Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Weine. Porter und englisches Bier findet
man ebenfalls beynah überall; Meth und
Fruchtweine hingegen seltner und nur an russi-
schen Tafeln.

Eins der kostbarsten Bedürfnisse für alle
Leute welche keine Güterbesitzer sind, ist die
Bedienung. Nothwendigkeit und Sitte haben
den Gebrauch, viele Domestiken zu halten, all-
gemein gemacht. In den herrschaftlichen Häu-
sern, wo alle Bediente Leibeigene sind, über-
steigt ihre Anzahl oft allen Glauben; dieses
Beyspiel hat auf der einen Seite den Mittel-
stand zur Nachahmung gereizt, und auf der
andern unter dem Volk die Faulheit begün-
stigt. Eben die häuslichen Beschäftigungen,
zu welchen in Deutschland Eine Magd hinrei-
chend ist, erfordern hier wenigstens drey Men-
schen. Weibliche Bediente werden zu keiner
Verrichtung gebraucht, bey welcher sie in den
Prunkzimmern erscheinen oder über die Gasse
gehen müßten; ihre Bestimmung ist die Küche,
die Wäsche und die Wartung der Kinder.
Alle übrige Dienste werden durch männliche
Domestiken besorgt. Fast für jede Beschäfti-
gung sieht man sich gezwungen einen eignen

Weine. Porter und engliſches Bier findet
man ebenfalls beynah uͤberall; Meth und
Fruchtweine hingegen ſeltner und nur an ruſſi-
ſchen Tafeln.

Eins der koſtbarſten Beduͤrfniſſe fuͤr alle
Leute welche keine Guͤterbeſitzer ſind, iſt die
Bedienung. Nothwendigkeit und Sitte haben
den Gebrauch, viele Domeſtiken zu halten, all-
gemein gemacht. In den herrſchaftlichen Haͤu-
ſern, wo alle Bediente Leibeigene ſind, uͤber-
ſteigt ihre Anzahl oft allen Glauben; dieſes
Beyſpiel hat auf der einen Seite den Mittel-
ſtand zur Nachahmung gereizt, und auf der
andern unter dem Volk die Faulheit beguͤn-
ſtigt. Eben die haͤuslichen Beſchaͤftigungen,
zu welchen in Deutſchland Eine Magd hinrei-
chend iſt, erfordern hier wenigſtens drey Men-
ſchen. Weibliche Bediente werden zu keiner
Verrichtung gebraucht, bey welcher ſie in den
Prunkzimmern erſcheinen oder uͤber die Gaſſe
gehen muͤßten; ihre Beſtimmung iſt die Kuͤche,
die Waͤſche und die Wartung der Kinder.
Alle uͤbrige Dienſte werden durch maͤnnliche
Domeſtiken beſorgt. Faſt fuͤr jede Beſchaͤfti-
gung ſieht man ſich gezwungen einen eignen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0416" n="398"/>
Weine. Porter und engli&#x017F;ches Bier findet<lb/>
man ebenfalls beynah u&#x0364;berall; Meth und<lb/>
Fruchtweine hingegen &#x017F;eltner und nur an ru&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Tafeln.</p><lb/>
          <p>Eins der ko&#x017F;tbar&#x017F;ten Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r alle<lb/>
Leute welche keine Gu&#x0364;terbe&#x017F;itzer &#x017F;ind, i&#x017F;t die<lb/>
Bedienung. Nothwendigkeit und Sitte haben<lb/>
den Gebrauch, viele Dome&#x017F;tiken zu halten, all-<lb/>
gemein gemacht. In den herr&#x017F;chaftlichen Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;ern, wo alle Bediente Leibeigene &#x017F;ind, u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;teigt ihre Anzahl oft allen Glauben; die&#x017F;es<lb/>
Bey&#x017F;piel hat auf der einen Seite den Mittel-<lb/>
&#x017F;tand zur Nachahmung gereizt, und auf der<lb/>
andern unter dem Volk die Faulheit begu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tigt. Eben die ha&#x0364;uslichen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen,<lb/>
zu welchen in Deut&#x017F;chland Eine Magd hinrei-<lb/>
chend i&#x017F;t, erfordern hier wenig&#x017F;tens drey Men-<lb/>
&#x017F;chen. Weibliche Bediente werden zu keiner<lb/>
Verrichtung gebraucht, bey welcher &#x017F;ie in den<lb/>
Prunkzimmern er&#x017F;cheinen oder u&#x0364;ber die Ga&#x017F;&#x017F;e<lb/>
gehen mu&#x0364;ßten; ihre Be&#x017F;timmung i&#x017F;t die Ku&#x0364;che,<lb/>
die Wa&#x0364;&#x017F;che und die Wartung der Kinder.<lb/>
Alle u&#x0364;brige Dien&#x017F;te werden durch ma&#x0364;nnliche<lb/>
Dome&#x017F;tiken be&#x017F;orgt. Fa&#x017F;t fu&#x0364;r jede Be&#x017F;cha&#x0364;fti-<lb/>
gung &#x017F;ieht man &#x017F;ich gezwungen einen eignen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[398/0416] Weine. Porter und engliſches Bier findet man ebenfalls beynah uͤberall; Meth und Fruchtweine hingegen ſeltner und nur an ruſſi- ſchen Tafeln. Eins der koſtbarſten Beduͤrfniſſe fuͤr alle Leute welche keine Guͤterbeſitzer ſind, iſt die Bedienung. Nothwendigkeit und Sitte haben den Gebrauch, viele Domeſtiken zu halten, all- gemein gemacht. In den herrſchaftlichen Haͤu- ſern, wo alle Bediente Leibeigene ſind, uͤber- ſteigt ihre Anzahl oft allen Glauben; dieſes Beyſpiel hat auf der einen Seite den Mittel- ſtand zur Nachahmung gereizt, und auf der andern unter dem Volk die Faulheit beguͤn- ſtigt. Eben die haͤuslichen Beſchaͤftigungen, zu welchen in Deutſchland Eine Magd hinrei- chend iſt, erfordern hier wenigſtens drey Men- ſchen. Weibliche Bediente werden zu keiner Verrichtung gebraucht, bey welcher ſie in den Prunkzimmern erſcheinen oder uͤber die Gaſſe gehen muͤßten; ihre Beſtimmung iſt die Kuͤche, die Waͤſche und die Wartung der Kinder. Alle uͤbrige Dienſte werden durch maͤnnliche Domeſtiken beſorgt. Faſt fuͤr jede Beſchaͤfti- gung ſieht man ſich gezwungen einen eignen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/416
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/416>, abgerufen am 23.11.2024.