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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Erstes Kapitel. §. 109.
unter gewissen Bedingungen diese Wendung der Dinge zu
erwarten wäre, durch den Ausdruck bezeichnen, in zwei
bis drei Tagen werde Jehova das Geschlagene aufrichten
und das Getödtete wiederbeleben (Hos. 6, 2. 3)), eine Zeit-
angabe, welche auch Jesus unbestimmt für eine kurze Zeit
gebrauche (Luc. 13, 32.): so wolle er mit dem Ausdruck,
er werde nach seinem Tode te trite emera anasenai, nichts
Anderes sagen, als, wenn auch er der Gewalt seiner Fein-
de unterliegen und getödtet werden sollte, so werde das
von ihm begonnene Werk doch nicht untergehen, sondern
in kurzer Zeit einen neuen Aufschwung nehmen. Diese
von Jesu bloss bildlich gemeinten Redensarten haben die
Apostel, nachdem Jesus leiblich auferstanden war, eigent-
lich genommen, und für Weissagungen auf seine persön-
liche Wiederbelebung angesehen. Dass nun in den ange-
führten Prophetenstellen das hyh, qv'm und heqyts nur den an-
gegebenen tropischen Sinn habe, ist richtig, aber in Stellen,
deren ganzer Zusammenhang tropisch ist, und wo namentlich
das dem Wiederbeleben vorangegangene Schlagen und Töd-
ten selbst nur einen figürlichen Sinn hatte. Dass dage-
gen hier, wo die ganze vorhergehende Reihe von Ausdrü-
cken, das paradidosthai, katakrinesthai, saurousthai, apo-
kteinesthai u. s. f., eigentlich zu nehmen war, auf Einmal
mit dem egerthenai und anasenai eine uneigentliche Bedeu-
tung eintreten sollte, würde doch ein unerhörter Absprung
sein; dessen nicht zu gedenken, dass Stellen, wie Matth.
26, 32, wo Jesus sagt: meta to egerthenai me proaxo umas
eis ten Galilaian, nur bei der eigentlichen Bedeutung des
egeiresthai einen Sinn haben. Ebenso steht die Zeitbe-
stimmung des dritten Tages an den beiden Stellen, auf
welche man sich für die ungenaue und sprichwörtliche Be-
deutung einer kurzen Zeit überhaupt beruft, in einem Zu-

3) LXX: ugiasei emas meta duo emeras; en te emera te trite exa-
nasesometha, kai zesometha enopion autou.

Erstes Kapitel. §. 109.
unter gewissen Bedingungen diese Wendung der Dinge zu
erwarten wäre, durch den Ausdruck bezeichnen, in zwei
bis drei Tagen werde Jehova das Geschlagene aufrichten
und das Getödtete wiederbeleben (Hos. 6, 2. 3)), eine Zeit-
angabe, welche auch Jesus unbestimmt für eine kurze Zeit
gebrauche (Luc. 13, 32.): so wolle er mit dem Ausdruck,
er werde nach seinem Tode τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναςῆναι, nichts
Anderes sagen, als, wenn auch er der Gewalt seiner Fein-
de unterliegen und getödtet werden sollte, so werde das
von ihm begonnene Werk doch nicht untergehen, sondern
in kurzer Zeit einen neuen Aufschwung nehmen. Diese
von Jesu bloſs bildlich gemeinten Redensarten haben die
Apostel, nachdem Jesus leiblich auferstanden war, eigent-
lich genommen, und für Weissagungen auf seine persön-
liche Wiederbelebung angesehen. Daſs nun in den ange-
führten Prophetenstellen das הׇיׇה, קוּם und הֵקׅיץ nur den an-
gegebenen tropischen Sinn habe, ist richtig, aber in Stellen,
deren ganzer Zusammenhang tropisch ist, und wo namentlich
das dem Wiederbeleben vorangegangene Schlagen und Töd-
ten selbst nur einen figürlichen Sinn hatte. Daſs dage-
gen hier, wo die ganze vorhergehende Reihe von Ausdrü-
cken, das παραδίδοσϑαι, κατακρίνεσϑαι, ςαυροῦσϑαι, ἀπο-
κτείνεσϑαι u. s. f., eigentlich zu nehmen war, auf Einmal
mit dem ἐγερϑῆναι und ἀναςῆναι eine uneigentliche Bedeu-
tung eintreten sollte, würde doch ein unerhörter Absprung
sein; dessen nicht zu gedenken, daſs Stellen, wie Matth.
26, 32, wo Jesus sagt: μετὰ τὸ ἐγερϑῆναί με προάξω ὑμᾶς
εἰς τὴν Γαλιλαίαν, nur bei der eigentlichen Bedeutung des
ἐγείρεσϑαι einen Sinn haben. Ebenso steht die Zeitbe-
stimmung des dritten Tages an den beiden Stellen, auf
welche man sich für die ungenaue und sprichwörtliche Be-
deutung einer kurzen Zeit überhaupt beruft, in einem Zu-

