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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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des Männl. und Weibl. Geschlechtes.
§. 47.

Es hat einer, Graunt oder Derham, das ich
jetzt nicht finden kan, gemeinet, ob man nicht aus
dem Unterscheid muthmaassen könne, daß ein Ort
geschickter sey zu Söhnen als ein andrer? Allein
noch zur Zeit läst sich hierinn gar nichts bestimmen.
Doch hat mich diese Meinung veranlasset, daß ich
die Dörfer im Hertzogthum Magdeburg besonders
untersuchet. In der alten Natur-Lehre findet sich
auch diese Meinung, daß starcke Leute wieder star-
cke zeugen. Fortes creantur fortibus. Das wird
nicht nur von der moralischen, sondern auch von der
leiblichen Stärcke verstanden. Da nun die Frau-
ens-Leute, in Ansehung der Kräfte des Leibes, schwä-
cher als die Mannsen: so wird gefolgert, daß star-
cke Männer eher Söhne als Töchter zeugen. In
einem apocryphischen Buche Esra wird daher ge-
schlossen, daß eine Frau zuerst müsse Söhne haben,
weil sie im Anfang bey mehreren Kräften seyn soll
als hernach, wenn sie schon etliche Kinder gehabt.
Der bekannte Johannes Bodinus [l] hält die Ein-
wohner der warmen Länder für schwächer als die
in denen Abend-Ländern, wo es kälter. Dieses
ist ihm gnug, um zu glauben, daß in denen war-
men Landen vielmehr Mädgens als Jungens müs-
sen erzeuget werden. Dieser Meinung möchte es
nun wohl anjetzo am hinreichenden Grunde sehr
starck fehlen, daraus sie begreiflich könte gemacht wer-
den, nachdem man mit der grösten Wahrscheinlich-
keit dargethan, daß der Mensch und andere Thiere
darin mit allen Vegetabilien übereinkomme, daß er

schon
[l] in Theatro naturae.
des Maͤnnl. und Weibl. Geſchlechtes.
§. 47.

Es hat einer, Graunt oder Derham, das ich
jetzt nicht finden kan, gemeinet, ob man nicht aus
dem Unterſcheid muthmaaſſen koͤnne, daß ein Ort
geſchickter ſey zu Soͤhnen als ein andrer? Allein
noch zur Zeit laͤſt ſich hierinn gar nichts beſtimmen.
Doch hat mich dieſe Meinung veranlaſſet, daß ich
die Doͤrfer im Hertzogthum Magdeburg beſonders
unterſuchet. In der alten Natur-Lehre findet ſich
auch dieſe Meinung, daß ſtarcke Leute wieder ſtar-
cke zeugen. Fortes creantur fortibus. Das wird
nicht nur von der moraliſchen, ſondern auch von der
leiblichen Staͤrcke verſtanden. Da nun die Frau-
ens-Leute, in Anſehung der Kraͤfte des Leibes, ſchwaͤ-
cher als die Mannſen: ſo wird gefolgert, daß ſtar-
cke Maͤnner eher Soͤhne als Toͤchter zeugen. In
einem apocryphiſchen Buche Eſra wird daher ge-
ſchloſſen, daß eine Frau zuerſt muͤſſe Soͤhne haben,
weil ſie im Anfang bey mehreren Kraͤften ſeyn ſoll
als hernach, wenn ſie ſchon etliche Kinder gehabt.
Der bekannte Johannes Bodinus [l] haͤlt die Ein-
wohner der warmen Laͤnder fuͤr ſchwaͤcher als die
in denen Abend-Laͤndern, wo es kaͤlter. Dieſes
iſt ihm gnug, um zu glauben, daß in denen war-
men Landen vielmehr Maͤdgens als Jungens muͤſ-
ſen erzeuget werden. Dieſer Meinung moͤchte es
nun wohl anjetzo am hinreichenden Grunde ſehr
ſtarck fehlen, daraus ſie begreiflich koͤnte gemacht wer-
den, nachdem man mit der groͤſten Wahrſcheinlich-
keit dargethan, daß der Menſch und andere Thiere
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[143/0189] des Maͤnnl. und Weibl. Geſchlechtes. §. 47. Es hat einer, Graunt oder Derham, das ich jetzt nicht finden kan, gemeinet, ob man nicht aus dem Unterſcheid muthmaaſſen koͤnne, daß ein Ort geſchickter ſey zu Soͤhnen als ein andrer? Allein noch zur Zeit laͤſt ſich hierinn gar nichts beſtimmen. Doch hat mich dieſe Meinung veranlaſſet, daß ich die Doͤrfer im Hertzogthum Magdeburg beſonders unterſuchet. In der alten Natur-Lehre findet ſich auch dieſe Meinung, daß ſtarcke Leute wieder ſtar- cke zeugen. Fortes creantur fortibus. Das wird nicht nur von der moraliſchen, ſondern auch von der leiblichen Staͤrcke verſtanden. Da nun die Frau- ens-Leute, in Anſehung der Kraͤfte des Leibes, ſchwaͤ- cher als die Mannſen: ſo wird gefolgert, daß ſtar- cke Maͤnner eher Soͤhne als Toͤchter zeugen. In einem apocryphiſchen Buche Eſra wird daher ge- ſchloſſen, daß eine Frau zuerſt muͤſſe Soͤhne haben, weil ſie im Anfang bey mehreren Kraͤften ſeyn ſoll als hernach, wenn ſie ſchon etliche Kinder gehabt. Der bekannte Johannes Bodinus [l] haͤlt die Ein- wohner der warmen Laͤnder fuͤr ſchwaͤcher als die in denen Abend-Laͤndern, wo es kaͤlter. Dieſes iſt ihm gnug, um zu glauben, daß in denen war- men Landen vielmehr Maͤdgens als Jungens muͤſ- ſen erzeuget werden. Dieſer Meinung moͤchte es nun wohl anjetzo am hinreichenden Grunde ſehr ſtarck fehlen, daraus ſie begreiflich koͤnte gemacht wer- den, nachdem man mit der groͤſten Wahrſcheinlich- keit dargethan, daß der Menſch und andere Thiere darin mit allen Vegetabilien uͤbereinkomme, daß er ſchon [l] in Theatro naturæ.

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/189>, abgerufen am 23.11.2024.