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Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

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lachenden Augen an denen ihres Mannes, die sich, wie um alles zu vergessen, in die ihren zu bohren schienen.

"Wie lange noch wird's dauern?" murmelte der Bürgermeister, dann folgte er den Anderen.



Es dauerte doch noch ziemlich lange; denn das Weib war, obgleich in Lumpen aufgewachsen, jung und unschuldig. Sie wohnten in der Kathe am Ende der ins Feld hinauslaufenden Norderstraße; das Kämmerlein vorn war das ihre, die Mutter hatte sich ein Lager in der engen Küche einzurichten verstanden. Sein alter Arbeitgeber wußte nun schon, daß John ein halbmal mehr als andere arbeite, und deshalb, und da auch der Bürgermeister ihm zusprach, hielt er den Mann fest, so oft ihm auch gerathen wurde, den Zuchthäusler vor die Thür zu setzen. So war allzeit Arbeit da, für ihn und oftmals auch für die Frau, und die Nahrungssorge klopfte nicht an die kleine Thür. Ein Gärtlein war auch am Haufe und darin, hinten nach dem Weg hinaus, eine dichte Ligusterlaube.

lachenden Augen an denen ihres Mannes, die sich, wie um alles zu vergessen, in die ihren zu bohren schienen.

„Wie lange noch wird’s dauern?“ murmelte der Bürgermeister, dann folgte er den Anderen.



Es dauerte doch noch ziemlich lange; denn das Weib war, obgleich in Lumpen aufgewachsen, jung und unschuldig. Sie wohnten in der Kathe am Ende der ins Feld hinauslaufenden Norderstraße; das Kämmerlein vorn war das ihre, die Mutter hatte sich ein Lager in der engen Küche einzurichten verstanden. Sein alter Arbeitgeber wußte nun schon, daß John ein halbmal mehr als andere arbeite, und deshalb, und da auch der Bürgermeister ihm zusprach, hielt er den Mann fest, so oft ihm auch gerathen wurde, den Zuchthäusler vor die Thür zu setzen. So war allzeit Arbeit da, für ihn und oftmals auch für die Frau, und die Nahrungssorge klopfte nicht an die kleine Thür. Ein Gärtlein war auch am Haufe und darin, hinten nach dem Weg hinaus, eine dichte Ligusterlaube.

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[54/0054] lachenden Augen an denen ihres Mannes, die sich, wie um alles zu vergessen, in die ihren zu bohren schienen. „Wie lange noch wird’s dauern?“ murmelte der Bürgermeister, dann folgte er den Anderen. Es dauerte doch noch ziemlich lange; denn das Weib war, obgleich in Lumpen aufgewachsen, jung und unschuldig. Sie wohnten in der Kathe am Ende der ins Feld hinauslaufenden Norderstraße; das Kämmerlein vorn war das ihre, die Mutter hatte sich ein Lager in der engen Küche einzurichten verstanden. Sein alter Arbeitgeber wußte nun schon, daß John ein halbmal mehr als andere arbeite, und deshalb, und da auch der Bürgermeister ihm zusprach, hielt er den Mann fest, so oft ihm auch gerathen wurde, den Zuchthäusler vor die Thür zu setzen. So war allzeit Arbeit da, für ihn und oftmals auch für die Frau, und die Nahrungssorge klopfte nicht an die kleine Thür. Ein Gärtlein war auch am Haufe und darin, hinten nach dem Weg hinaus, eine dichte Ligusterlaube.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/54>, abgerufen am 09.05.2024.