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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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gleichartigen Theilen zusammengeschmolzenen
Menschenmasse, und Jeder glaubt für seinen
Gang bezahlt zu seyn. -- Aehnliche Wagen-
promenaden werden um Ostern bey den Schau-
keln gehalten.

Eigenthümlicher und allgemeiner, als diese
Vergnügungen, sind die Schlittenfahrten,
eine Belustigung, von welcher man sich, selbst
in Deutschland, nur einen sehr schwachen Be-
griff machen kann. Zwar hält man hier keine
solenne Züge in Schlitten, wie dort gewöhn-
lich ist; aber die Beschaffenheit unsers Win-
ters und die Schnelligkeit unserer Pferde ge-
ben diesem Vergnügen in Rußland einen ganz
eigenen Reiz. Die hier gebräuchlichen Schlit-
ten sind sehr einfach, da man die Formen von
Muscheln, Gondeln, u. s. w. für abentheuer-
liche und geschmacklose Verzierungen hält.
Wenn sie zweysitzig sind, werden sie mit zwey
Pferden bespannt, von welchen eins in Stan-
gen, und das andere nebenbey an einem aus-
gehängten Baume zieht *). In der Regel

*) Das russische Geschirr hat viel Eigenthümliches
und ist schwer zu beschreiben; es soll aber sehr gut auf

gleichartigen Theilen zuſammengeſchmolzenen
Menſchenmaſſe, und Jeder glaubt fuͤr ſeinen
Gang bezahlt zu ſeyn. — Aehnliche Wagen-
promenaden werden um Oſtern bey den Schau-
keln gehalten.

Eigenthuͤmlicher und allgemeiner, als dieſe
Vergnuͤgungen, ſind die Schlittenfahrten,
eine Beluſtigung, von welcher man ſich, ſelbſt
in Deutſchland, nur einen ſehr ſchwachen Be-
griff machen kann. Zwar haͤlt man hier keine
ſolenne Zuͤge in Schlitten, wie dort gewoͤhn-
lich iſt; aber die Beſchaffenheit unſers Win-
ters und die Schnelligkeit unſerer Pferde ge-
ben dieſem Vergnuͤgen in Rußland einen ganz
eigenen Reiz. Die hier gebraͤuchlichen Schlit-
ten ſind ſehr einfach, da man die Formen von
Muſcheln, Gondeln, u. ſ. w. fuͤr abentheuer-
liche und geſchmackloſe Verzierungen haͤlt.
Wenn ſie zweyſitzig ſind, werden ſie mit zwey
Pferden beſpannt, von welchen eins in Stan-
gen, und das andere nebenbey an einem aus-
gehaͤngten Baume zieht *). In der Regel

*) Das ruſſiſche Geſchirr hat viel Eigenthümliches
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[314/0332] gleichartigen Theilen zuſammengeſchmolzenen Menſchenmaſſe, und Jeder glaubt fuͤr ſeinen Gang bezahlt zu ſeyn. — Aehnliche Wagen- promenaden werden um Oſtern bey den Schau- keln gehalten. Eigenthuͤmlicher und allgemeiner, als dieſe Vergnuͤgungen, ſind die Schlittenfahrten, eine Beluſtigung, von welcher man ſich, ſelbſt in Deutſchland, nur einen ſehr ſchwachen Be- griff machen kann. Zwar haͤlt man hier keine ſolenne Zuͤge in Schlitten, wie dort gewoͤhn- lich iſt; aber die Beſchaffenheit unſers Win- ters und die Schnelligkeit unſerer Pferde ge- ben dieſem Vergnuͤgen in Rußland einen ganz eigenen Reiz. Die hier gebraͤuchlichen Schlit- ten ſind ſehr einfach, da man die Formen von Muſcheln, Gondeln, u. ſ. w. fuͤr abentheuer- liche und geſchmackloſe Verzierungen haͤlt. Wenn ſie zweyſitzig ſind, werden ſie mit zwey Pferden beſpannt, von welchen eins in Stan- gen, und das andere nebenbey an einem aus- gehaͤngten Baume zieht *). In der Regel *) Das ruſſiſche Geſchirr hat viel Eigenthümliches und iſt ſchwer zu beſchreiben; es ſoll aber ſehr gut auf

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/332>, abgerufen am 10.05.2024.