lung gegangen nachgewiesen werden. -- Dass ebenso ver- geblich in Bezug auf die beiden andern in unsrem Ab- schnitt citirten Weissagungen das plerothenai zur blossen Analogie und Anwendbarkeit zu verflüchtigen gesucht wer- de, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Die mehrfachen Weisungen endlich, welche die Per- sonen unserer Erzählung durch Traumerscheinungen be- kommen, werden auf dem gegenwärtigen Standpunkte sämmtlich psychologisch aus vorangegangenen Erkundigun- gen und Gedanken der Wachenden erklärt. Diess scheint zwar bei der letzten Erscheinung dieser Art, V. 22, durch den Text selbst an die Hand gegeben, indem es hier heisst, Joseph habe gehört, dass Archelaus Herr von Judäa ge- worden sei, und habe sich daher gefürchtet, dorthin zu gehen; hierauf erst sei ihm eine höhere Weisung im Trau- me zugekommen. Dennoch ist auch hier, wenn man ge- nauer zusieht, das im Traume Mitgetheilte etwas Neues und nicht aus dem Wachen herübergenommen; nämlich nur das Negative, dass wegen des Archelaus eine Nieder- lassung in Bethlehem nicht wohl rathsam sei, war dem Joseph im Wachen gegeben: das Positive, dass er nach Nazaret ziehen solle, wird erst im Traum hinzugefügt. Bei den übrigen Traumerscheinungen unseres Abschnitts aber ist es geradezu Interpolation des Textes, wenn man sie auf die bezeichnete Weise erklären will. Denn sowohl dass Herodes dem Kinde nach dem Leben trachte, als, dass er nun gestorben sei, lässt der Text dem Joseph erst durch den Traum bekannt werden; so wie auch die Ma- gier kein Misstrauen gegen Herodes haben, bis der Traum sie vor ihm warnt.
Wenn hienach die Auffassung der Matth. 2. erzählten Vorgänge als natürlicher dem Sinne des Berichts entschie- den zuwider ist, in ihrem ursprünglichen Sinne genommen aber die evangelische Erzählung bis zum Abenteuerlichen Übernatürliches, und Unwahrscheinliches bis zum Unmög-
Erster Abschnitt.
lung gegangen nachgewiesen werden. — Daſs ebenso ver- geblich in Bezug auf die beiden andern in unsrem Ab- schnitt citirten Weissagungen das πληρωϑῆναι zur bloſsen Analogie und Anwendbarkeit zu verflüchtigen gesucht wer- de, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Die mehrfachen Weisungen endlich, welche die Per- sonen unserer Erzählung durch Traumerscheinungen be- kommen, werden auf dem gegenwärtigen Standpunkte sämmtlich psychologisch aus vorangegangenen Erkundigun- gen und Gedanken der Wachenden erklärt. Dieſs scheint zwar bei der letzten Erscheinung dieser Art, V. 22, durch den Text selbst an die Hand gegeben, indem es hier heiſst, Joseph habe gehört, daſs Archelaus Herr von Judäa ge- worden sei, und habe sich daher gefürchtet, dorthin zu gehen; hierauf erst sei ihm eine höhere Weisung im Trau- me zugekommen. Dennoch ist auch hier, wenn man ge- nauer zusieht, das im Traume Mitgetheilte etwas Neues und nicht aus dem Wachen herübergenommen; nämlich nur das Negative, daſs wegen des Archelaus eine Nieder- lassung in Bethlehem nicht wohl rathsam sei, war dem Joseph im Wachen gegeben: das Positive, daſs er nach Nazaret ziehen solle, wird erst im Traum hinzugefügt. Bei den übrigen Traumerscheinungen unseres Abschnitts aber ist es geradezu Interpolation des Textes, wenn man sie auf die bezeichnete Weise erklären will. Denn sowohl daſs Herodes dem Kinde nach dem Leben trachte, als, daſs er nun gestorben sei, läſst der Text dem Joseph erst durch den Traum bekannt werden; so wie auch die Ma- gier kein Miſstrauen gegen Herodes haben, bis der Traum sie vor ihm warnt.
Wenn hienach die Auffassung der Matth. 2. erzählten Vorgänge als natürlicher dem Sinne des Berichts entschie- den zuwider ist, in ihrem ursprünglichen Sinne genommen aber die evangelische Erzählung bis zum Abenteuerlichen Übernatürliches, und Unwahrscheinliches bis zum Unmög-
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Erster Abschnitt.
lung gegangen nachgewiesen werden. — Daſs ebenso ver-
geblich in Bezug auf die beiden andern in unsrem Ab-
schnitt citirten Weissagungen das πληρωϑῆναι zur bloſsen
Analogie und Anwendbarkeit zu verflüchtigen gesucht wer-
de, bedarf keiner weiteren Ausführung.
Die mehrfachen Weisungen endlich, welche die Per-
sonen unserer Erzählung durch Traumerscheinungen be-
kommen, werden auf dem gegenwärtigen Standpunkte
sämmtlich psychologisch aus vorangegangenen Erkundigun-
gen und Gedanken der Wachenden erklärt. Dieſs scheint
zwar bei der letzten Erscheinung dieser Art, V. 22, durch
den Text selbst an die Hand gegeben, indem es hier heiſst,
Joseph habe gehört, daſs Archelaus Herr von Judäa ge-
worden sei, und habe sich daher gefürchtet, dorthin zu
gehen; hierauf erst sei ihm eine höhere Weisung im Trau-
me zugekommen. Dennoch ist auch hier, wenn man ge-
nauer zusieht, das im Traume Mitgetheilte etwas Neues
und nicht aus dem Wachen herübergenommen; nämlich
nur das Negative, daſs wegen des Archelaus eine Nieder-
lassung in Bethlehem nicht wohl rathsam sei, war dem
Joseph im Wachen gegeben: das Positive, daſs er nach
Nazaret ziehen solle, wird erst im Traum hinzugefügt.
Bei den übrigen Traumerscheinungen unseres Abschnitts
aber ist es geradezu Interpolation des Textes, wenn man
sie auf die bezeichnete Weise erklären will. Denn sowohl
daſs Herodes dem Kinde nach dem Leben trachte, als,
daſs er nun gestorben sei, läſst der Text dem Joseph erst
durch den Traum bekannt werden; so wie auch die Ma-
gier kein Miſstrauen gegen Herodes haben, bis der Traum
sie vor ihm warnt.
Wenn hienach die Auffassung der Matth. 2. erzählten
Vorgänge als natürlicher dem Sinne des Berichts entschie-
den zuwider ist, in ihrem ursprünglichen Sinne genommen
aber die evangelische Erzählung bis zum Abenteuerlichen
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/264>, abgerufen am 25.11.2024.
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