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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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und Unkraut überwucherte Wiese, auf der sich ein bunter Teppich von Krokus, zarten Gänse- und stolzen Butterblumen bis zum beschatteten Bächlein hinzog, das den Garten der Abtei teilweise begrenzte. Jenseits der schlanken Pappeln, auf denen das erste Frühlingsgrün zitterte, erstreckte sich welliger Boden bis zu den Abhängen der mit schwarzen Fichten gekrönten Hügel. In hellen, regelmäßigen Flecken breiteten sich die Wiesen zwischen den glänzenden Feldern und dem bläulichen Schimmer des sproßenden Getreides aus. Abendlicher Friede senkte sich nach und nach herab, von den verlassenen Feldern flohen die letzten Geräusche, durchbrausten noch einmal das Laub der Bäume und erstarben.

Schweigen - und Nacht.

Fred badete sein Gesicht, seine fieberheißen Hände im frischen Abendwinde, atmete tief die reinen Düfte ein und unterdrückte seine Seufzer, als ob er den erhabenen Schlummer der nach ihrem Tagewerk ermattet ruhenden Erde nicht hätte stören wollen.

Oft, wenn er sich so seinen Träumen hingab, die in der Nacht vorüberschwebten wie ein unsichtbarer Schwarm von Nachtvögeln und die Stirne streiften, die sich dem Grenzenlosen zuwendet, in dem die Welten

und Unkraut überwucherte Wiese, auf der sich ein bunter Teppich von Krokus, zarten Gänse- und stolzen Butterblumen bis zum beschatteten Bächlein hinzog, das den Garten der Abtei teilweise begrenzte. Jenseits der schlanken Pappeln, auf denen das erste Frühlingsgrün zitterte, erstreckte sich welliger Boden bis zu den Abhängen der mit schwarzen Fichten gekrönten Hügel. In hellen, regelmäßigen Flecken breiteten sich die Wiesen zwischen den glänzenden Feldern und dem bläulichen Schimmer des sproßenden Getreides aus. Abendlicher Friede senkte sich nach und nach herab, von den verlassenen Feldern flohen die letzten Geräusche, durchbrausten noch einmal das Laub der Bäume und erstarben.

Schweigen – und Nacht.

Fred badete sein Gesicht, seine fieberheißen Hände im frischen Abendwinde, atmete tief die reinen Düfte ein und unterdrückte seine Seufzer, als ob er den erhabenen Schlummer der nach ihrem Tagewerk ermattet ruhenden Erde nicht hätte stören wollen.

Oft, wenn er sich so seinen Träumen hingab, die in der Nacht vorüberschwebten wie ein unsichtbarer Schwarm von Nachtvögeln und die Stirne streiften, die sich dem Grenzenlosen zuwendet, in dem die Welten

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[61/0062] und Unkraut überwucherte Wiese, auf der sich ein bunter Teppich von Krokus, zarten Gänse- und stolzen Butterblumen bis zum beschatteten Bächlein hinzog, das den Garten der Abtei teilweise begrenzte. Jenseits der schlanken Pappeln, auf denen das erste Frühlingsgrün zitterte, erstreckte sich welliger Boden bis zu den Abhängen der mit schwarzen Fichten gekrönten Hügel. In hellen, regelmäßigen Flecken breiteten sich die Wiesen zwischen den glänzenden Feldern und dem bläulichen Schimmer des sproßenden Getreides aus. Abendlicher Friede senkte sich nach und nach herab, von den verlassenen Feldern flohen die letzten Geräusche, durchbrausten noch einmal das Laub der Bäume und erstarben. Schweigen – und Nacht. Fred badete sein Gesicht, seine fieberheißen Hände im frischen Abendwinde, atmete tief die reinen Düfte ein und unterdrückte seine Seufzer, als ob er den erhabenen Schlummer der nach ihrem Tagewerk ermattet ruhenden Erde nicht hätte stören wollen. Oft, wenn er sich so seinen Träumen hingab, die in der Nacht vorüberschwebten wie ein unsichtbarer Schwarm von Nachtvögeln und die Stirne streiften, die sich dem Grenzenlosen zuwendet, in dem die Welten

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/62>, abgerufen am 31.08.2024.