Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

genommen. Ein desto größerer Aufwand
herrscht in der Küche. Mehrere gut und oft
lecker zubereitete Speisen Mittags, eine ver-
hältnißmäßige Abendtafel, Schälchen, Früh-
stück, zweymal täglich Kaffee und einmal Thee,
nicht selten Nachmittags ein Gläschen Punsch,
gehören zur gewöhnlichen Lebensart der Hand-
werker, wozu bey sehr Vielen noch Wein und
Porter, als eine wesentliche Rubrik hinzuge-
fügt werden muß. Daß eine solche Wirth-
schaft, besonders in zahlreichen Familien und
wo viele Arbeiter vorhanden sind, eine große
Anzahl Domestiken erfordert, läßt sich erwar-
ten; aber männliche Bediente, die zur Auf-
wartung im Hause gebraucht würden, sind
doch nicht allgemein. Viele Handwerker hal-
ten Wagen und Pferde, und um dazu berech-
tigt zu seyn, lassen sie sich als Bürger in eine
der Gilden einschreiben, denen dieser Vorzug
zugestanden ist. Wer diesen Aufwand nicht er-
schwingen kann, unterhält wenigstens ein Ka-
briolet oder eine Droschke mit Einem Pferde,
denn das zu Fuße gehn verlernt sich hier bey
einigem Wohlstande sehr leicht. Auch der
Kleiderluxus ist hin und wieder sehr groß, be-

sonders

genommen. Ein deſto groͤßerer Aufwand
herrſcht in der Kuͤche. Mehrere gut und oft
lecker zubereitete Speiſen Mittags, eine ver-
haͤltnißmaͤßige Abendtafel, Schaͤlchen, Fruͤh-
ſtuͤck, zweymal taͤglich Kaffee und einmal Thee,
nicht ſelten Nachmittags ein Glaͤschen Punſch,
gehoͤren zur gewoͤhnlichen Lebensart der Hand-
werker, wozu bey ſehr Vielen noch Wein und
Porter, als eine weſentliche Rubrik hinzuge-
fuͤgt werden muß. Daß eine ſolche Wirth-
ſchaft, beſonders in zahlreichen Familien und
wo viele Arbeiter vorhanden ſind, eine große
Anzahl Domeſtiken erfordert, laͤßt ſich erwar-
ten; aber maͤnnliche Bediente, die zur Auf-
wartung im Hauſe gebraucht wuͤrden, ſind
doch nicht allgemein. Viele Handwerker hal-
ten Wagen und Pferde, und um dazu berech-
tigt zu ſeyn, laſſen ſie ſich als Buͤrger in eine
der Gilden einſchreiben, denen dieſer Vorzug
zugeſtanden iſt. Wer dieſen Aufwand nicht er-
ſchwingen kann, unterhaͤlt wenigſtens ein Ka-
briolet oder eine Droſchke mit Einem Pferde,
denn das zu Fuße gehn verlernt ſich hier bey
einigem Wohlſtande ſehr leicht. Auch der
Kleiderluxus iſt hin und wieder ſehr groß, be-

ſonders
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0402" n="384"/>
genommen. Ein de&#x017F;to gro&#x0364;ßerer Aufwand<lb/>
herr&#x017F;cht in der Ku&#x0364;che. Mehrere gut und oft<lb/>
lecker zubereitete Spei&#x017F;en Mittags, eine ver-<lb/>
ha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßige Abendtafel, Scha&#x0364;lchen, Fru&#x0364;h-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ck, zweymal ta&#x0364;glich Kaffee und einmal Thee,<lb/>
nicht &#x017F;elten Nachmittags ein Gla&#x0364;schen Pun&#x017F;ch,<lb/>
geho&#x0364;ren zur gewo&#x0364;hnlichen Lebensart der Hand-<lb/>
werker, wozu bey &#x017F;ehr Vielen noch Wein und<lb/>
Porter, als eine we&#x017F;entliche Rubrik hinzuge-<lb/>
fu&#x0364;gt werden muß. Daß eine &#x017F;olche Wirth-<lb/>
&#x017F;chaft, be&#x017F;onders in zahlreichen Familien und<lb/>
wo viele Arbeiter vorhanden &#x017F;ind, eine große<lb/>
Anzahl Dome&#x017F;tiken erfordert, la&#x0364;ßt &#x017F;ich erwar-<lb/>
ten; aber ma&#x0364;nnliche Bediente, die zur Auf-<lb/>
wartung im Hau&#x017F;e gebraucht wu&#x0364;rden, &#x017F;ind<lb/>
doch nicht allgemein. Viele Handwerker hal-<lb/>
ten Wagen und Pferde, und um dazu berech-<lb/>
tigt zu &#x017F;eyn, la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich als Bu&#x0364;rger in eine<lb/>
der Gilden ein&#x017F;chreiben, denen die&#x017F;er Vorzug<lb/>
zuge&#x017F;tanden i&#x017F;t. Wer die&#x017F;en Aufwand nicht er-<lb/>
&#x017F;chwingen kann, unterha&#x0364;lt wenig&#x017F;tens ein Ka-<lb/>
briolet oder eine Dro&#x017F;chke mit Einem Pferde,<lb/>
denn das zu Fuße gehn verlernt &#x017F;ich hier bey<lb/>
einigem Wohl&#x017F;tande &#x017F;ehr leicht. Auch der<lb/>
Kleiderluxus i&#x017F;t hin und wieder &#x017F;ehr groß, be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;onders</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0402] genommen. Ein deſto groͤßerer Aufwand herrſcht in der Kuͤche. Mehrere gut und oft lecker zubereitete Speiſen Mittags, eine ver- haͤltnißmaͤßige Abendtafel, Schaͤlchen, Fruͤh- ſtuͤck, zweymal taͤglich Kaffee und einmal Thee, nicht ſelten Nachmittags ein Glaͤschen Punſch, gehoͤren zur gewoͤhnlichen Lebensart der Hand- werker, wozu bey ſehr Vielen noch Wein und Porter, als eine weſentliche Rubrik hinzuge- fuͤgt werden muß. Daß eine ſolche Wirth- ſchaft, beſonders in zahlreichen Familien und wo viele Arbeiter vorhanden ſind, eine große Anzahl Domeſtiken erfordert, laͤßt ſich erwar- ten; aber maͤnnliche Bediente, die zur Auf- wartung im Hauſe gebraucht wuͤrden, ſind doch nicht allgemein. Viele Handwerker hal- ten Wagen und Pferde, und um dazu berech- tigt zu ſeyn, laſſen ſie ſich als Buͤrger in eine der Gilden einſchreiben, denen dieſer Vorzug zugeſtanden iſt. Wer dieſen Aufwand nicht er- ſchwingen kann, unterhaͤlt wenigſtens ein Ka- briolet oder eine Droſchke mit Einem Pferde, denn das zu Fuße gehn verlernt ſich hier bey einigem Wohlſtande ſehr leicht. Auch der Kleiderluxus iſt hin und wieder ſehr groß, be- ſonders

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/402
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/402>, abgerufen am 19.05.2024.