Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.6) Mit Gunst, daß ich sie mag auf unsern ehrlichen Willkommen und Schenke setzen und meine Hand ab- ziehen, also mit Gunst! Dieses wären also die sechs Ehren; die dritte ist allein in- Der Altgesell fragte darauf den Fremden, oder den neuen *) Diese Ausdrücke sind, wie so manche andere in den Handwerksge-
wohnheiten, dunkel; wahrscheinlich wird damit der Unterschied ange- deutet, der zwischen einem schuldlosen Gesellen und einem gescholtenen, welcher nach abgebüßter Strafe durch Darreichung des Willkommens wieder in die Brüderschaft aufgenommen wurde, statt fand; ihm wurde der Ehrentrunk aus Gnade, dem andern aber aus Gerechtigkeit, oder Gebühr, zu Theil. 6) Mit Gunſt, daß ich ſie mag auf unſern ehrlichen Willkommen und Schenke ſetzen und meine Hand ab- ziehen, alſo mit Gunſt! Dieſes wären alſo die ſechs Ehren; die dritte iſt allein in- Der Altgeſell fragte darauf den Fremden, oder den neuen *) Dieſe Ausdrücke ſind, wie ſo manche andere in den Handwerksge-
wohnheiten, dunkel; wahrſcheinlich wird damit der Unterſchied ange- deutet, der zwiſchen einem ſchuldloſen Geſellen und einem geſcholtenen, welcher nach abgebüßter Strafe durch Darreichung des Willkommens wieder in die Brüderſchaft aufgenommen wurde, ſtatt fand; ihm wurde der Ehrentrunk aus Gnade, dem andern aber aus Gerechtigkeit, oder Gebühr, zu Theil. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0112" n="102"/> <list> <item>6) Mit Gunſt, daß ich ſie mag auf unſern ehrlichen<lb/> Willkommen und Schenke ſetzen und meine Hand ab-<lb/> ziehen, alſo mit Gunſt!</item> </list><lb/> <p>Dieſes wären alſo die ſechs Ehren; die dritte iſt allein in-<lb/> tereſſant und ſinnig, ſie drückt die allgemeine brüderliche Theil-<lb/> nahme der Geſellen unter einander durch alle Länder aus. Wie<lb/> wohl mußte dem jungen Mann werden, der mit reinem Gewiſſen<lb/> dieſen Gebrauch fordern konnte, und wie traurig mochte der da-<lb/> ſtehen, dem die Anzeige irgend einer Schuld vorausgeeilt war,<lb/> und ihn als unredlich bezeichnet hatte!</p><lb/> <p>Der Altgeſell fragte darauf den Fremden, oder den neuen<lb/> Geſellen, »Wie befindeſt Du Dich auf dieſen Trunk, Willkom-<lb/> mens Gnade oder Willkommens Gerechtigkeit?« worauf dieſe<lb/> antworteten: »Willkommens Gerechtigkeit« <note place="foot" n="*)">Dieſe Ausdrücke ſind, wie ſo manche andere in den Handwerksge-<lb/> wohnheiten, dunkel; wahrſcheinlich wird damit der Unterſchied ange-<lb/> deutet, der zwiſchen einem ſchuldloſen Geſellen und einem geſcholtenen,<lb/> welcher nach abgebüßter Strafe durch Darreichung des Willkommens<lb/> wieder in die Brüderſchaft aufgenommen wurde, ſtatt fand; ihm wurde<lb/> der Ehrentrunk aus Gnade, dem andern aber aus Gerechtigkeit, oder<lb/> Gebühr, zu Theil.</note>; dann trank die<lb/> ganze Geſellſchaft ihre Geſundheit. Die Geſellen hatten für dieſe<lb/> Ehre vier Groſchen an die Geſellenkaſſe zu zahlen.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [102/0112]
6) Mit Gunſt, daß ich ſie mag auf unſern ehrlichen
Willkommen und Schenke ſetzen und meine Hand ab-
ziehen, alſo mit Gunſt!
Dieſes wären alſo die ſechs Ehren; die dritte iſt allein in-
tereſſant und ſinnig, ſie drückt die allgemeine brüderliche Theil-
nahme der Geſellen unter einander durch alle Länder aus. Wie
wohl mußte dem jungen Mann werden, der mit reinem Gewiſſen
dieſen Gebrauch fordern konnte, und wie traurig mochte der da-
ſtehen, dem die Anzeige irgend einer Schuld vorausgeeilt war,
und ihn als unredlich bezeichnet hatte!
Der Altgeſell fragte darauf den Fremden, oder den neuen
Geſellen, »Wie befindeſt Du Dich auf dieſen Trunk, Willkom-
mens Gnade oder Willkommens Gerechtigkeit?« worauf dieſe
antworteten: »Willkommens Gerechtigkeit« *); dann trank die
ganze Geſellſchaft ihre Geſundheit. Die Geſellen hatten für dieſe
Ehre vier Groſchen an die Geſellenkaſſe zu zahlen.
*) Dieſe Ausdrücke ſind, wie ſo manche andere in den Handwerksge-
wohnheiten, dunkel; wahrſcheinlich wird damit der Unterſchied ange-
deutet, der zwiſchen einem ſchuldloſen Geſellen und einem geſcholtenen,
welcher nach abgebüßter Strafe durch Darreichung des Willkommens
wieder in die Brüderſchaft aufgenommen wurde, ſtatt fand; ihm wurde
der Ehrentrunk aus Gnade, dem andern aber aus Gerechtigkeit, oder
Gebühr, zu Theil.
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