Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Menschen zu halten, und dennoch sind die For-
derungen dieser Leute sehr groß. Ein Bedien-
ter, der das Frisiren und Rasiren versteht, er-
hält zwölf bis funfzehn Rubel monatlich; eine
Köchinn fünf bis sechs und mehr, nebst freyer
Kost. Alle Dienstkontrakte werden auf den
Termin eines Monats geschlossen; dieser Um-
stand, die große Leichtigkeit wieder in Dienst
zu kommen, und die Entbehrlichkeit eines Zeug-
nisses über das Wohlverhalten sind die Haupt-
ursachen der schlechten Beschaffenheit des hie-
sigen Gesindes, über welches Jedermann klagt.
-- Alle diese Unbequemlichkeiten treffen dieje-
nigen weniger, welche Erbleute besitzen oder
kaufen dürfen; letzteres ist ein Vorrecht, wel-
ches nur dem Adel und den Militair- und
Civilbedienten vom Oberoffiziersrange zusteht.
Der Mittelpreis eines jungen Kerls ist 300,
der eines Mädchens 100 Rubel.

Die mannigfaltigen Mängel des hiesigen
Lehnfuhrwerks, vorzüglich der Dreschken, ver-
ursachen, daß es nur ein Behelf für die nie-
drigern und ärmern Volksklassen ist, da man
es für unanständig hält, sich derselben zu jeder
Zeit zu bedienen. Natürlich wird hiedurch das

Menſchen zu halten, und dennoch ſind die For-
derungen dieſer Leute ſehr groß. Ein Bedien-
ter, der das Friſiren und Raſiren verſteht, er-
haͤlt zwoͤlf bis funfzehn Rubel monatlich; eine
Koͤchinn fuͤnf bis ſechs und mehr, nebſt freyer
Koſt. Alle Dienſtkontrakte werden auf den
Termin eines Monats geſchloſſen; dieſer Um-
ſtand, die große Leichtigkeit wieder in Dienſt
zu kommen, und die Entbehrlichkeit eines Zeug-
niſſes uͤber das Wohlverhalten ſind die Haupt-
urſachen der ſchlechten Beſchaffenheit des hie-
ſigen Geſindes, uͤber welches Jedermann klagt.
— Alle dieſe Unbequemlichkeiten treffen dieje-
nigen weniger, welche Erbleute beſitzen oder
kaufen duͤrfen; letzteres iſt ein Vorrecht, wel-
ches nur dem Adel und den Militair- und
Civilbedienten vom Oberoffiziersrange zuſteht.
Der Mittelpreis eines jungen Kerls iſt 300,
der eines Maͤdchens 100 Rubel.

Die mannigfaltigen Maͤngel des hieſigen
Lehnfuhrwerks, vorzuͤglich der Dreſchken, ver-
urſachen, daß es nur ein Behelf fuͤr die nie-
drigern und aͤrmern Volksklaſſen iſt, da man
es fuͤr unanſtaͤndig haͤlt, ſich derſelben zu jeder
Zeit zu bedienen. Natuͤrlich wird hiedurch das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0417" n="399"/>
Men&#x017F;chen zu halten, und dennoch &#x017F;ind die For-<lb/>
derungen die&#x017F;er Leute &#x017F;ehr groß. Ein Bedien-<lb/>
ter, der das Fri&#x017F;iren und Ra&#x017F;iren ver&#x017F;teht, er-<lb/>
ha&#x0364;lt zwo&#x0364;lf bis funfzehn Rubel monatlich; eine<lb/>
Ko&#x0364;chinn fu&#x0364;nf bis &#x017F;echs und mehr, neb&#x017F;t freyer<lb/>
Ko&#x017F;t. Alle Dien&#x017F;tkontrakte werden auf den<lb/>
Termin eines Monats ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; die&#x017F;er Um-<lb/>
&#x017F;tand, die große Leichtigkeit wieder in Dien&#x017F;t<lb/>
zu kommen, und die Entbehrlichkeit eines Zeug-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;es u&#x0364;ber das Wohlverhalten &#x017F;ind die Haupt-<lb/>
ur&#x017F;achen der &#x017F;chlechten Be&#x017F;chaffenheit des hie-<lb/>
&#x017F;igen Ge&#x017F;indes, u&#x0364;ber welches Jedermann klagt.<lb/>
&#x2014; Alle die&#x017F;e Unbequemlichkeiten treffen dieje-<lb/>
nigen weniger, welche Erbleute be&#x017F;itzen oder<lb/>
kaufen du&#x0364;rfen; letzteres i&#x017F;t ein Vorrecht, wel-<lb/>
ches nur dem Adel und den Militair- und<lb/>
Civilbedienten vom Oberoffiziersrange zu&#x017F;teht.<lb/>
Der Mittelpreis eines jungen Kerls i&#x017F;t 300,<lb/>
der eines Ma&#x0364;dchens 100 Rubel.</p><lb/>
          <p>Die mannigfaltigen Ma&#x0364;ngel des hie&#x017F;igen<lb/>
Lehnfuhrwerks, vorzu&#x0364;glich der Dre&#x017F;chken, ver-<lb/>
ur&#x017F;achen, daß es nur ein Behelf fu&#x0364;r die nie-<lb/>
drigern und a&#x0364;rmern Volkskla&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, da man<lb/>
es fu&#x0364;r unan&#x017F;ta&#x0364;ndig ha&#x0364;lt, &#x017F;ich der&#x017F;elben zu jeder<lb/>
Zeit zu bedienen. Natu&#x0364;rlich wird hiedurch das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0417] Menſchen zu halten, und dennoch ſind die For- derungen dieſer Leute ſehr groß. Ein Bedien- ter, der das Friſiren und Raſiren verſteht, er- haͤlt zwoͤlf bis funfzehn Rubel monatlich; eine Koͤchinn fuͤnf bis ſechs und mehr, nebſt freyer Koſt. Alle Dienſtkontrakte werden auf den Termin eines Monats geſchloſſen; dieſer Um- ſtand, die große Leichtigkeit wieder in Dienſt zu kommen, und die Entbehrlichkeit eines Zeug- niſſes uͤber das Wohlverhalten ſind die Haupt- urſachen der ſchlechten Beſchaffenheit des hie- ſigen Geſindes, uͤber welches Jedermann klagt. — Alle dieſe Unbequemlichkeiten treffen dieje- nigen weniger, welche Erbleute beſitzen oder kaufen duͤrfen; letzteres iſt ein Vorrecht, wel- ches nur dem Adel und den Militair- und Civilbedienten vom Oberoffiziersrange zuſteht. Der Mittelpreis eines jungen Kerls iſt 300, der eines Maͤdchens 100 Rubel. Die mannigfaltigen Maͤngel des hieſigen Lehnfuhrwerks, vorzuͤglich der Dreſchken, ver- urſachen, daß es nur ein Behelf fuͤr die nie- drigern und aͤrmern Volksklaſſen iſt, da man es fuͤr unanſtaͤndig haͤlt, ſich derſelben zu jeder Zeit zu bedienen. Natuͤrlich wird hiedurch das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/417
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/417>, abgerufen am 17.05.2024.