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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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mit welchem beyde bald in die Lüfte gehoben
werden. Auch in jenen höhern Regionen ver-
läßt ihn seine Zärtlichkeit nicht. Bey jeder
ängstlichen Bewegung seiner Dame schlingt er
einen Arm um sie, um mit dem andern seine
Behaglichkeit durch eine sehr ausdrucksvolle
Pantomime zu schildern. -- Nur einen
Schritt weiter, und das Auge ruht auf neuen
veränderten Scenen. Eben die Leute, welche
sich vorhin so freundschaftlich grüßten, sind in
einem Wortwechsel begriffen, der den ganzen
ungeheuren Reichthum russischer Schimpfworte
erschöpft. Alles was die Menschheit Ernie-
drigendes und Empörendes hat, findet in die-
ser Kraftsprache seine Bezeichnung; dennoch
verläßt die Streitenden ihre Kaltblütigkeit
nicht. Mit den wüthendsten Geberden, mit
der größten Anstrengung ihrer Kehlen, mit
dem freygebigsten Aufwande von Schmähun-
gen nähern sie sich -- aber ohne jemals ins
Handgemenge zu kommen. Die Polizey, die
wol weiß, daß es bey diesem Lärm kein Leben
gilt, kühlt die erhitzten Partheyen durch einen
Regenguß ab, der so gute Dienste leistet, daß
zu diesem Behuf bey allen Volksversammlun-

mit welchem beyde bald in die Luͤfte gehoben
werden. Auch in jenen hoͤhern Regionen ver-
laͤßt ihn ſeine Zaͤrtlichkeit nicht. Bey jeder
aͤngſtlichen Bewegung ſeiner Dame ſchlingt er
einen Arm um ſie, um mit dem andern ſeine
Behaglichkeit durch eine ſehr ausdrucksvolle
Pantomime zu ſchildern. — Nur einen
Schritt weiter, und das Auge ruht auf neuen
veraͤnderten Scenen. Eben die Leute, welche
ſich vorhin ſo freundſchaftlich gruͤßten, ſind in
einem Wortwechſel begriffen, der den ganzen
ungeheuren Reichthum ruſſiſcher Schimpfworte
erſchoͤpft. Alles was die Menſchheit Ernie-
drigendes und Empoͤrendes hat, findet in die-
ſer Kraftſprache ſeine Bezeichnung; dennoch
verlaͤßt die Streitenden ihre Kaltbluͤtigkeit
nicht. Mit den wuͤthendſten Geberden, mit
der groͤßten Anſtrengung ihrer Kehlen, mit
dem freygebigſten Aufwande von Schmaͤhun-
gen naͤhern ſie ſich — aber ohne jemals ins
Handgemenge zu kommen. Die Polizey, die
wol weiß, daß es bey dieſem Laͤrm kein Leben
gilt, kuͤhlt die erhitzten Partheyen durch einen
Regenguß ab, der ſo gute Dienſte leiſtet, daß
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[280/0298] mit welchem beyde bald in die Luͤfte gehoben werden. Auch in jenen hoͤhern Regionen ver- laͤßt ihn ſeine Zaͤrtlichkeit nicht. Bey jeder aͤngſtlichen Bewegung ſeiner Dame ſchlingt er einen Arm um ſie, um mit dem andern ſeine Behaglichkeit durch eine ſehr ausdrucksvolle Pantomime zu ſchildern. — Nur einen Schritt weiter, und das Auge ruht auf neuen veraͤnderten Scenen. Eben die Leute, welche ſich vorhin ſo freundſchaftlich gruͤßten, ſind in einem Wortwechſel begriffen, der den ganzen ungeheuren Reichthum ruſſiſcher Schimpfworte erſchoͤpft. Alles was die Menſchheit Ernie- drigendes und Empoͤrendes hat, findet in die- ſer Kraftſprache ſeine Bezeichnung; dennoch verlaͤßt die Streitenden ihre Kaltbluͤtigkeit nicht. Mit den wuͤthendſten Geberden, mit der groͤßten Anſtrengung ihrer Kehlen, mit dem freygebigſten Aufwande von Schmaͤhun- gen naͤhern ſie ſich — aber ohne jemals ins Handgemenge zu kommen. Die Polizey, die wol weiß, daß es bey dieſem Laͤrm kein Leben gilt, kuͤhlt die erhitzten Partheyen durch einen Regenguß ab, der ſo gute Dienſte leiſtet, daß zu dieſem Behuf bey allen Volksverſammlun-

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/298>, abgerufen am 24.11.2024.