sonders unter dem Frauenzimmer, welches an öffentlichen Orten zuweilen weder durch Form noch Güte und Kostbarkeit seines Anzugs von Damen aus den höhern Ständen unterschie- den werden kann.
Bey dieser Lebensart (deren Schilderung natürlich nur auf die wohlhabenden, aber un- ter diesen auf die größte Anzahl paßt; denn wenn es Einige giebt, die schlechter leben, so giebt es auch Mehrere, die in Ton und Auf- wand mit den besten Häusern des Mittelstan- des wetteifern) erübrigt der Handwerker und Künstler nicht selten so viel, daß er seinen Kindern eine gute oder modische Erziehung verschaffen und ihnen ein anständiges Erbtheil hinterlassen kann; ein Fall der gewiß noch weit häufiger seyn würde, als er ist, wenn die Mehresten nicht ihren ganzen Gewinn dem augenblicklichen Genuß aufopferten. Selten oder niemals bestimmt der wohlhabende Hand- werker seinen Sohn zu dem nützlichen Ge- werbe, welchem er seinen Wohlstand verdankt; ein mißverstandner Ehrgeiz spornt ihn an, sich wenigstens in seinen Kindern zu einer dem An- schein nach geachtetern Klasse der bürgerlichen
Zweiter Theil. B b
ſonders unter dem Frauenzimmer, welches an oͤffentlichen Orten zuweilen weder durch Form noch Guͤte und Koſtbarkeit ſeines Anzugs von Damen aus den hoͤhern Staͤnden unterſchie- den werden kann.
Bey dieſer Lebensart (deren Schilderung natuͤrlich nur auf die wohlhabenden, aber un- ter dieſen auf die groͤßte Anzahl paßt; denn wenn es Einige giebt, die ſchlechter leben, ſo giebt es auch Mehrere, die in Ton und Auf- wand mit den beſten Haͤuſern des Mittelſtan- des wetteifern) eruͤbrigt der Handwerker und Kuͤnſtler nicht ſelten ſo viel, daß er ſeinen Kindern eine gute oder modiſche Erziehung verſchaffen und ihnen ein anſtaͤndiges Erbtheil hinterlaſſen kann; ein Fall der gewiß noch weit haͤufiger ſeyn wuͤrde, als er iſt, wenn die Mehreſten nicht ihren ganzen Gewinn dem augenblicklichen Genuß aufopferten. Selten oder niemals beſtimmt der wohlhabende Hand- werker ſeinen Sohn zu dem nuͤtzlichen Ge- werbe, welchem er ſeinen Wohlſtand verdankt; ein mißverſtandner Ehrgeiz ſpornt ihn an, ſich wenigſtens in ſeinen Kindern zu einer dem An- ſchein nach geachtetern Klaſſe der buͤrgerlichen
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ſonders unter dem Frauenzimmer, welches an
oͤffentlichen Orten zuweilen weder durch Form
noch Guͤte und Koſtbarkeit ſeines Anzugs von
Damen aus den hoͤhern Staͤnden unterſchie-
den werden kann.
Bey dieſer Lebensart (deren Schilderung
natuͤrlich nur auf die wohlhabenden, aber un-
ter dieſen auf die groͤßte Anzahl paßt; denn
wenn es Einige giebt, die ſchlechter leben, ſo
giebt es auch Mehrere, die in Ton und Auf-
wand mit den beſten Haͤuſern des Mittelſtan-
des wetteifern) eruͤbrigt der Handwerker und
Kuͤnſtler nicht ſelten ſo viel, daß er ſeinen
Kindern eine gute oder modiſche Erziehung
verſchaffen und ihnen ein anſtaͤndiges Erbtheil
hinterlaſſen kann; ein Fall der gewiß noch
weit haͤufiger ſeyn wuͤrde, als er iſt, wenn die
Mehreſten nicht ihren ganzen Gewinn dem
augenblicklichen Genuß aufopferten. Selten
oder niemals beſtimmt der wohlhabende Hand-
werker ſeinen Sohn zu dem nuͤtzlichen Ge-
werbe, welchem er ſeinen Wohlſtand verdankt;
ein mißverſtandner Ehrgeiz ſpornt ihn an, ſich
wenigſtens in ſeinen Kindern zu einer dem An-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/403>, abgerufen am 18.05.2024.
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