3) LXX: ὑγιάσει ἡμᾶς μετὰ δύο ἡμέρας· ἐν τῇ ἡμέρᾳ τῇ τρίτῃ ἐξα-
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[327/0346] Erstes Kapitel. §. 109. unter gewissen Bedingungen diese Wendung der Dinge zu erwarten wäre, durch den Ausdruck bezeichnen, in zwei bis drei Tagen werde Jehova das Geschlagene aufrichten und das Getödtete wiederbeleben (Hos. 6, 2. 3)), eine Zeit- angabe, welche auch Jesus unbestimmt für eine kurze Zeit gebrauche (Luc. 13, 32.): so wolle er mit dem Ausdruck, er werde nach seinem Tode τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναςῆναι, nichts Anderes sagen, als, wenn auch er der Gewalt seiner Fein- de unterliegen und getödtet werden sollte, so werde das von ihm begonnene Werk doch nicht untergehen, sondern in kurzer Zeit einen neuen Aufschwung nehmen. Diese von Jesu bloſs bildlich gemeinten Redensarten haben die Apostel, nachdem Jesus leiblich auferstanden war, eigent- lich genommen, und für Weissagungen auf seine persön- liche Wiederbelebung angesehen. Daſs nun in den ange- führten Prophetenstellen das הׇיׇה, קוּם und הֵקׅיץ nur den an- gegebenen tropischen Sinn habe, ist richtig, aber in Stellen, deren ganzer Zusammenhang tropisch ist, und wo namentlich das dem Wiederbeleben vorangegangene Schlagen und Töd- ten selbst nur einen figürlichen Sinn hatte. Daſs dage- gen hier, wo die ganze vorhergehende Reihe von Ausdrü- cken, das παραδίδοσϑαι, κατακρίνεσϑαι, ςαυροῦσϑαι, ἀπο- κτείνεσϑαι u. s. f., eigentlich zu nehmen war, auf Einmal mit dem ἐγερϑῆναι und ἀναςῆναι eine uneigentliche Bedeu- tung eintreten sollte, würde doch ein unerhörter Absprung sein; dessen nicht zu gedenken, daſs Stellen, wie Matth. 26, 32, wo Jesus sagt: μετὰ τὸ ἐγερϑῆναί με προάξω ὑμᾶς εἰς τὴν Γαλιλαίαν, nur bei der eigentlichen Bedeutung des ἐγείρεσϑαι einen Sinn haben. Ebenso steht die Zeitbe- stimmung des dritten Tages an den beiden Stellen, auf welche man sich für die ungenaue und sprichwörtliche Be- deutung einer kurzen Zeit überhaupt beruft, in einem Zu- 3) LXX: ὑγιάσει ἡμᾶς μετὰ δύο ἡμέρας· ἐν τῇ ἡμέρᾳ τῇ τρίτῃ ἐξα- ναςησόμεϑα, καὶ ζησόμεϑα ἐνώπιον αὐτοῦ.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/346>, abgerufen am 23.11.2024.