bodinus gefolgert, daß im Orient deßhalb
3 ja 4 mahl mehr Frauens-Leute seyn mü-
sten, weil die Leute schwächer, indem ich nicht be-
greiffen kan, worinn diese Schwachheit bestehen
soll und zu suchen sey. Ist der Cörper eines Nord-
länders gewohnt mehr Kälte zu vertragen als eines
Südländers, so ist hingegen dieser in der Hitze dauer-
hafter als jener, welches die Moscowiter in Persien
wohl erfahren haben, da sie hingefallen wie die
Fliegen. Dem Bodinus hat wohl diese Meinung

des-

Von der Fortpflantzung und Verhaͤltniß
ſchon vor der Empfaͤngniß in dem Saamen ſich be-
finde, und daß das Saamen-Thierchen im Mutter-
Leibe, ſo wie die Kuhl-Padden, ausgewickelt werde.
Unterdeß habe ich der alten Meinung zu Gefallen
die wenigen Exempel unterſucht, die ich habe. Ich
habe die Doͤrffer vom gantzen Hertzogthum Magde-
burg alleine berechnet, ich habe aber nicht gefunden,
daß ſie vor denen Staͤdten was voraus haben.
Die General-Verhaͤltniß der Doͤrffer in 5 Jahren
iſt wie 1000 zu 1071. So groß iſt ſie auch an-
derswo. In Leipzig und Dreßden iſt ſie noch groͤſ-
ſer, da doch wohl nicht ſtaͤrckere ſind als auf de-
nen Doͤrffern. Bey ſolcher Ungewißheit hielte ich
es der Muͤhe werth zu ſeyn, daß die Sache weiter
unterſuchet wuͤrde, um von der Wahrheit der Sa-
che gewiß zu werden. Waͤre es an dem, daß ſtaͤr-
ckere eher Soͤhne als Toͤchter zeugen, wuͤrde ſich
doch einiger Unterſcheid zwiſchen denen Doͤrffern
und denen Staͤdten zeigen. Das Hertzogthum
Magdeburg wuͤrde von der Londner Verhaͤltniß in
etwas abgehen, da ſie doch beide ſind wie 100 zu 106.
Wenn aber auch dieſe alte Meinung mit der Erfah-
rung zutraͤffe, ſo folgte doch gewiß das noch nicht
was Bodinus gefolgert, daß im Orient deßhalb
3 ja 4 mahl mehr Frauens-Leute ſeyn muͤ-
ſten, weil die Leute ſchwaͤcher, indem ich nicht be-
greiffen kan, worinn dieſe Schwachheit beſtehen
ſoll und zu ſuchen ſey. Iſt der Coͤrper eines Nord-
laͤnders gewohnt mehr Kaͤlte zu vertragen als eines
Suͤdlaͤnders, ſo iſt hingegen dieſer in der Hitze dauer-
hafter als jener, welches die Moſcowiter in Perſien
wohl erfahren haben, da ſie hingefallen wie die
Fliegen. Dem Bodinus hat wohl dieſe Meinung

