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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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Pracht des russischen Hofes hat, wird man
unter dieser Rubrik etwas außerordentliches
erwarten, und wirklich ist man noch jezt zu
dieser Erwartung berechtigt, obgleich die Schau-
spiele der Residenz nicht mehr so zahlreich sind,
als sie ehedem waren. Noch vor kurzem be-
standen in St. Petersburg vier öffentliche
Theater: das russische, das französische, das
deutsche und die italienische Oper. Die beyden
letztern sind nicht mehr, aber dagegen hat man
den erstern eine desto größere Vollkommenheit
zu geben gesucht. Auch zu diesem, wie zu je-
dem andern geistigen Genuß, mußte das Pu-
blikum ehedem aufgemuntert werden; der Hof
bestritt alle Kosten und der Eintritt in das
Schauspiel war unentgeldlich. Izt ist diese
Gattung der öffentlichen Vergnügungen einer
kaiserlichen Theaterdirektion unterworfen; die
Vorstellungen für das Publikum werden theils
im großen Opernhause, theils im hölzernen
Theater gegeben, und der Eintritt wird bezahlt.
So beträchtlich aber auch die Einnahmen sind,
so wenig reichen sie zur Unterhaltung hin, da-
her der Hof einen jährlichen Zuschuß von mehr
als 174,000 Rbl. macht.


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Pracht des ruſſiſchen Hofes hat, wird man
unter dieſer Rubrik etwas außerordentliches
erwarten, und wirklich iſt man noch jezt zu
dieſer Erwartung berechtigt, obgleich die Schau-
ſpiele der Reſidenz nicht mehr ſo zahlreich ſind,
als ſie ehedem waren. Noch vor kurzem be-
ſtanden in St. Petersburg vier oͤffentliche
Theater: das ruſſiſche, das franzoͤſiſche, das
deutſche und die italieniſche Oper. Die beyden
letztern ſind nicht mehr, aber dagegen hat man
den erſtern eine deſto groͤßere Vollkommenheit
zu geben geſucht. Auch zu dieſem, wie zu je-
dem andern geiſtigen Genuß, mußte das Pu-
blikum ehedem aufgemuntert werden; der Hof
beſtritt alle Koſten und der Eintritt in das
Schauſpiel war unentgeldlich. Izt iſt dieſe
Gattung der oͤffentlichen Vergnuͤgungen einer
kaiſerlichen Theaterdirektion unterworfen; die
Vorſtellungen fuͤr das Publikum werden theils
im großen Opernhauſe, theils im hoͤlzernen
Theater gegeben, und der Eintritt wird bezahlt.
So betraͤchtlich aber auch die Einnahmen ſind,
ſo wenig reichen ſie zur Unterhaltung hin, da-
her der Hof einen jaͤhrlichen Zuſchuß von mehr
als 174,000 Rbl. macht.


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[327/0345] Pracht des ruſſiſchen Hofes hat, wird man unter dieſer Rubrik etwas außerordentliches erwarten, und wirklich iſt man noch jezt zu dieſer Erwartung berechtigt, obgleich die Schau- ſpiele der Reſidenz nicht mehr ſo zahlreich ſind, als ſie ehedem waren. Noch vor kurzem be- ſtanden in St. Petersburg vier oͤffentliche Theater: das ruſſiſche, das franzoͤſiſche, das deutſche und die italieniſche Oper. Die beyden letztern ſind nicht mehr, aber dagegen hat man den erſtern eine deſto groͤßere Vollkommenheit zu geben geſucht. Auch zu dieſem, wie zu je- dem andern geiſtigen Genuß, mußte das Pu- blikum ehedem aufgemuntert werden; der Hof beſtritt alle Koſten und der Eintritt in das Schauſpiel war unentgeldlich. Izt iſt dieſe Gattung der oͤffentlichen Vergnuͤgungen einer kaiſerlichen Theaterdirektion unterworfen; die Vorſtellungen fuͤr das Publikum werden theils im großen Opernhauſe, theils im hoͤlzernen Theater gegeben, und der Eintritt wird bezahlt. So betraͤchtlich aber auch die Einnahmen ſind, ſo wenig reichen ſie zur Unterhaltung hin, da- her der Hof einen jaͤhrlichen Zuſchuß von mehr als 174,000 Rbl. macht. X 4

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/345>, abgerufen am 10.05.2024.