Der Zustand des ausländischen Handwer- kers und Künstlers ist im Ganzen so vortheil- haft, seine Erwerbmittel sind so ergiebig und die Anreizungen zum Genuß und Aufwande so verführerisch, daß man ohne Uebertreibung behaupten kann, seine Lebensart sey, England ausgenommen, nirgend besser als hier. In den einträglichsten Gewerben, zu welchen hier vorzüglich das Schneider-Bäcker-Tischler- Schmiede- und Sattlerhandwerk und die Be- arbeitung der edlen Metalle gehören, giebt es viele Meister, die eigne Häuser besitzen, und selbst diejenigen, deren Gewerbe nicht so schnell zum Wohlstande führen, oder die nur kurze Zeit ansäßig sind, wohnen größtentheils ge- mächlich, bequem, und ihrer Nahrung wegen auch in den besten Stadttheilen. Selten fin- det man eine Familie in den Werkstätten bey- sammen; gewöhnlich sind diese in einem abge- legenen Theile des Hauses oder der Woh- nung, und in den Prunk- oder Wohnzimmern ist keine Spur der Handwerksbeschäftigung sichtbar. Das Hausgeräth ist im Allgemeinen nur einfach und solid; in diesem Theil des Lu- xus hat die Verschwendung weniger überhand
Der Zuſtand des auslaͤndiſchen Handwer- kers und Kuͤnſtlers iſt im Ganzen ſo vortheil- haft, ſeine Erwerbmittel ſind ſo ergiebig und die Anreizungen zum Genuß und Aufwande ſo verfuͤhreriſch, daß man ohne Uebertreibung behaupten kann, ſeine Lebensart ſey, England ausgenommen, nirgend beſſer als hier. In den eintraͤglichſten Gewerben, zu welchen hier vorzuͤglich das Schneider-Baͤcker-Tiſchler- Schmiede- und Sattlerhandwerk und die Be- arbeitung der edlen Metalle gehoͤren, giebt es viele Meiſter, die eigne Haͤuſer beſitzen, und ſelbſt diejenigen, deren Gewerbe nicht ſo ſchnell zum Wohlſtande fuͤhren, oder die nur kurze Zeit anſaͤßig ſind, wohnen groͤßtentheils ge- maͤchlich, bequem, und ihrer Nahrung wegen auch in den beſten Stadttheilen. Selten fin- det man eine Familie in den Werkſtaͤtten bey- ſammen; gewoͤhnlich ſind dieſe in einem abge- legenen Theile des Hauſes oder der Woh- nung, und in den Prunk- oder Wohnzimmern iſt keine Spur der Handwerksbeſchaͤftigung ſichtbar. Das Hausgeraͤth iſt im Allgemeinen nur einfach und ſolid; in dieſem Theil des Lu- xus hat die Verſchwendung weniger uͤberhand
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Der Zuſtand des auslaͤndiſchen Handwer-
kers und Kuͤnſtlers iſt im Ganzen ſo vortheil-
haft, ſeine Erwerbmittel ſind ſo ergiebig und
die Anreizungen zum Genuß und Aufwande
ſo verfuͤhreriſch, daß man ohne Uebertreibung
behaupten kann, ſeine Lebensart ſey, England
ausgenommen, nirgend beſſer als hier. In
den eintraͤglichſten Gewerben, zu welchen hier
vorzuͤglich das Schneider-Baͤcker-Tiſchler-
Schmiede- und Sattlerhandwerk und die Be-
arbeitung der edlen Metalle gehoͤren, giebt es
viele Meiſter, die eigne Haͤuſer beſitzen, und
ſelbſt diejenigen, deren Gewerbe nicht ſo ſchnell
zum Wohlſtande fuͤhren, oder die nur kurze
Zeit anſaͤßig ſind, wohnen groͤßtentheils ge-
maͤchlich, bequem, und ihrer Nahrung wegen
auch in den beſten Stadttheilen. Selten fin-
det man eine Familie in den Werkſtaͤtten bey-
ſammen; gewoͤhnlich ſind dieſe in einem abge-
legenen Theile des Hauſes oder der Woh-
nung, und in den Prunk- oder Wohnzimmern
iſt keine Spur der Handwerksbeſchaͤftigung
ſichtbar. Das Hausgeraͤth iſt im Allgemeinen
nur einfach und ſolid; in dieſem Theil des Lu-
xus hat die Verſchwendung weniger uͤberhand
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/401>, abgerufen am 23.11.2024.
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