Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Einleitung. §. 10. be; ein Andrer glaubte den mythischen Gesichtspunkt an-zuwenden, wenn er von der Verkündigung der Geburt des Täufers zwar alles Wunderbare hinwegräumte, doch aber das Verstummen des Zacharias als historische Grundlage stehen liess 2); ebenso legt Krug (in der angef. Abhand- lung), nachdem er eben versichert hatte, nicht die Materie der Geschichte (natürlich), sondern die Entstehung der Erzählung (mythisch) erklären zu wollen, der Erzählung von den Weisen aus Morgenland eine zufällige Durchreise orientalischer Kaufleute zum Grunde; am schreiendsten aber ist der Widerspruch, wenn man in einer Mythologie des N. T.s, wie die Bauer'sche, ein solches Nichtverstehen des- sen, was ein Mythus ist, findet, dass z. B. bei den Eltern des Täufers wirklich eine lange, unfruchtbare Ehe ange- nommen, die Engel bei Jesu Geburt durch ein feuriges Phänomen erklärt, bei seiner Taufe ein Bliz und Donner- schlag sammt einer zufällig überhin fliegenden Taube voraus- gesezt, bei der Verklärung ein Gewitter zum Grunde ge- legt, und die Engel im Grabe des Auferstandenen zu weis- sen Leintüchern gemacht werden. Auch Kaiser, welcher über das Unnatürliche so mancher natürlichen Erklärungen Klage führt, lässt doch mit der Bemerkung, es wäre ein- seitig, alles Wunderbare im N. T. auf Eine und dieselbe Weise zu erklären, die natürliche Auslegung neben der mythischen stehen. Erkenne man nur an, dass der alte Autor ein Wunder habe erzählen wollen, so sei die na- türliche Erklärung oft gar wohl zulässig. Sie sei bald eine physikalisch-historische, wie bei der Erzählung vom Aus- sätzigen, welchem Jesus ohne Zweifel die nahe Genesung angesehen habe; bald eine psychologische, indem bei man- chen Kranken der Ruf Jesu und das Vertrauen auf ihn das Meiste gewirkt habe; bald sei auch der Zufall in Rechnung zu 2) E. F. über die zwei ersten Kapitel des Matthäus und Lukas.
In Henke's Magazin 5ten Bdes 1tes Stück. S. 163. Einleitung. §. 10. be; ein Andrer glaubte den mythischen Gesichtspunkt an-zuwenden, wenn er von der Verkündigung der Geburt des Täufers zwar alles Wunderbare hinwegräumte, doch aber das Verstummen des Zacharias als historische Grundlage stehen lieſs 2); ebenso legt Krug (in der angef. Abhand- lung), nachdem er eben versichert hatte, nicht die Materie der Geschichte (natürlich), sondern die Entstehung der Erzählung (mythisch) erklären zu wollen, der Erzählung von den Weisen aus Morgenland eine zufällige Durchreise orientalischer Kaufleute zum Grunde; am schreiendsten aber ist der Widerspruch, wenn man in einer Mythologie des N. T.s, wie die Bauer'sche, ein solches Nichtverstehen des- sen, was ein Mythus ist, findet, daſs z. B. bei den Eltern des Täufers wirklich eine lange, unfruchtbare Ehe ange- nommen, die Engel bei Jesu Geburt durch ein feuriges Phänomen erklärt, bei seiner Taufe ein Bliz und Donner- schlag sammt einer zufällig überhin fliegenden Taube voraus- gesezt, bei der Verklärung ein Gewitter zum Grunde ge- legt, und die Engel im Grabe des Auferstandenen zu weis- sen Leintüchern gemacht werden. Auch Kaiser, welcher über das Unnatürliche so mancher natürlichen Erklärungen Klage führt, läſst doch mit der Bemerkung, es wäre ein- seitig, alles Wunderbare im N. T. auf Eine und dieselbe Weise zu erklären, die natürliche Auslegung neben der mythischen stehen. Erkenne man nur an, daſs der alte Autor ein Wunder habe erzählen wollen, so sei die na- türliche Erklärung oft gar wohl zulässig. Sie sei bald eine physikalisch-historische, wie bei der Erzählung vom Aus- sätzigen, welchem Jesus ohne Zweifel die nahe Genesung angesehen habe; bald eine psychologische, indem bei man- chen Kranken der Ruf Jesu und das Vertrauen auf ihn das Meiste gewirkt habe; bald sei auch der Zufall in Rechnung zu 2) E. F. über die zwei ersten Kapitel des Matthäus und Lukas.
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Einleitung. §. 10.
be; ein Andrer glaubte den mythischen Gesichtspunkt an-
zuwenden, wenn er von der Verkündigung der Geburt des
Täufers zwar alles Wunderbare hinwegräumte, doch aber
das Verstummen des Zacharias als historische Grundlage
stehen lieſs 2); ebenso legt Krug (in der angef. Abhand-
lung), nachdem er eben versichert hatte, nicht die Materie
der Geschichte (natürlich), sondern die Entstehung der
Erzählung (mythisch) erklären zu wollen, der Erzählung
von den Weisen aus Morgenland eine zufällige Durchreise
orientalischer Kaufleute zum Grunde; am schreiendsten aber
ist der Widerspruch, wenn man in einer Mythologie des
N. T.s, wie die Bauer'sche, ein solches Nichtverstehen des-
sen, was ein Mythus ist, findet, daſs z. B. bei den Eltern
des Täufers wirklich eine lange, unfruchtbare Ehe ange-
nommen, die Engel bei Jesu Geburt durch ein feuriges
Phänomen erklärt, bei seiner Taufe ein Bliz und Donner-
schlag sammt einer zufällig überhin fliegenden Taube voraus-
gesezt, bei der Verklärung ein Gewitter zum Grunde ge-
legt, und die Engel im Grabe des Auferstandenen zu weis-
sen Leintüchern gemacht werden. Auch Kaiser, welcher
über das Unnatürliche so mancher natürlichen Erklärungen
Klage führt, läſst doch mit der Bemerkung, es wäre ein-
seitig, alles Wunderbare im N. T. auf Eine und dieselbe
Weise zu erklären, die natürliche Auslegung neben der
mythischen stehen. Erkenne man nur an, daſs der alte
Autor ein Wunder habe erzählen wollen, so sei die na-
türliche Erklärung oft gar wohl zulässig. Sie sei bald eine
physikalisch-historische, wie bei der Erzählung vom Aus-
sätzigen, welchem Jesus ohne Zweifel die nahe Genesung
angesehen habe; bald eine psychologische, indem bei man-
chen Kranken der Ruf Jesu und das Vertrauen auf ihn das
Meiste gewirkt habe; bald sei auch der Zufall in Rechnung zu
2) E. F. über die zwei ersten Kapitel des Matthäus und Lukas.
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