des-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0190" n="144"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Fortpflantzung und Verha&#x0364;ltniß</hi></fw><lb/>
&#x017F;chon vor der Empfa&#x0364;ngniß in dem Saamen &#x017F;ich be-<lb/>
finde, und daß das Saamen-Thierchen im Mutter-<lb/>
Leibe, &#x017F;o wie die Kuhl-Padden, ausgewickelt werde.<lb/>
Unterdeß habe ich der alten Meinung zu Gefallen<lb/>
die wenigen Exempel unter&#x017F;ucht, die ich habe. Ich<lb/>
habe die Do&#x0364;rffer vom gantzen Hertzogthum Magde-<lb/>
burg alleine berechnet, ich habe aber nicht gefunden,<lb/>
daß &#x017F;ie vor denen Sta&#x0364;dten was voraus haben.<lb/>
Die General-Verha&#x0364;ltniß der Do&#x0364;rffer in 5 Jahren<lb/>
i&#x017F;t wie 1000 zu 1071. So groß i&#x017F;t &#x017F;ie auch an-<lb/>
derswo. In Leipzig und Dreßden i&#x017F;t &#x017F;ie noch gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, da doch wohl nicht &#x017F;ta&#x0364;rckere &#x017F;ind als auf de-<lb/>
nen Do&#x0364;rffern. Bey &#x017F;olcher Ungewißheit hielte ich<lb/>
es der Mu&#x0364;he werth zu &#x017F;eyn, daß die Sache weiter<lb/>
unter&#x017F;uchet wu&#x0364;rde, um von der Wahrheit der Sa-<lb/>
che gewiß zu werden. Wa&#x0364;re es an dem, daß &#x017F;ta&#x0364;r-<lb/>
ckere eher So&#x0364;hne als To&#x0364;chter zeugen, wu&#x0364;rde &#x017F;ich<lb/>
doch einiger Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen denen Do&#x0364;rffern<lb/>
und denen Sta&#x0364;dten zeigen. Das Hertzogthum<lb/>
Magdeburg wu&#x0364;rde von der Londner Verha&#x0364;ltniß in<lb/>
etwas abgehen, da &#x017F;ie doch beide &#x017F;ind wie 100 zu 106.<lb/>
Wenn aber auch die&#x017F;e alte Meinung mit der Erfah-<lb/>
rung zutra&#x0364;ffe, &#x017F;o folgte doch gewiß das noch nicht<lb/>
was Bodinus gefolgert, daß im Orient deßhalb<lb/>
3 ja 4 mahl mehr Frauens-Leute &#x017F;eyn mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten, weil die Leute &#x017F;chwa&#x0364;cher, indem ich nicht be-<lb/>
greiffen kan, worinn die&#x017F;e Schwachheit be&#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;oll und zu &#x017F;uchen &#x017F;ey. I&#x017F;t der Co&#x0364;rper eines Nord-<lb/>
la&#x0364;nders gewohnt mehr Ka&#x0364;lte zu vertragen als eines<lb/>
Su&#x0364;dla&#x0364;nders, &#x017F;o i&#x017F;t hingegen die&#x017F;er in der Hitze dauer-<lb/>
hafter als jener, welches die Mo&#x017F;cowiter in Per&#x017F;ien<lb/>
wohl erfahren haben, da &#x017F;ie hingefallen wie die<lb/>
Fliegen. Dem Bodinus hat wohl die&#x017F;e Meinung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">des-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0190] Von der Fortpflantzung und Verhaͤltniß ſchon vor der Empfaͤngniß in dem Saamen ſich be- finde, und daß das Saamen-Thierchen im Mutter- Leibe, ſo wie die Kuhl-Padden, ausgewickelt werde. Unterdeß habe ich der alten Meinung zu Gefallen die wenigen Exempel unterſucht, die ich habe. Ich habe die Doͤrffer vom gantzen Hertzogthum Magde- burg alleine berechnet, ich habe aber nicht gefunden, daß ſie vor denen Staͤdten was voraus haben. Die General-Verhaͤltniß der Doͤrffer in 5 Jahren iſt wie 1000 zu 1071. So groß iſt ſie auch an- derswo. In Leipzig und Dreßden iſt ſie noch groͤſ- ſer, da doch wohl nicht ſtaͤrckere ſind als auf de- nen Doͤrffern. Bey ſolcher Ungewißheit hielte ich es der Muͤhe werth zu ſeyn, daß die Sache weiter unterſuchet wuͤrde, um von der Wahrheit der Sa- che gewiß zu werden. Waͤre es an dem, daß ſtaͤr- ckere eher Soͤhne als Toͤchter zeugen, wuͤrde ſich doch einiger Unterſcheid zwiſchen denen Doͤrffern und denen Staͤdten zeigen. Das Hertzogthum Magdeburg wuͤrde von der Londner Verhaͤltniß in etwas abgehen, da ſie doch beide ſind wie 100 zu 106. Wenn aber auch dieſe alte Meinung mit der Erfah- rung zutraͤffe, ſo folgte doch gewiß das noch nicht was Bodinus gefolgert, daß im Orient deßhalb 3 ja 4 mahl mehr Frauens-Leute ſeyn muͤ- ſten, weil die Leute ſchwaͤcher, indem ich nicht be- greiffen kan, worinn dieſe Schwachheit beſtehen ſoll und zu ſuchen ſey. Iſt der Coͤrper eines Nord- laͤnders gewohnt mehr Kaͤlte zu vertragen als eines Suͤdlaͤnders, ſo iſt hingegen dieſer in der Hitze dauer- hafter als jener, welches die Moſcowiter in Perſien wohl erfahren haben, da ſie hingefallen wie die Fliegen. Dem Bodinus hat wohl dieſe Meinung des-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/190
Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/190>, abgerufen am 06.05.2024.