den Messias als eine dritte, von ihm verschiedene Person hinweisen. Nicht minder, wenn er 16, 27 f., um den Saz zu begründen, dass ein Schaden an der psukhe durch den Gewinn des kosmos olos nicht zu ersetzen sei, auf die bal- dige Zukunft des Menschensohns zur Vergeltung verweist: so konnte gar wohl auch ein messianischer Vorläufer auf diese Art den nach ihm Kommenden ankündigen. Vollends aber die zusammenhängenden Reden Matth. 24. 25. parall. würden sich, wie erst tiefer unten erhellen kann, selbst leichter begreifen lassen, wenn man annehmen dürfte, dass der Redende hier unter dem uios tou anthropou, dessen par- ousia er beschreibt, einen Andern als sich selbst verstan- den habe.
Doch bei Weitem nicht auf alle Fälle, in welchen Je- sus den Ausdruck gebraucht, ist diese Erklärung anwend- bar. Wenn er den Menschensohn nicht als einen erst zu erwartenden, sondern als einen bereits gekommenen und gegenwärtigen darstellt, wie Matth. 18, 11., wo er sagt: elthe gar o uios tou anthropou zetesai kai sosai to apolo- los; wenn er von ihm selbst verrichtete Handlungen durch die dem Menschensohn zustehende Vollmacht rechtfertigt, wie Matth. 9, 6.; wenn er Marc. 8, 31 ff. vgl. Matth. 16, 22. von dem des Menschen Sohne bevorstehenden Leiden und Tode mit dem Erfolge spricht, dass Petrus ausruft: [e] me esai soi touto: so kann er in diesen und ähnlichen Fällen unter dem uios t. a. nur sich selbst verstanden ha- ben. Und sogar jene Stellen, welche wir, isolirt genom- men, der Deutung auf eine von Jesu verschiedene messia- nische Person fähig gefunden haben, verlieren, wenn wirk- lich alles dasjenige, was jezt im Zusammenhang mit den- selben steht, in dieser Verbindung gesprochen worden ist, diese Fähigkeit. Möglicherweise indessen könnten ja hier von den Referenten entweder Aussprüche in Verbindung gesezt sein, die es ursprünglich nicht waren, oder von der späteren Überzeugung von Jesus als dem uios tou anthropou
Zweiter Abschnitt.
den Messias als eine dritte, von ihm verschiedene Person hinweisen. Nicht minder, wenn er 16, 27 f., um den Saz zu begründen, daſs ein Schaden an der ψυχὴ durch den Gewinn des κόσμος ὅλος nicht zu ersetzen sei, auf die bal- dige Zukunft des Menschensohns zur Vergeltung verweist: so konnte gar wohl auch ein messianischer Vorläufer auf diese Art den nach ihm Kommenden ankündigen. Vollends aber die zusammenhängenden Reden Matth. 24. 25. parall. würden sich, wie erst tiefer unten erhellen kann, selbst leichter begreifen lassen, wenn man annehmen dürfte, daſs der Redende hier unter dem υἱὸς τοῦ ἀνϑρώποῦ, dessen παρ- ουσία er beschreibt, einen Andern als sich selbst verstan- den habe.
Doch bei Weitem nicht auf alle Fälle, in welchen Je- sus den Ausdruck gebraucht, ist diese Erklärung anwend- bar. Wenn er den Menschensohn nicht als einen erst zu erwartenden, sondern als einen bereits gekommenen und gegenwärtigen darstellt, wie Matth. 18, 11., wo er sagt: ἠλϑε γὰρ ὁ υἱὸς τοῦ ανϑρώπου ζητῆσαι καὶ σῶσαι τὸ ἀπολω- λός· wenn er von ihm selbst verrichtete Handlungen durch die dem Menschensohn zustehende Vollmacht rechtfertigt, wie Matth. 9, 6.; wenn er Marc. 8, 31 ff. vgl. Matth. 16, 22. von dem des Menschen Sohne bevorstehenden Leiden und Tode mit dem Erfolge spricht, daſs Petrus ausruft: [ἐ] μη ἔςαι σοι τοῦτο: so kann er in diesen und ähnlichen Fällen unter dem υἱὸς τ. ἀ. nur sich selbst verstanden ha- ben. Und sogar jene Stellen, welche wir, isolirt genom- men, der Deutung auf eine von Jesu verschiedene messia- nische Person fähig gefunden haben, verlieren, wenn wirk- lich alles dasjenige, was jezt im Zusammenhang mit den- selben steht, in dieser Verbindung gesprochen worden ist, diese Fähigkeit. Möglicherweise indessen könnten ja hier von den Referenten entweder Aussprüche in Verbindung gesezt sein, die es ursprünglich nicht waren, oder von der späteren Überzeugung von Jesus als dem υίὸς τοῦ ὰνϑρώπου
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Zweiter Abschnitt.
den Messias als eine dritte, von ihm verschiedene Person
hinweisen. Nicht minder, wenn er 16, 27 f., um den Saz
zu begründen, daſs ein Schaden an der ψυχὴ durch den
Gewinn des κόσμος ὅλος nicht zu ersetzen sei, auf die bal-
dige Zukunft des Menschensohns zur Vergeltung verweist:
so konnte gar wohl auch ein messianischer Vorläufer auf
diese Art den nach ihm Kommenden ankündigen. Vollends
aber die zusammenhängenden Reden Matth. 24. 25. parall.
würden sich, wie erst tiefer unten erhellen kann, selbst
leichter begreifen lassen, wenn man annehmen dürfte, daſs
der Redende hier unter dem υἱὸς τοῦ ἀνϑρώποῦ, dessen παρ-
ουσία er beschreibt, einen Andern als sich selbst verstan-
den habe.
Doch bei Weitem nicht auf alle Fälle, in welchen Je-
sus den Ausdruck gebraucht, ist diese Erklärung anwend-
bar. Wenn er den Menschensohn nicht als einen erst zu
erwartenden, sondern als einen bereits gekommenen und
gegenwärtigen darstellt, wie Matth. 18, 11., wo er sagt:
ἠλϑε γὰρ ὁ υἱὸς τοῦ ανϑρώπου ζητῆσαι καὶ σῶσαι τὸ ἀπολω-
λός· wenn er von ihm selbst verrichtete Handlungen durch
die dem Menschensohn zustehende Vollmacht rechtfertigt,
wie Matth. 9, 6.; wenn er Marc. 8, 31 ff. vgl. Matth. 16,
22. von dem des Menschen Sohne bevorstehenden Leiden
und Tode mit dem Erfolge spricht, daſs Petrus ausruft:
ἐ μη ἔςαι σοι τοῦτο: so kann er in diesen und ähnlichen
Fällen unter dem υἱὸς τ. ἀ. nur sich selbst verstanden ha-
ben. Und sogar jene Stellen, welche wir, isolirt genom-
men, der Deutung auf eine von Jesu verschiedene messia-
nische Person fähig gefunden haben, verlieren, wenn wirk-
lich alles dasjenige, was jezt im Zusammenhang mit den-
selben steht, in dieser Verbindung gesprochen worden ist,
diese Fähigkeit. Möglicherweise indessen könnten ja hier
von den Referenten entweder Aussprüche in Verbindung
gesezt sein, die es ursprünglich nicht waren, oder von der
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/492>, abgerufen am 22.11.2024.
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