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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
die Ansicht von einer davidischen Abstammung Maria's.
Mehrere Apokryphen sprechen sich dahin aus 16), ebenso
Justin der Märtyrer, bei welchem man den Ausdruck, dass
die Jungfrau aus dem Geschlechte Davids, Jakobs, Isaaks
und Abrahams gewesen, selbst als eine Andeutung ausle-
gen könnte, dass er eines unsrer Geschlechtsregister, wel-
che ja ebenso über David auf Abraham zurückgehen, auf
die Maria bezogen hätte 17); auch die Juden, indem sie
eine Maria, Tochter Eli's, als gequält in der Unterwelt
vorstellen 18), scheinen den von Eli ausgehenden Stamm-
baum bei Lukas für den der Maria genommen zu haben.

Fragt man nun aber, warum gerade der Stammbaum
bei Lukas, oder überhaupt, welcher der beiden Stamm-
bäume als der der Maria gefasst werden solle, so scheint
diess eigentlich bei keinem von beiden möglich zu sein,
indem beide gar zu bestimmt sich als Genealogieen des Jo-
seph ankündigen, der eine in den Worten: Iakob egennese
ton Ioseph, der andre durch die Worte: uios Ioseph tou
Eli. Dennoch aber lautet auch hier das egennese des
Matthäus bestimmter als das tou des Lukas, welches nach
jenen Auslegern wohl auch einen Schwiegersohn oder En-
kel bedeuten könnte, so dass die Genealogie bei Lukas in
den Worten 3, 23. entweder sagen wollte: Jesus war nach
der gewöhnlichen Ansicht ein Sohn Josephs, welcher selbst
ein Schwiegersohn des Eli, Vaters der Maria, war 19);
oder: Jesus war, wie man glaubte, ein Sohn Josephs,

16) Protevang. Jacobi c. 1 f. u. 10. (ed. Thilo) und evang. de
nativitate Mariae c. 1. werden als die Eltern der Maria Joa-
chim und Anna, aus Davidischem Geschlechte, genannt. Fau-
stus hingegen, in der angeführten Stelle, bezeichnet eben
diesen Joachim als sacerdos.
17) Dial. c. Tryph. 43. 100. der Mauriner Ausg. Paris 1742.
18) Vgl. Lightfoot, horae, S. 750.
19) So namentlich Paulus z. d. St.

Erster Abschnitt.
die Ansicht von einer davidischen Abstammung Maria's.
Mehrere Apokryphen sprechen sich dahin aus 16), ebenso
Justin der Märtyrer, bei welchem man den Ausdruck, daſs
die Jungfrau aus dem Geschlechte Davids, Jakobs, Isaaks
und Abrahams gewesen, selbst als eine Andeutung ausle-
gen könnte, daſs er eines unsrer Geschlechtsregister, wel-
che ja ebenso über David auf Abraham zurückgehen, auf
die Maria bezogen hätte 17); auch die Juden, indem sie
eine Maria, Tochter Eli's, als gequält in der Unterwelt
vorstellen 18), scheinen den von Eli ausgehenden Stamm-
baum bei Lukas für den der Maria genommen zu haben.

Fragt man nun aber, warum gerade der Stammbaum
bei Lukas, oder überhaupt, welcher der beiden Stamm-
bäume als der der Maria gefaſst werden solle, so scheint
dieſs eigentlich bei keinem von beiden möglich zu sein,
indem beide gar zu bestimmt sich als Genealogieen des Jo-
seph ankündigen, der eine in den Worten: Ιακωβ ἐγέννησε
τὸν Ἰωσὴφ, der andre durch die Worte: υἱὸς Ἰωσὴφ τοῦ
Ἡλί. Dennoch aber lautet auch hier das ἐγέννησε des
Matthäus bestimmter als das τοῦ des Lukas, welches nach
jenen Auslegern wohl auch einen Schwiegersohn oder En-
kel bedeuten könnte, so daſs die Genealogie bei Lukas in
den Worten 3, 23. entweder sagen wollte: Jesus war nach
der gewöhnlichen Ansicht ein Sohn Josephs, welcher selbst
ein Schwiegersohn des Eli, Vaters der Maria, war 19);
oder: Jesus war, wie man glaubte, ein Sohn Josephs,

16) Protevang. Jacobi c. 1 f. u. 10. (ed. Thilo) und evang. de
nativitate Mariae c. 1. werden als die Eltern der Maria Joa-
chim und Anna, aus Davidischem Geschlechte, genannt. Fau-
stus hingegen, in der angeführten Stelle, bezeichnet eben
diesen Joachim als sacerdos.
17) Dial. c. Tryph. 43. 100. der Mauriner Ausg. Paris 1742.
18) Vgl. Lightfoot, horae, S. 750.
19) So namentlich Paulus z. d. St.
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[124/0148] Erster Abschnitt. die Ansicht von einer davidischen Abstammung Maria's. Mehrere Apokryphen sprechen sich dahin aus 16), ebenso Justin der Märtyrer, bei welchem man den Ausdruck, daſs die Jungfrau aus dem Geschlechte Davids, Jakobs, Isaaks und Abrahams gewesen, selbst als eine Andeutung ausle- gen könnte, daſs er eines unsrer Geschlechtsregister, wel- che ja ebenso über David auf Abraham zurückgehen, auf die Maria bezogen hätte 17); auch die Juden, indem sie eine Maria, Tochter Eli's, als gequält in der Unterwelt vorstellen 18), scheinen den von Eli ausgehenden Stamm- baum bei Lukas für den der Maria genommen zu haben. Fragt man nun aber, warum gerade der Stammbaum bei Lukas, oder überhaupt, welcher der beiden Stamm- bäume als der der Maria gefaſst werden solle, so scheint dieſs eigentlich bei keinem von beiden möglich zu sein, indem beide gar zu bestimmt sich als Genealogieen des Jo- seph ankündigen, der eine in den Worten: Ιακωβ ἐγέννησε τὸν Ἰωσὴφ, der andre durch die Worte: υἱὸς Ἰωσὴφ τοῦ Ἡλί. Dennoch aber lautet auch hier das ἐγέννησε des Matthäus bestimmter als das τοῦ des Lukas, welches nach jenen Auslegern wohl auch einen Schwiegersohn oder En- kel bedeuten könnte, so daſs die Genealogie bei Lukas in den Worten 3, 23. entweder sagen wollte: Jesus war nach der gewöhnlichen Ansicht ein Sohn Josephs, welcher selbst ein Schwiegersohn des Eli, Vaters der Maria, war 19); oder: Jesus war, wie man glaubte, ein Sohn Josephs, 16) Protevang. Jacobi c. 1 f. u. 10. (ed. Thilo) und evang. de nativitate Mariae c. 1. werden als die Eltern der Maria Joa- chim und Anna, aus Davidischem Geschlechte, genannt. Fau- stus hingegen, in der angeführten Stelle, bezeichnet eben diesen Joachim als sacerdos. 17) Dial. c. Tryph. 43. 100. der Mauriner Ausg. Paris 1742. 18) Vgl. Lightfoot, horae, S. 750. 19) So namentlich Paulus z. d. St.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/148>, abgerufen am 24.11.2024.