ihren Schutz nahm, es zu dem Rang einer kaiserlichen Akademie erhob, und demselben dreyzehntausend Rubel zum Ankauf eines Hau- ses und fünftausend Rubel jährlicher Einkünfte schenkte. Diese Gesellschaft hat sechszig Mit- glieder, deren Wahl, aus den feinsten und ge- bildetsten Ständen, für den Zweck ihrer Be- mühungen vortheilhafte Aussichten giebt. Ue- berall sind es die höhern Klassen, unter denen eine Sprache Feinheit, Geschmeidigkeit und Eleganz erhält; wo diese die Landessprache vernachläßigen, da kann sie wohl durch die Bemühungen der Gelehrten eine gebildete Bü- chersprache, aber nie eine gesprochene, wer- den. Aus dieser Ursache entbehrt die sonst so sehr kultivirte deutsche Sprache jene Leichtig- keit, jene feinen Saillien, jene Empfänglichkeit für den edlern Konversationston, die wir an der französischen so sehr bewundern und so oft vergebens nachzubilden gestrebt haben. Die rus- sische Sprache war der Gefahr sehr nahe, durch einen ähnlichen Hang zur Gallomanie aus den Zirkeln der großen Welt verwiesen zu werden; aber das patriotische Beyspiel der Kaiserinn hat sie von diesem Uebel gerettet.
Zweiter Band. F
ihren Schutz nahm, es zu dem Rang einer kaiſerlichen Akademie erhob, und demſelben dreyzehntauſend Rubel zum Ankauf eines Hau- ſes und fuͤnftauſend Rubel jaͤhrlicher Einkuͤnfte ſchenkte. Dieſe Geſellſchaft hat ſechszig Mit- glieder, deren Wahl, aus den feinſten und ge- bildetſten Staͤnden, fuͤr den Zweck ihrer Be- muͤhungen vortheilhafte Ausſichten giebt. Ue- berall ſind es die hoͤhern Klaſſen, unter denen eine Sprache Feinheit, Geſchmeidigkeit und Eleganz erhaͤlt; wo dieſe die Landesſprache vernachlaͤßigen, da kann ſie wohl durch die Bemuͤhungen der Gelehrten eine gebildete Buͤ- cherſprache, aber nie eine geſprochene, wer- den. Aus dieſer Urſache entbehrt die ſonſt ſo ſehr kultivirte deutſche Sprache jene Leichtig- keit, jene feinen Saillien, jene Empfaͤnglichkeit fuͤr den edlern Konverſationston, die wir an der franzoͤſiſchen ſo ſehr bewundern und ſo oft vergebens nachzubilden geſtrebt haben. Die ruſ- ſiſche Sprache war der Gefahr ſehr nahe, durch einen aͤhnlichen Hang zur Gallomanie aus den Zirkeln der großen Welt verwieſen zu werden; aber das patriotiſche Beyſpiel der Kaiſerinn hat ſie von dieſem Uebel gerettet.
Zweiter Band. F
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0097"n="81"/>
ihren Schutz nahm, es zu dem Rang einer<lb/>
kaiſerlichen Akademie erhob, und demſelben<lb/>
dreyzehntauſend Rubel zum Ankauf eines Hau-<lb/>ſes und fuͤnftauſend Rubel jaͤhrlicher Einkuͤnfte<lb/>ſchenkte. Dieſe Geſellſchaft hat ſechszig Mit-<lb/>
glieder, deren Wahl, aus den feinſten und ge-<lb/>
bildetſten Staͤnden, fuͤr den Zweck ihrer Be-<lb/>
muͤhungen vortheilhafte Ausſichten giebt. Ue-<lb/>
berall ſind es die hoͤhern Klaſſen, unter denen<lb/>
eine Sprache Feinheit, Geſchmeidigkeit und<lb/>
Eleganz erhaͤlt; wo dieſe die Landesſprache<lb/>
vernachlaͤßigen, da kann ſie wohl durch die<lb/>
Bemuͤhungen der Gelehrten eine gebildete Buͤ-<lb/>
cherſprache, aber nie eine geſprochene, wer-<lb/>
den. Aus dieſer Urſache entbehrt die ſonſt ſo<lb/>ſehr kultivirte deutſche Sprache jene Leichtig-<lb/>
keit, jene feinen Saillien, jene Empfaͤnglichkeit<lb/>
fuͤr den edlern Konverſationston, die wir an<lb/>
der franzoͤſiſchen ſo ſehr bewundern und ſo oft<lb/>
vergebens nachzubilden geſtrebt haben. Die ruſ-<lb/>ſiſche Sprache war der Gefahr ſehr nahe,<lb/>
durch einen aͤhnlichen Hang zur Gallomanie<lb/>
aus den Zirkeln der großen Welt verwieſen<lb/>
zu werden; aber das patriotiſche Beyſpiel der<lb/>
Kaiſerinn hat ſie von dieſem Uebel gerettet.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Zweiter Band. F</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[81/0097]
ihren Schutz nahm, es zu dem Rang einer
kaiſerlichen Akademie erhob, und demſelben
dreyzehntauſend Rubel zum Ankauf eines Hau-
ſes und fuͤnftauſend Rubel jaͤhrlicher Einkuͤnfte
ſchenkte. Dieſe Geſellſchaft hat ſechszig Mit-
glieder, deren Wahl, aus den feinſten und ge-
bildetſten Staͤnden, fuͤr den Zweck ihrer Be-
muͤhungen vortheilhafte Ausſichten giebt. Ue-
berall ſind es die hoͤhern Klaſſen, unter denen
eine Sprache Feinheit, Geſchmeidigkeit und
Eleganz erhaͤlt; wo dieſe die Landesſprache
vernachlaͤßigen, da kann ſie wohl durch die
Bemuͤhungen der Gelehrten eine gebildete Buͤ-
cherſprache, aber nie eine geſprochene, wer-
den. Aus dieſer Urſache entbehrt die ſonſt ſo
ſehr kultivirte deutſche Sprache jene Leichtig-
keit, jene feinen Saillien, jene Empfaͤnglichkeit
fuͤr den edlern Konverſationston, die wir an
der franzoͤſiſchen ſo ſehr bewundern und ſo oft
vergebens nachzubilden geſtrebt haben. Die ruſ-
ſiſche Sprache war der Gefahr ſehr nahe,
durch einen aͤhnlichen Hang zur Gallomanie
aus den Zirkeln der großen Welt verwieſen
zu werden; aber das patriotiſche Beyſpiel der
Kaiſerinn hat ſie von dieſem Uebel gerettet.
Zweiter Band. F
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/97>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.