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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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Gleich vertraut mit den Sprachen der kulti-
virtesten Nationen, von Geburt eine Deutsche,
und Französinn wenn sie an Voltaire schreibt,
giebt diese außerordentliche Frau in ihren
Schriften und Unterhaltungen der russischen
Sprache den Vorzug, weil sie wohl weiß,
daß ihr Beyspiel allein der einreißenden Ver-
nachläßigung derselben unter den Großen zu
steuern vermag. Daß sie das Idiom ihres
Volks in seinem ganzen Reichthum und mit
der Leichtigkeit eines geübten Künstlers zu be-
nutzen versteht, davon zeugen ihre unsterbli-
chen Schriften; aber daß sie dem Umfang des-
selben bis in seine verborgensten Quellen nach-
gespürt und die Kenntniß dieser Sprache zu
ihrem Studium gemacht hat, das ist vielleicht
nicht so allgemein bekannt, und verdient durch
folgende Anekdote, die ich einem glaubwürdi-
gen Zeugen nacherzähle, näher bewiesen zu
werden.

Die russische Akademie hatte, als sie ihr
großes Wörterbuch anfieng, die Einrichtung
getroffen, daß jeder Buchstabe auf sehr brei-
tem Papier abgedruckt wurde, damit die Mit-
glieder und andere Kenner der Sprache ihre

Gleich vertraut mit den Sprachen der kulti-
virteſten Nationen, von Geburt eine Deutſche,
und Franzoͤſinn wenn ſie an Voltaire ſchreibt,
giebt dieſe außerordentliche Frau in ihren
Schriften und Unterhaltungen der ruſſiſchen
Sprache den Vorzug, weil ſie wohl weiß,
daß ihr Beyſpiel allein der einreißenden Ver-
nachlaͤßigung derſelben unter den Großen zu
ſteuern vermag. Daß ſie das Idiom ihres
Volks in ſeinem ganzen Reichthum und mit
der Leichtigkeit eines geuͤbten Kuͤnſtlers zu be-
nutzen verſteht, davon zeugen ihre unſterbli-
chen Schriften; aber daß ſie dem Umfang deſ-
ſelben bis in ſeine verborgenſten Quellen nach-
geſpuͤrt und die Kenntniß dieſer Sprache zu
ihrem Studium gemacht hat, das iſt vielleicht
nicht ſo allgemein bekannt, und verdient durch
folgende Anekdote, die ich einem glaubwuͤrdi-
gen Zeugen nacherzaͤhle, naͤher bewieſen zu
werden.

Die ruſſiſche Akademie hatte, als ſie ihr
großes Woͤrterbuch anfieng, die Einrichtung
getroffen, daß jeder Buchſtabe auf ſehr brei-
tem Papier abgedruckt wurde, damit die Mit-
glieder und andere Kenner der Sprache ihre

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[82/0098] Gleich vertraut mit den Sprachen der kulti- virteſten Nationen, von Geburt eine Deutſche, und Franzoͤſinn wenn ſie an Voltaire ſchreibt, giebt dieſe außerordentliche Frau in ihren Schriften und Unterhaltungen der ruſſiſchen Sprache den Vorzug, weil ſie wohl weiß, daß ihr Beyſpiel allein der einreißenden Ver- nachlaͤßigung derſelben unter den Großen zu ſteuern vermag. Daß ſie das Idiom ihres Volks in ſeinem ganzen Reichthum und mit der Leichtigkeit eines geuͤbten Kuͤnſtlers zu be- nutzen verſteht, davon zeugen ihre unſterbli- chen Schriften; aber daß ſie dem Umfang deſ- ſelben bis in ſeine verborgenſten Quellen nach- geſpuͤrt und die Kenntniß dieſer Sprache zu ihrem Studium gemacht hat, das iſt vielleicht nicht ſo allgemein bekannt, und verdient durch folgende Anekdote, die ich einem glaubwuͤrdi- gen Zeugen nacherzaͤhle, naͤher bewieſen zu werden. Die ruſſiſche Akademie hatte, als ſie ihr großes Woͤrterbuch anfieng, die Einrichtung getroffen, daß jeder Buchſtabe auf ſehr brei- tem Papier abgedruckt wurde, damit die Mit- glieder und andere Kenner der Sprache ihre

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/98>, abgerufen am 22.11.2024.