Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

dem schönern eines menschlichen und aufgeklär-
ten zu verbinden. -- Mit der Regierung
Peters des Großen beginnt eine neue
Epoke für die Kultur Rußlands. Ein neues
unermeßliches Gebiet ist den Wissenschaften
erobert, nützliche Kenntnisse werden, gleich
fremden Pflanzen, in diesen Boden versetzt und
gedeihen; das Nationalgenie entwickelt sich
wieder durch den belebenden Hauch eines mil-
dern und glücklichern Zeitalters; die Sprache
wird gereinigt, bereichert und ausgebildet;
Schriftsteller von Talent treten auf und lie-
fern Geistesprodukte, die sich den Enthusias-
mus der Nation und die Achtung der Aus-
länder erwerben. -- Eine kurze Erschlaffung,
die dieser glänzenden Periode folgt, scheint
weniger die Wirkung eines allzuplötzlichen Auf-
schwungs als der Vernachläßigung zu seyn, un-
ter welcher das einheimische Talent schmach-
tet. -- Katharina die Zweyte erscheint,
und überall verbreitet sich ein neues verdoppel-
tes Leben. Durch das Beyspiel dieser großen
Fürstinn aufgemuntert, die es nicht unter ih-
rer Würde hält, selbst dem Genius der Na-
tion vorzuleuchten, wagt sich diese noch einmal

L 4

dem ſchoͤnern eines menſchlichen und aufgeklaͤr-
ten zu verbinden. — Mit der Regierung
Peters des Großen beginnt eine neue
Epoke fuͤr die Kultur Rußlands. Ein neues
unermeßliches Gebiet iſt den Wiſſenſchaften
erobert, nuͤtzliche Kenntniſſe werden, gleich
fremden Pflanzen, in dieſen Boden verſetzt und
gedeihen; das Nationalgenie entwickelt ſich
wieder durch den belebenden Hauch eines mil-
dern und gluͤcklichern Zeitalters; die Sprache
wird gereinigt, bereichert und ausgebildet;
Schriftſteller von Talent treten auf und lie-
fern Geiſtesprodukte, die ſich den Enthuſias-
mus der Nation und die Achtung der Aus-
laͤnder erwerben. — Eine kurze Erſchlaffung,
die dieſer glaͤnzenden Periode folgt, ſcheint
weniger die Wirkung eines allzuploͤtzlichen Auf-
ſchwungs als der Vernachlaͤßigung zu ſeyn, un-
ter welcher das einheimiſche Talent ſchmach-
tet. — Katharina die Zweyte erſcheint,
und uͤberall verbreitet ſich ein neues verdoppel-
tes Leben. Durch das Beyſpiel dieſer großen
Fuͤrſtinn aufgemuntert, die es nicht unter ih-
rer Wuͤrde haͤlt, ſelbſt dem Genius der Na-
tion vorzuleuchten, wagt ſich dieſe noch einmal

L 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0183" n="167"/>
dem &#x017F;cho&#x0364;nern eines men&#x017F;chlichen und aufgekla&#x0364;r-<lb/>
ten zu verbinden. &#x2014; Mit der Regierung<lb/><hi rendition="#g">Peters des Großen</hi> beginnt eine neue<lb/>
Epoke fu&#x0364;r die Kultur Rußlands. Ein neues<lb/>
unermeßliches Gebiet i&#x017F;t den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften<lb/>
erobert, nu&#x0364;tzliche Kenntni&#x017F;&#x017F;e werden, gleich<lb/>
fremden Pflanzen, in die&#x017F;en Boden ver&#x017F;etzt und<lb/>
gedeihen; das Nationalgenie entwickelt &#x017F;ich<lb/>
wieder durch den belebenden Hauch eines mil-<lb/>
dern und glu&#x0364;cklichern Zeitalters; die Sprache<lb/>
wird gereinigt, bereichert und ausgebildet;<lb/>
Schrift&#x017F;teller von Talent treten auf und lie-<lb/>
fern Gei&#x017F;tesprodukte, die &#x017F;ich den Enthu&#x017F;ias-<lb/>
mus der Nation und die Achtung der Aus-<lb/>
la&#x0364;nder erwerben. &#x2014; Eine kurze Er&#x017F;chlaffung,<lb/>
die die&#x017F;er gla&#x0364;nzenden Periode folgt, &#x017F;cheint<lb/>
weniger die Wirkung eines allzuplo&#x0364;tzlichen Auf-<lb/>
&#x017F;chwungs als der Vernachla&#x0364;ßigung zu &#x017F;eyn, un-<lb/>
ter welcher das einheimi&#x017F;che Talent &#x017F;chmach-<lb/>
tet. &#x2014; <hi rendition="#g">Katharina die Zweyte</hi> er&#x017F;cheint,<lb/>
und u&#x0364;berall verbreitet &#x017F;ich ein neues verdoppel-<lb/>
tes Leben. Durch das Bey&#x017F;piel die&#x017F;er großen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tinn aufgemuntert, die es nicht unter ih-<lb/>
rer Wu&#x0364;rde ha&#x0364;lt, &#x017F;elb&#x017F;t dem Genius der Na-<lb/>
tion vorzuleuchten, wagt &#x017F;ich die&#x017F;e noch einmal<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 4</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0183] dem ſchoͤnern eines menſchlichen und aufgeklaͤr- ten zu verbinden. — Mit der Regierung Peters des Großen beginnt eine neue Epoke fuͤr die Kultur Rußlands. Ein neues unermeßliches Gebiet iſt den Wiſſenſchaften erobert, nuͤtzliche Kenntniſſe werden, gleich fremden Pflanzen, in dieſen Boden verſetzt und gedeihen; das Nationalgenie entwickelt ſich wieder durch den belebenden Hauch eines mil- dern und gluͤcklichern Zeitalters; die Sprache wird gereinigt, bereichert und ausgebildet; Schriftſteller von Talent treten auf und lie- fern Geiſtesprodukte, die ſich den Enthuſias- mus der Nation und die Achtung der Aus- laͤnder erwerben. — Eine kurze Erſchlaffung, die dieſer glaͤnzenden Periode folgt, ſcheint weniger die Wirkung eines allzuploͤtzlichen Auf- ſchwungs als der Vernachlaͤßigung zu ſeyn, un- ter welcher das einheimiſche Talent ſchmach- tet. — Katharina die Zweyte erſcheint, und uͤberall verbreitet ſich ein neues verdoppel- tes Leben. Durch das Beyſpiel dieſer großen Fuͤrſtinn aufgemuntert, die es nicht unter ih- rer Wuͤrde haͤlt, ſelbſt dem Genius der Na- tion vorzuleuchten, wagt ſich dieſe noch einmal L 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/183
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/183>, abgerufen am 23.11.2024.