Findet sich demnach nach V. 34. etwas, das auf ein dem Zeitalter Jesu sehr nahes Ereigniss zu beziehen ist: so kann nicht schon von V. 29. an die Rede Jesu auf das entfernte Ende der Welt gehen, sondern man muss den Einschnitt noch etwas weiter hinaus, etwa nach V. 35. oder 42. setzen 13). Allein hiebei behält man dann Aussprüche im Rücken, welche der Deutung auf die Zeit von Jerusa- lems Zerstörung, die man dem Abschnitt bis zu den be- zeichneten Versen geben will, widerstreben, man muss in dem Reden von dem herrlichen Kommen Christi auf den Wolken und dem Versammeln aller Völker durch Engel (V., 30 f.) dieselben ungeheuren Tropen finden, an welchen, wie wir oben gesehen haben, eine andere Abtheilung ge- sch eitert ist.
Hat auf diese Weise der Ausspruch V. 34, welcher, sammt der vorangehenden Bilderrede vom Feigenbaum (V. 32 f.) und der angehängten Bekräftigung (V. 35.), auf ein sehr nahes Ereigniss sich beziehen muss, sowohl ohnehin vorwärts Reden, welche nur auf die ferne Katastrophe ge- hen können, als auch rückwärts bereits eben solche: so scheint er in dem Context der übrigen Rede als Oase von eigen thümlichem Sinn mitten inne zu liegen. So nimmt Schott an, nachdem Jesus bis V. 26. von der Zerstörung Jerusalems gesprochen, sei er zwar V. 27. auf die Ereig- nisse am Ende der jetzigen Weltperiode übergegangen, V. 32. aber komme er auf das die Zerstörung Jerusalems Betreffende zurück, und fahre erst V. 36. wieder über das Weltende zu sprechen fort 14). Allein das heisst in der Verzweiflung den Text zerhacken; denn so unordentlich und springend kann Jesus, noch dazu ohne in der An- einanderreihung der Sätze eine Andeutung zu geben, un- möglich gesprochen haben.
13) Jenes Süskind, vermischte Aufsätze, S. 90 ff.; dieses Kuinöl, in Matth. p. 653 ff.
14) s. dessen Commentarius, z. d. St.
Dritter Abschnitt.
Findet sich demnach nach V. 34. etwas, das auf ein dem Zeitalter Jesu sehr nahes Ereigniſs zu beziehen ist: so kann nicht schon von V. 29. an die Rede Jesu auf das entfernte Ende der Welt gehen, sondern man muſs den Einschnitt noch etwas weiter hinaus, etwa nach V. 35. oder 42. setzen 13). Allein hiebei behält man dann Aussprüche im Rücken, welche der Deutung auf die Zeit von Jerusa- lems Zerstörung, die man dem Abschnitt bis zu den be- zeichneten Versen geben will, widerstreben, man muſs in dem Reden von dem herrlichen Kommen Christi auf den Wolken und dem Versammeln aller Völker durch Engel (V., 30 f.) dieselben ungeheuren Tropen finden, an welchen, wie wir oben gesehen haben, eine andere Abtheilung ge- sch eitert ist.
Hat auf diese Weise der Ausspruch V. 34, welcher, sammt der vorangehenden Bilderrede vom Feigenbaum (V. 32 f.) und der angehängten Bekräftigung (V. 35.), auf ein sehr nahes Ereigniſs sich beziehen muſs, sowohl ohnehin vorwärts Reden, welche nur auf die ferne Katastrophe ge- hen können, als auch rückwärts bereits eben solche: so scheint er in dem Context der übrigen Rede als Oase von eigen thümlichem Sinn mitten inne zu liegen. So nimmt Schott an, nachdem Jesus bis V. 26. von der Zerstörung Jerusalems gesprochen, sei er zwar V. 27. auf die Ereig- nisse am Ende der jetzigen Weltperiode übergegangen, V. 32. aber komme er auf das die Zerstörung Jerusalems Betreffende zurück, und fahre erst V. 36. wieder über das Weltende zu sprechen fort 14). Allein das heiſst in der Verzweiflung den Text zerhacken; denn so unordentlich und springend kann Jesus, noch dazu ohne in der An- einanderreihung der Sätze eine Andeutung zu geben, un- möglich gesprochen haben.
13) Jenes Süskind, vermischte Aufsätze, S. 90 ff.; dieses Kuinöl, in Matth. p. 653 ff.
14) s. dessen Commentarius, z. d. St.
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Dritter Abschnitt.
Findet sich demnach nach V. 34. etwas, das auf ein
dem Zeitalter Jesu sehr nahes Ereigniſs zu beziehen ist:
so kann nicht schon von V. 29. an die Rede Jesu auf das
entfernte Ende der Welt gehen, sondern man muſs den
Einschnitt noch etwas weiter hinaus, etwa nach V. 35. oder
42. setzen 13). Allein hiebei behält man dann Aussprüche
im Rücken, welche der Deutung auf die Zeit von Jerusa-
lems Zerstörung, die man dem Abschnitt bis zu den be-
zeichneten Versen geben will, widerstreben, man muſs in
dem Reden von dem herrlichen Kommen Christi auf den
Wolken und dem Versammeln aller Völker durch Engel
(V., 30 f.) dieselben ungeheuren Tropen finden, an welchen,
wie wir oben gesehen haben, eine andere Abtheilung ge-
sch eitert ist.
Hat auf diese Weise der Ausspruch V. 34, welcher,
sammt der vorangehenden Bilderrede vom Feigenbaum (V.
32 f.) und der angehängten Bekräftigung (V. 35.), auf ein
sehr nahes Ereigniſs sich beziehen muſs, sowohl ohnehin
vorwärts Reden, welche nur auf die ferne Katastrophe ge-
hen können, als auch rückwärts bereits eben solche: so
scheint er in dem Context der übrigen Rede als Oase von
eigen thümlichem Sinn mitten inne zu liegen. So nimmt
Schott an, nachdem Jesus bis V. 26. von der Zerstörung
Jerusalems gesprochen, sei er zwar V. 27. auf die Ereig-
nisse am Ende der jetzigen Weltperiode übergegangen,
V. 32. aber komme er auf das die Zerstörung Jerusalems
Betreffende zurück, und fahre erst V. 36. wieder über das
Weltende zu sprechen fort 14). Allein das heiſst in der
Verzweiflung den Text zerhacken; denn so unordentlich
und springend kann Jesus, noch dazu ohne in der An-
einanderreihung der Sätze eine Andeutung zu geben, un-
möglich gesprochen haben.
13) Jenes Süskind, vermischte Aufsätze, S. 90 ff.; dieses Kuinöl,
in Matth. p. 653 ff.
14) s. dessen Commentarius, z. d. St.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/371>, abgerufen am 25.11.2024.
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