ßen Welt. Dieser schnelle Uebergang und die- ses frühe Erscheinen auf einem Standpunkt wo Grundsätze und Erfahrung oft nicht vor Fehlern und Thorheiten sichern können, schadet auf der Einen Seite der Moralität eben so sehr, als es auf der andern die Reife des Verstandes beschleunigt und zur praktischen Welt- und Menschenkenntniß führt. Man sieht daher sehr junge Leute mit allen Talen- ten des Umgangs, mit allen Manieren der feinen Zirkel und mit jenem Takt für die Menschen ausgerüstet, der sonst nur der An- theil eines höhern Alters zu seyn pflegt. Früh- zeitig schon werden Knaben in Geschäfte ge- bracht, bey welchen sie natürlich mehr Rou- tine für ihre künftige Laufbahn einsammeln, als sie Grundsätze und Kenntnisse zu derselben mitbringen können. Der Wunsch, Glück zu machen und ein ausgezeichnetes Ziel zu errei- chen, der in andern Ländern durch unzählige Schwierigkeiten so beschränkt, hier aber durch eine große Möglichkeit und tägliche Beyspiele des Gelingens so sehr genährt wird, befeuert Eltern, ihren Kindern schon vor ihrem Eintritt in die große Welt eine anständige Laufbahn
zu
ßen Welt. Dieſer ſchnelle Uebergang und die- ſes fruͤhe Erſcheinen auf einem Standpunkt wo Grundſaͤtze und Erfahrung oft nicht vor Fehlern und Thorheiten ſichern koͤnnen, ſchadet auf der Einen Seite der Moralitaͤt eben ſo ſehr, als es auf der andern die Reife des Verſtandes beſchleunigt und zur praktiſchen Welt- und Menſchenkenntniß fuͤhrt. Man ſieht daher ſehr junge Leute mit allen Talen- ten des Umgangs, mit allen Manieren der feinen Zirkel und mit jenem Takt fuͤr die Menſchen ausgeruͤſtet, der ſonſt nur der An- theil eines hoͤhern Alters zu ſeyn pflegt. Fruͤh- zeitig ſchon werden Knaben in Geſchaͤfte ge- bracht, bey welchen ſie natuͤrlich mehr Rou- tine fuͤr ihre kuͤnftige Laufbahn einſammeln, als ſie Grundſaͤtze und Kenntniſſe zu derſelben mitbringen koͤnnen. Der Wunſch, Gluͤck zu machen und ein ausgezeichnetes Ziel zu errei- chen, der in andern Laͤndern durch unzaͤhlige Schwierigkeiten ſo beſchraͤnkt, hier aber durch eine große Moͤglichkeit und taͤgliche Beyſpiele des Gelingens ſo ſehr genaͤhrt wird, befeuert Eltern, ihren Kindern ſchon vor ihrem Eintritt in die große Welt eine anſtaͤndige Laufbahn
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ßen Welt. Dieſer ſchnelle Uebergang und die-
ſes fruͤhe Erſcheinen auf einem Standpunkt
wo Grundſaͤtze und Erfahrung oft nicht vor
Fehlern und Thorheiten ſichern koͤnnen, ſchadet
auf der Einen Seite der Moralitaͤt eben ſo
ſehr, als es auf der andern die Reife des
Verſtandes beſchleunigt und zur praktiſchen
Welt- und Menſchenkenntniß fuͤhrt. Man
ſieht daher ſehr junge Leute mit allen Talen-
ten des Umgangs, mit allen Manieren der
feinen Zirkel und mit jenem Takt fuͤr die
Menſchen ausgeruͤſtet, der ſonſt nur der An-
theil eines hoͤhern Alters zu ſeyn pflegt. Fruͤh-
zeitig ſchon werden Knaben in Geſchaͤfte ge-
bracht, bey welchen ſie natuͤrlich mehr Rou-
tine fuͤr ihre kuͤnftige Laufbahn einſammeln,
als ſie Grundſaͤtze und Kenntniſſe zu derſelben
mitbringen koͤnnen. Der Wunſch, Gluͤck zu
machen und ein ausgezeichnetes Ziel zu errei-
chen, der in andern Laͤndern durch unzaͤhlige
Schwierigkeiten ſo beſchraͤnkt, hier aber durch
eine große Moͤglichkeit und taͤgliche Beyſpiele
des Gelingens ſo ſehr genaͤhrt wird, befeuert
Eltern, ihren Kindern ſchon vor ihrem Eintritt
in die große Welt eine anſtaͤndige Laufbahn
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/482>, abgerufen am 23.11.2024.
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