ein bedrängter Exulant spreche 6); dass aber gar im 17ten Vers dieses Psalms von der Kreuzigung Christi die Rede sei (da doch, auch die unwahrscheinlichste Erklärung des kry durch perfoderunt vorausgesezt, diess in keinem Falle eigentlich, sondern nur bildlich zu verstehen, das Bild aber nicht von einer Kreuzigung, sondern von einer Jagd oder einem Kampf mit wilden Thieren hergenommen wäre 7), diess wird jezt nur noch von Solchen behauptet, mit wel- chen es sich nicht verlohnt zu streiten. Sollte demnach Jesus auf übernatürliche Weise vermöge seiner höheren Natur in diesen Stellen eine Vorandeutung der einzelnen Züge seines Leidens gefunden haben: so wäre, da eine solche Beziehung nicht der wahre Sinn jener Stellen ist, der Geist in Jesu nicht der Geist der Wahrheit gewesen; es wird also der orthodoxe Erklärer, sofern er sich nur dem Lichte unbefangener Auslegung des A. T. nicht ver- schliesst, aus eigenem Interesse zu der natürlichen Ansicht hingetrieben, dass nicht höhere Eingebung, sondern eigene Combination Jesum auf eine solche Auslegung der A. T.li- chen Stellen und auf die Voraussicht der einzelnen Züge seines künftigen Schicksals geführt habe.
Dass es die herrschende Priesterpartei sein würde, der er unterliegen müsste, diess, kann man hienach sagen 8), war leicht vorauszusehen, da diese theils vorzüglich gegen Jesum erbittert, theils im Besiz der erforderlichen Macht war; dass sie Jerusalem zum Schauplaz seiner Verurthei- lung und Hinrichtung machen würde, ebenfalls, da hier der Mittelpunkt ihrer Stärke war; dass er, von den Ober- sten seines Volks verurtheilt, den Römern zur Hinrichtung würde übergeben werden, folgte aus der damaligen Be-
6) Ders. ebendas., S. 514 ff.
7)Paulus, exeg. Handb. 3, b, S. 677 ff. und de Wette z. d. St.
8) s. diese Ansicht ausgeführt bei Fritzsche, Comm. in Marc. p. 381 f.
20 *
Erstes Kapitel. §. 107.
ein bedrängter Exulant spreche 6); daſs aber gar im 17ten Vers dieses Psalms von der Kreuzigung Christi die Rede sei (da doch, auch die unwahrscheinlichste Erklärung des כארי durch perfoderunt vorausgesezt, dieſs in keinem Falle eigentlich, sondern nur bildlich zu verstehen, das Bild aber nicht von einer Kreuzigung, sondern von einer Jagd oder einem Kampf mit wilden Thieren hergenommen wäre 7), dieſs wird jezt nur noch von Solchen behauptet, mit wel- chen es sich nicht verlohnt zu streiten. Sollte demnach Jesus auf übernatürliche Weise vermöge seiner höheren Natur in diesen Stellen eine Vorandeutung der einzelnen Züge seines Leidens gefunden haben: so wäre, da eine solche Beziehung nicht der wahre Sinn jener Stellen ist, der Geist in Jesu nicht der Geist der Wahrheit gewesen; es wird also der orthodoxe Erklärer, sofern er sich nur dem Lichte unbefangener Auslegung des A. T. nicht ver- schlieſst, aus eigenem Interesse zu der natürlichen Ansicht hingetrieben, daſs nicht höhere Eingebung, sondern eigene Combination Jesum auf eine solche Auslegung der A. T.li- chen Stellen und auf die Voraussicht der einzelnen Züge seines künftigen Schicksals geführt habe.
Daſs es die herrschende Priesterpartei sein würde, der er unterliegen müſste, dieſs, kann man hienach sagen 8), war leicht vorauszusehen, da diese theils vorzüglich gegen Jesum erbittert, theils im Besiz der erforderlichen Macht war; daſs sie Jerusalem zum Schauplaz seiner Verurthei- lung und Hinrichtung machen würde, ebenfalls, da hier der Mittelpunkt ihrer Stärke war; daſs er, von den Ober- sten seines Volks verurtheilt, den Römern zur Hinrichtung würde übergeben werden, folgte aus der damaligen Be-
6) Ders. ebendas., S. 514 ff.
7)Paulus, exeg. Handb. 3, b, S. 677 ff. und de Wette z. d. St.
8) s. diese Ansicht ausgeführt bei Fritzsche, Comm. in Marc. p. 381 f.
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Erstes Kapitel. §. 107.
ein bedrängter Exulant spreche 6); daſs aber gar im 17ten
Vers dieses Psalms von der Kreuzigung Christi die Rede
sei (da doch, auch die unwahrscheinlichste Erklärung des
כארי durch perfoderunt vorausgesezt, dieſs in keinem Falle
eigentlich, sondern nur bildlich zu verstehen, das Bild aber
nicht von einer Kreuzigung, sondern von einer Jagd oder
einem Kampf mit wilden Thieren hergenommen wäre 7),
dieſs wird jezt nur noch von Solchen behauptet, mit wel-
chen es sich nicht verlohnt zu streiten. Sollte demnach
Jesus auf übernatürliche Weise vermöge seiner höheren
Natur in diesen Stellen eine Vorandeutung der einzelnen
Züge seines Leidens gefunden haben: so wäre, da eine
solche Beziehung nicht der wahre Sinn jener Stellen ist,
der Geist in Jesu nicht der Geist der Wahrheit gewesen;
es wird also der orthodoxe Erklärer, sofern er sich nur
dem Lichte unbefangener Auslegung des A. T. nicht ver-
schlieſst, aus eigenem Interesse zu der natürlichen Ansicht
hingetrieben, daſs nicht höhere Eingebung, sondern eigene
Combination Jesum auf eine solche Auslegung der A. T.li-
chen Stellen und auf die Voraussicht der einzelnen Züge
seines künftigen Schicksals geführt habe.
Daſs es die herrschende Priesterpartei sein würde, der
er unterliegen müſste, dieſs, kann man hienach sagen 8),
war leicht vorauszusehen, da diese theils vorzüglich gegen
Jesum erbittert, theils im Besiz der erforderlichen Macht
war; daſs sie Jerusalem zum Schauplaz seiner Verurthei-
lung und Hinrichtung machen würde, ebenfalls, da hier
der Mittelpunkt ihrer Stärke war; daſs er, von den Ober-
sten seines Volks verurtheilt, den Römern zur Hinrichtung
würde übergeben werden, folgte aus der damaligen Be-
6) Ders. ebendas., S. 514 ff.
7) Paulus, exeg. Handb. 3, b, S. 677 ff. und de Wette z. d. St.
8) s. diese Ansicht ausgeführt bei Fritzsche, Comm. in Marc.
p. 381 f.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/326>, abgerufen am 22.07.2024.
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